New York
Juramarmor für Manhattan

Werbung für das Altmühltal

18.07.2018 | Stand 23.09.2023, 3:45 Uhr
In Manhattan gibt es was zu sehen: Das Mammutprojekt "Hudson Yards" nimmt Gestalt an: Mittendrin ist der Wolkenkratzer mit der auffälligen Kalksteinfassade. −Foto: Michael Lee

Es ist ein Projekt von pharaonischen Dimensionen. Im Herzen von New York City entsteht eine neue Phalanx von Wolkenkratzern: die "Hudson Yards". Eines der Bauwerke, 308 Meter hoch, ist mit seiner Steinfassade pure Werbung für das Altmühltal.

New York, diese ganz und gar erstaunliche Stadt, erfindet sich gerade mal wieder neu. Mitten in Manhattan, auf der Insel an der Mündung des Hudson River, entstehen wie aus dem Nichts neue Wolkenkratzer - eine neue Skyline. "Hudson Yards" heißt das Mammut-Projekt - und einen der neuen Türme sollten sich Bayern bei künftigen New York-Reisen besonders genau ansehen. Das 308 Meter hohe Hotel- und Wohngebäude hat eine einmalige Naturstein-Fassade aus dem Altmühltal.

Jubel beim Unternehmen Franken-Schotter in Dietfurt bei Treuchtlingen (Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen): Das 400-Mitarbeiter-Unternehmen hat soeben seinen prestigereichen Großauftrag im "Big Apple" erfolgreich abgeschlossen. Sämtliche steinernen Fassadenelemente sind ordnungsgemäß geliefert, die allermeisten sind auch schon montiert. Nur die obersten Etagen harren noch der Fertigstellung des Turmes. Für die Stein-Leute aus dem Altmühltal aber ist die Arbeit beendet.

Immer wieder ist es verschiedenen "Steinbaronen" aus dem Herzen Bayerns in den vergangenen Jahrzehnten gelungen, imposante Gebäude in aller Welt mit Juramarmor zu verkleiden. Nicht nur Franken-Schotter, sondern auch seine Mitbewerber setzten mit dem 150 Millionen Jahre alten Stein aus dem fränkischen Jura architektonische Ausrufezeichen - in Dubai, in Kuwait, in Astana in Kasachstan. Aber Manhattan: Das ist schon noch mal eine andere "Hausnummer".

Um exakt zu sein: Es ist die Hausnummer 35, das Gebäude, für das Franken-Schotter vor Jahren den Zuschlag erhielt, trägt deshalb ganz schlicht den Namen "35 Hudson Yards". Das war's dann aber schon mit der Bescheidenheit. Architektonisch ist das Projekt nämlich für Franken-Schotter nichts Geringeres als der Schritt in die "dritte Dimension". Hochhausfassaden aus Naturstein werden nämlich üblicherweise mit einfachen, flachen Platten verkleidet. Dieses Mal aber verlangte das berühmte Architekturbüro SOM dreieckige Steinelemente. Dreieckig, damit sie klar aus der Fassade herausragen. Von vorne sieht man dann vor allem Glas und schmale Steinleisten, von der Seite aber hat der Betrachter den Eindruck, das gesamte Gebäude sei aus Stein. Die Dreiecks-Anforderung bedeutete, dass Franken-Schotter die schweren Steinplatten schon zuhause, in seinem Werk in Petersbuch im Landkreis Eichstätt, mit Aluminiumwinkeln zu Konstruktionen zusammenschrauben musste. Die Zahl solcher vormontierter Elemente: 23000.

"Technisch ist es das anspruchsvollste Projekt, das wir bisher gemacht haben", sagt Franken-Schotter-Projektleiter Jonah Wurzer-Kinsler. Und der Geschäftsführer Torsten Zech berichtet: "Wir haben für dieses Projekt groß investiert - sodass wir jetzt eines der modernsten Natursteinwerke in Europa sind." So wurde etwa eigens ein Roboter angeschafft, der die Sichtkanten aller Steine perfekt gleichmäßig schleift. Die Firma hat sich also auf dem globalen Markt noch mehr als bisher in Position gebracht. Zech: "Was solche Projekte angeht, sind wir mit Sicherheit Top Fünf in Europa.Für das Marketing des Unternehmens sei Manhattan extrem wichtig, sagt Zech, "weil New York einfach die Hauptstadt der Architektur ist". Am Anwesen mit der Nummer 35 führt buchstäblich kein Weg vorbei. Die Penn Station, immerhin einer der größten Bahnhöfe der Welt, liegt direkt daneben.

So kann jetzt jeder sehen, was man mit "Jurakalkstein beige geschliffen" aus dem Steinbruch bei Petersbuch, Markt Titting, Landkreis Eichstätt im fernen Germany, alles anstellen kann. Die anderen Wolkenkratzer ringsum, großteils Bürotürme, erhalten dagegen die übliche Fassade: "Aluminium und Glas - leider", sagt Franken-Schotter-Chef Zech.

"35 Hudson Yards" sticht da auf jeden Fall heraus. Im nächsten Frühjahr ist Eröffnung, das Gebäude wird ausschließlich Wohnzwecken dienen: Es gibt ein Hotel und viele, viele luxuriöse Wohnungen. Wie luxuriös? "Im Raum stehen bis zu 60 Millionen Dollar für eine Wohnung", sagt Wurzer-Kinsler, und beschreibt damit schon, wie heikel das alles ist. Diese Käufer seien definitiv keine Klientel, die bei Farb- und Strukturabweichungen an der Steinfassade vor ihrem Panoramafenster sage: "Ach, da bin ich zufrieden." Zumal man die Dreiecke aus jedem Fenster in aller Ruhe aus nächster Nähe betrachten könne. Und dann gibt es ja auch noch riesige umlaufende Terrassen im fünften und 15. Stock: Ausgelegt natürlich gleichfalls mit Jurakalkstein aus dem Altmühltal.

So war denn auch die Auswahl des Materials, alles aus dem eigenen Petersbucher Steinbruch, mehr als heikel: Bei Franken-Schotter war ein externer "Steininspektor" aus Italien häufiger Gast - damit es später auch wirklich nicht zu Reklamationen kommen würde. Kam es aber nicht, obwohl zum Beispiel die Toleranz bei der Maßgenauigkeit bloß 0,7 Milliometer betrug.

Fast zwei Jahre lang, von Oktober 2016 bis Ende Juni 2018, wurde im Werk in Petersbuch für den US-Großauftrag produziert: Ein Partnerwerk in Philadelphia fügte parallel dazu die fertigen Steinteile mit den gläsernen Fenstern und den Aluminiumrahmen zu großen Fasssadenelementen zusammen und installierte sie am Wolkenkratzer. Die Aufhängung der "Vorhangfassade" war dann übrigens ganz einfach. Zech sagt: "Wenn das gut läuft, sind die in fünf Minuten mit so einem Element fertig."

DAS PROJEKT"Hudson Yards" ist ein Komplex aus etwa 15 Wolkenkratzern, der am Westrand des New Yorker Stadtteils Manhattan geplant ist. In einem ersten Bauabschnitt entstehen derzeit sechs Gebäude, von denen ein Bürokomplex bereits bezogen ist. Das Gelände liegt direkt am Hudson River. Dass im Herzen von New York noch Platz für ein solch riesiges Neubauprojekt ist, liegt an der Eisenbahn: "Hudson Yards" überbaut ein gewaltiges Rangier- und Abstellgelände der Bahn unmittelbar bei der Penn Station. Die 30 Gleise bleiben auch während des Baus in Betrieb, weil hier tagsüber alle Pendlerzüge abgestellt werden müssen - die Züge fahren unter den Wolkenkratzern, die auf Plattformen stehen.
 

Richard Auer