Geisenfeld
"Sie haben meinen toten Sohn bestohlen"

Diebe nehmen FC-Bayern-Kappe an Gedenkstätte für 13-jährigen Geisenfelder mit - Unfallfahrer muss erneut vor Gericht

31.10.2019 | Stand 23.09.2023, 9:14 Uhr
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Geisenfeld (DK) Torsten Roll kann es einfach nicht glauben.

Voriges Jahr hatte der Geisenfelder seinen 13-jährigen Sohn bei einem Unfall an der B300 verloren, Ursache war die Raserei eines jungen Mannes aus Reichertshofen (Kreis Pfaffenhofen). Dort, wo Marcus gestorben war, haben er, sein älterer Sohn und seine Lebensgefährtin ein Kreuz aufgestellt, einige Utensilien erinnern daran, woran das Herz des Buben hing - ein Modellauto, ein Fußball und eine FC-Bayern Kappe mit Original-Unterschriften einiger Spieler darauf. "Er war wie sein Bruder ein großer Bayern-Fan", sagt der Vater. Erst am Sonntag hatte Roll die Kopfbedeckung an dem Kruzifix durch eine neue mit dem Autogramm von Niklas Süle ersetzt, weil die alte verblichen war. Allerdings blieb sie nur ein paar Tage dort hängen. Zuletzt hatte Torsten Roll sie Donnerstagfrüh gesehen, abends war sie weg. "Sie haben meinen toten Sohn bestohlen", sagt der Mann.

Der Geisenfelder ist "entsetzt und fassungslos", er kann diese Pietätlosigkeit nicht nachvollziehen. Erst dachte er, der Wind habe die Kappe weggeweht, und sie liegt vielleicht nur ein paar Meter weiter. Er suchte das gesamte Umfeld ab, vergebens. "Wie kann man so etwas nur tun? ", fragt er. Dieser Diebstahl macht seinen Schmerz noch größer. "Marcus wäre sehr stolz auf diese neue Kappe gewesen, und es zerreißt mein Herz wenn ich sehe, dass irgendjemand das einfach wegnimmt. " Torsten Roll will demjenigen 200 Euro Belohnung zahlen, "der mir die Kappe zurückbringt oder sagt, wer diese gestohlen hat".

Staatsanwaltschaft geht in Berufung

Juristisch hatte der schreckliche Unfall am 25. September vermeintlich seinen Abschluss gefunden. Der Todesfahrer - er war laut Anklage mit 140 bis 150 Stundenkilometer dahingerast, als es zu dem Unfall kam - war mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten weggekommen, ausgesetzt zur Bewährung. Die Ausführungen seines Verteidigers in Richtung von Marcus' Vater, dass vor Gericht keiner Gerechtigkeit bekommen könne, dafür sei der Herrgott zuständig, klangen für Torsten Roll "zynisch". Offenbar war aber auch die Staatsanwaltschaft mit dem Urteil unzufrieden, sie geht jetzt in Berufung. Sie hatte eineinhalb Jahre Haft gefordert, ohne Bewährung. "Der Angeklagte ist gemäß der Anklage zu verurteilen", lautete die Begründung. Die Verteidigung zog inzwischen nach, der Fall geht nun zur Berufungskammer am Landgericht Ingolstadt.

Horst Richter