Eichstätt
Flüchtlingsforschung erlebt einen Boom

Konferenz an der KU Eichstätt-Ingolstadt

04.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:32 Uhr

Eichstätt (DK) "Die Grenzen wurden 2015 nicht geöffnet", sagt Olaf Kleist vom Netzwerk Flüchtlingsforschung.

"Da ist sich die Forschung einig: Die Grenzen waren offen. " Die Behauptung von Angelas Merkels Grenzöffnung für die Flüchtlinge aus Ungarn, von ihrem "Rechtsbruch", ist nur eine von vielen, die seit drei Jahren in der öffentliche Debatte umhergeistert. Die Diskussion werde zu selten auf der Grundlage von Fakten geführt, kritisiert auch Klaus-Dieter Altmeppen, Professor an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) und Leiter des 2017 gegründeten Zentrums Flucht und Migration (ZFM). Gegen Unwissenheit helfen Fakten - und für die ist unter anderem die Wissenschaft zuständig. An der KU soll bereits im nächsten Jahr ein Masterstudiengang Flucht, Migration und Integration starten.

Derzeit findet dort die bundesweit größte Konferenz zu Flucht- und Flüchtlingsforschung statt: Wissenschaftler stellen dort Ergebnisse zu Fragen der Flüchtlingspolitik, des Flüchtlingsrechts sowie den Chancen und Herausforderungen der Aufnahme von Geflüchteten vor. Auf dem Programm stehen 120 Beiträge aus den unterschiedlichsten Disziplinen wie Politikwissenschaft, Soziologie, Geschichtswissenschaft, Psychologie und Ethnologie.

Die Anzahl neuer Forschungsprojekte in dem Feld habe sich zwischen 2013 und 2016 in Deutschland verfünffacht, berichtet Kleist. "Angesichts polarisierter Debatten in der Öffentlichkeit und Politik sehen wir zunehmend die Notwendigkeit und den Bedarf an einer evidenzbasierten Politik. Die jedoch braucht eine unabhängige und nachhaltige Forschung. " Im Netzwerk Flüchtlingsforschung sind über 360 Wissenschaftler vertreten. Das Themenspektrum der Konferenz reicht dabei von theoretischer Grundlagenforschung zu anwendungsbezogener Forschung wie beispielsweise "Potenziale und Grenzen sozialer Arbeit mit Geflüchteten".

Die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema Flucht ist das eine, aber: "Patentrezepte für die Politik wird es nicht geben", stellt Gabriele Gien, Präsidentin der KU, klar. Und Altmeppen ergänzt: "Wir haben nicht die eine Lösung, es kann nur kleine Dosen geben. " Die Forschung zu Flucht und Migration hat in Deutschland keine Tradition - im Gegensatz zum angelsächsischen Raum. "Deutschland hinkt hinterher", sagt Olaf Kleist. "Es ist wichtig, dieses Defizit nachzuholen. " Das Netzwerk Flüchtlingsforschung hofft nun, dass der Forschungsboom der vergangenen Jahre nicht nur ein Strohfeuer war, sondern dass sich das Feld nachhaltig weiterentwickelt. Die Konferenz in Eichstätt soll dazu nun einen Beitrag leisten.