Gerolsbach
Frisch gezapft aus dem intelligenten Kuhstall

Landwirtsfamilie Wintermayr hat in Gerolsbach eine Milchtankstelle eröffnet

17.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:48 Uhr

Die vier von der Milchtankstelle: Sabine und Christian Wintermayr mit ihren Töchtern Theresa und Magdalena vor ihrer ganz speziellen Verkaufshütte. - Foto: Fuhrmann

Gerolsbach (SZ) Noch bis vor Kurzem konnten sich die Gerolsbacher entscheiden, an welcher der beiden Tankstellen sie ihre Fahrzeuge betanken wollen. Die Zapfsäulen im Ortskern sind jedoch inzwischen abmontiert, dort soll ein großes Mehrfamilienhaus gebaut werden (wir berichteten). Nur eine Tankstelle in Gerolsbach? Das wollte Familie Wintermayr in der Ritter-Gerold-Straße nicht hinnehmen - und eröffnete ihre eigene Zapfanlage. Allerdings tankt man hier keine raffinierten Rohölprodukte, sondern etwas sehr ökologisch Hergestelltes: Milch.

Große blaue Schilder in der Ortsmitte weisen auf die erste Milchtankstelle in der Umgebung hin. In der ganztägig geöffneten Hütte steht gut gekühlte, frische Rohmilch in einem Zapfautomaten bereit. Für einen Euro pro Liter kann hier jeder so viel Milch holen, wie er möchte.

Von heute auf morgen ist das Projekt natürlich nicht entstanden. "Uns haben schon oft Leute gefragt, ob sie bei uns Milch direkt ab Hof kaufen können", erzählt Christian Wintermayr, "nach einigem Überlegen kam uns deshalb die Idee, eine Frischmilchtankstelle zu eröffnen." Die Landwirtsfamilie schaute sich daraufhin zwei Milchtankstellen in der Nähe von Dachau und Landshut an und trat dann mit der Herstellerfirma des Automaten in Kontakt. Damit die Tankstelle auch vor Wind und Wetter geschützt bleibt, wurde geschwind noch eine geeignete Hütte gebaut.

Seit einigen Wochen ist der Automat nun in Betrieb. Einmal täglich wird er gereinigt und wieder mit frischer Milch gefüllt. Die bleibt durch die eingebaute Kühlung bei vier bis sechs Grad frisch. Wichtig für die Umwelt: Der Transportweg ist vernachlässigbar kurz. Nur wenige Meter trennen den intelligenten Kuhstall von der Zapfstelle. Intelligent heißt der Kuhstall deshalb, weil die Tiere selbst entscheiden können, wann sie zum Melken gehen. Deshalb können sie sich auch zu jeder Zeit frei im riesigen Stall bewegen.

Direkt nach dem Melken bekommen die Kühe quasi als Belohnung ein kleines Leckerli. Und um zu verhindern, dass sie sich daraufhin gleich wieder anstellen, verhindert eine sensorgesteuerte Schranke - ähnlich wie bei einem Drehkreuz - den erneuten Zugang zur Melkstelle. Der Chip am Hals jeder Kuh legt nämlich genau fest, nach wie vielen Stunden das Tier wieder zum Milchabgeben zugelassen wird.

Die Qualitätskontrolle erfolgt in der modernen Landwirtschaft inzwischen per Handy-App. Beim Abholen der Milch von der Weihenstephaner Molkerei werden Proben gezogen und analysiert. So bleibt der Landwirt stets über die Qualität seines Produkts informiert. "Die Messergebnisse sind seit Umbau des Stalles stets im dunkelgrünen Bereich", erklärt Wintermayr stolz.

Der Kundenandrang an der Hütte zeigt, dass die Wintermayrs mit ihrer Idee ins Schwarze getroffen haben. "Mittlerweile gibt's Stammkunden, die mehrmals die Woche vorbeischauen. Auch der hiesige Kindergarten zapft bei uns, was vor allem den Kindern großen Spaß macht", erzählt Sabine Wintermayr. "Auch unser Tierarzt gehört zu unseren Dauergästen, was für uns eine weitere Bestätigung ist", fügt Christian Wintermayr hinzu.

Mittlerweile findet man in der Hütte aber nicht mehr nur Frischmilch. Neben frischen Eiern vom Hof in der nicht weit von Gerolsbach entfernten Einöde Stockhausen gibt es Kartoffeln und Honig (ebenfalls aus Gerolsbach) sowie selbst gemachte Eiernudeln einer Bekannten der Wintermayrs. Das trifft den Nerv der Zeit: Mit einem Besuch in der Hütte kann man unter Umständen Lebensmittel für einen ganzen Tag besorgen - und alle Produkte sind direkt aus der Region.

Die Bezahlung läuft übrigens auf Vertrauensbasis. Das habe bislang zu keinerlei Problemen geführt, freut sich die Landwirtsfamilie. Die Entscheidung der Wintermayrs innovativ zu sein und etwas Neues anzubieten, scheint absolut richtig gewesen zu sein. Und die Gerolsbacher würdigen das offenbar.