München
"Eike" muss draußen bleiben

Münchner Hotel will den Verein, der den menschengemachten Klimawandel abstreitet, nicht beherbergen

21.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:34 Uhr
Patrik Stäbler

München (DK) Es wird um "Klimahysterie" gehen, um den "wahren Zustand des Great Barrier Reef" und um "die Eisbärenkatastrophe, die nie stattfand". So sind einige der Vorträge überschrieben bei der sogenannten Internationalen Klima- und Energiekonferenz, die das Europäische Institut für Klima und Energie ("Eike") an diesem Freitag und Samstag in München ausrichtet.

Wo genau die Veranstaltung des Vereins stattfindet, dessen Mitglieder den wissenschaftlichen Konsens vom menschengemachten Klimawandel ablehnen? Das will die Organisation nicht preisgeben. Eigentlich sollte die Konferenz, für die sich laut Eike mehr als 200 "internationale Wissenschaftler und Experten" angemeldet haben, im NH München Ost Conference Center unweit der Messe über die Bühne gehen.

Doch nach einer anfänglichen Zusage kam es zu öffentlichen Protesten, und das Hotel stornierte die Buchung - wegen Sicherheitsbedenken. Daraufhin beantragte der Verein erst beim Landgericht München und danach per Beschwerde beim Oberlandesgericht München eine einstweilige Verfügung - mit dem Ziel, die Konferenz doch noch in dem NH-Hotel abzuhalten. Doch beide Gerichte wiesen dieses Ansinnen zurück, weshalb sich die Organisation nach einem alternativen Veranstaltungsort umsehen musste.

Entgegen seines Namens ist Eike kein wissenschaftliches Institut, sondern ein 2007 gegründeter Verein, der als Zentrum der Klimaleugnerszene in Deutschland gilt. So vertritt die Organisation die Auffassung, dass die globale Erderwärmung nicht vom Menschen verursacht ist - eine Ansicht, die auch innerhalb der AfD viele Anhänger hat. Die Partei und Eike sind eng miteinander verwoben, etwa über den Vizepräsidenten des Vereins, Michael Limburg, der Mitglied bei der AfD ist und an deren Parteiprogramm mitgeschrieben hat.

Zudem pflegt Eike enge Kontakte zum Heartland Institute - einer konservativen Denkfabrik aus den USA, die unter anderem von der Tabak- und Erdölindustrie finanziert wird, große Konferenzen für Klimawissenschaftsleugner veranstaltet und zuletzt vermehrt Einfluss auf die Umweltpolitik von Präsident Donald Trump genommen haben soll.

Präsident von Eike ist Holger Thuß, Verleger und CDU-Lokalpolitiker aus Jena. Er sorgte vor knapp einem Jahr für Schlagzeilen, als er einen ARD-Journalisten vor laufender Kamera angriff. Der Vorfall ereignete sich bei einer Konferenz des Vereins im Münchner Osten - in eben jenem Kongresshotel, wo nun erneut ein solches Treffen stattfinden sollte.

Anfangs hatte die NH-Kette damit offenbar kein Problem, doch je näher die Veranstaltung rückte, desto mehr Kritik regte sich. Unter anderem forderte der Verein Umweltinstitut München das Hotel in einem offenen Brief auf, Eike keine Räume zur Verfügung zu stellen, "da diese Organisation gefährliche Propaganda verbreitet und unseren demokratischen Grundwerten entgegensteht". Überdies kam es zwei Wochen vor der Konferenz zu einer Protestaktion der linken Gruppe "Offenes Antikapitalistisches Klimatreffen", bei der rund 20 Aktivisten in der Hotellobby Lieder sangen und Flugblätter verteilten.

Ob diese Aktion zum Umdenken bei der Hotelkette beigetragen hat? Diese Frage lässt der Konzern unbeantwortet. Wegen der "polarisierenden Wirkung" des Vereins Eike, heißt es in einer Mitteilung der NH-Gruppe, könne man "die Sicherheit und das Wohlbefinden unserer Gäste und Mitarbeiter" bei der geplanten Konferenz nicht garantieren. "Aus diesem Grunde verlangt unsere Verantwortung als Gastgeber, diese Buchung zu stornieren."

Diese Entscheidung kritisierte Eike harsch. Zunächst war auf der Webseite des Vereins von einem "links-grünen Mob" die Rede, der die Hotelleitung erpresst habe. Diese Formulierung ist inzwischen wieder verschwunden, jedoch spricht die Organisation weiterhin von einem "besonders schweren Fall von Nötigung und Erpressung zur Unterdrückung wissenschaftlicher Fakten".

Auch die AfD sprang dem Verein zur Seite. "Es ist wirklich nicht zu glauben, dass es heutzutage wieder möglich ist, abweichende Meinungen so massiv zu unterdrücken", klagte der Landtagsabgeordnete Uli Henkel in einer Pressemitteilung. "Gerade die Wissenschaft lebt doch vom sachlichen Diskurs der unterschiedlichen Meinungen."

Dass unterschiedliche Meinungen bei der Eike-Konferenz in München zu hören sein werden, darf indes bezweifelt werden. Schließlich verheißen die Redner und die Titel ihrer Vorträge ein recht einseitiges Bild. Dieses wiederum passt zum Leitspruch des Vereins Eike, der da lautet: "Nicht das Klima ist bedroht, sondern unsere Freiheit."

Patrik Stäbler