München
Kommunen erhalten 10,3 Milliarden Euro

Trotz der Rekordzahl für 2020 machen sich Städte, Gemeinden, Landkreise und Bezirke einige Sorgen

21.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:34 Uhr
Geld vom Freistaat: Etwa jeder vierte Euro aus dem Staatshaushalt soll 2020 in die Kommunen fließen. −Foto: Büttner/dpa

München (DK) Er ist ein ganz und gar komplexes Konstrukt, der kommunale Finanzausgleich. Im Grunde beschreibt er, wieviel Geld den Kommunen (Bezirke, Landkreise, Städte und Gemeinden) für ihre Arbeit zur Verfügung steht - als Ergebnis der unterschiedlichsten Anrechte auf einen Teil der Steuereinnahmen, der Zuweisungen vom Bund an die Länder und vom jeweiligen Land an seine Kommunen, und das Ganze auch noch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit der jeweiligen Kommune.

Die Verhandlungen darüber gehört zu den alljährlichen Polit-Ritualen: Auf der einen Seite die bayerische Staatsregierung, federführend vertreten durch den Finanzminister (Albert Füracker, CSU) und den Kommunalminister (Joachim Herrmann, CSU), auf der anderen Seite die "kommunale Familie" (die sich allerdings untereinander nicht immer nur familiär behandelt, etwa, wenn es um Stadt und Land geht), also die Präsidenten des Bezirkstages (Franz Löffler, CSU), des Landkreistages (Christian Bernreiter, CSU), des Städtetages (Kurt Gribl, CSU) und des Gemeindetages (Uwe Brandl, CSU). Immer mit dabei: der Chef des Haushaltsausschusses im Landtag (Josef Zellmeier, CSU). Und damit es nicht gar zu CSU-lastig wird, verhandelte heuer auch noch Vize-Ministerpräsident, Wirtschaftsminister und Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger mit.

Herausgekommen ist ein Volumen von 10,29 Milliarden Euro für das Jahr 2020 - 316,4 Millionen mehr als 2019. Erstmals wurde damit die "Schallmauer" von zehn Milliarden durchbrochen, so Finanzminister Füracker. Damit bleibe der Freistaat "verlässlicher Partner der Kommunen" - zumal der Wegfall der erhöhten Gewerbesteuerumlage ab kommendem Jahr den Kommunen (zu Ungunsten des Freistaats) weitere 800 Millionen Euro in die Kasse spüle. Zu verhandeln gab es dabei allerhand - etwa, wieviel Geld nun konkret für den kommunalen Hochbau wie Schulen und Kitas zur Verfügung steht (600 Millionen, 50 Millionen mehr als bisher), für Krankenhausfinanzierung (643 Millionen wie bisher) oder den ÖPNV (94,3 Millionen für Betriebskosten und 143,4 Millionen für Investitionen). Aber auch die politisch lange umstrittenen Straßenausbaupauschalen, mit denen die Kommunen unterstützt werden sollen, damit nicht mehr Anlieger die Straßen bezahlen brauchen, wurden ordentlich bedacht (insgesamt stehen nun 150 Millionen zur Verfügung).

Abschmelzen konnte man hingegen den Bereich der Bedarfszuweisungen und Stabilisierungshilfen für finanziell prekäre Kommunen (etwa 170 von insgesamt 2056 Körperschaften), und zwar von 150 auf 120 Millionen, hinzu kommt ein Reste-Übertrag von rund 20 Millionen.

Dass man angesichts der galoppierenden Preisentwicklung im Hochbau unterschiedlicher Meinung darüber sein kann, ob die Ausgabensteigerung in dem Bereich ausreicht, liegt auf der Hand - das Thema könnte im heraufziehenden Kommunalwahlkampf 2020 ein Streitthema zwischen Freien Wählern und CSU werden.

Interessant ist aber vor allem, dass praktisch alle Beteiligten im Anschluss an die Verhandlungen darauf hinwiesen, dass nun langsam "das Ende der Fahnenstange erreicht" sei: Finanzminister Füracker zeigte sich skeptisch, ob die Steuereinnahmen in Zukunft so weiter sprudeln. Eher nicht, fand Ausschuss-Chef Zellmeier - schon jetzt habe Bayern da eine Sonderstellung unter den Bundesländern, andernorts geht es schon in den Rückwärtsgang.

Was umgekehrt die Chefs der kommunalen Spitzenverbände auf die Palme brachte: Wenn Bund und Land sich immer neue Aufgaben für die Kommunen einfallen lassen, wie aktuell das Bundesteilhabegesetz, dann müssen sie auch dafür bezahlen. "Wer anschafft zahlt", so Löffler. Man müsse "sicherstellen, dass keine Wechselschecks zu Lasten Dritter" ausgestellt würden, mahnte Brandl. Und überhaupt: "Der Staat als allumfassender Versorger - das wird so nicht weiter funktionieren können", mahnte Bernreiter. Derlei nehme langsam "eine Wucht und Dimension" an, die man "vorsorglich bedenken" müsse, warnte Griebl. "Alle spüren, dass schön langsam der Scheitel erreicht" und "die Zeit, Wohltaten mit dem Füllhorn auszuschütten langsam zu Ende geht", sagte Bernreiter.

Alexander Kain