Schrobenhausen
Einsamkeit in Zeiten von Corona

Sich mit kleinen Freuden aufheitern: Wie Betroffene mit ihren Sorgen und Ängsten umgehen können

18.01.2021 | Stand 23.09.2023, 16:29 Uhr
Rosmarie Scholz von der Psychologischen Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen in Schrobenhausen. −Foto: privat

Schrobenhausen - In der Pandemie und vor allem im derzeitigen erneuten Lockdown halten sich die Menschen zuhause auf und verzichten auf direkte Kontakt zu Personen außerhalb des eigenen Haushalts.

Viele Menschen wünschen sich in dieser Situation mehr Kontakte und körperliche Nähe. Momentan ist das nur schlecht möglich.

Dass die Kontaktbeschränkungen schwierig sind für viele Menschen, das merkt auch Rosmarie Scholz von der Psychologischen Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen in Schrobenhausen. "Vielen fehlen momentan tiefergehende Gespräche und auch Umarmungen, die man eben nur im persönlichen Kontakt hat", sagt Scholz. Nur weil jemand alleine lebe, heiße das aber nicht, dass er keine Kontakte habe, "aber was man schon merkt, ist, dass viele Gelegenheiten, jemanden zu treffen, derzeit schlicht und einfach wegfallen, sei es die Schapfkopfrunde, die es momentan nicht geben darf oder auch ein Treffen in der Pfarrgemeinde". Und es sei auch nicht unbedingt eine Frage des Alters, ob jemand sich einsam fühlt, "dieses Gefühl kennen momentan auch junge Menschen, die alleine leben und sich gerade eben nicht irgendwo im Café mit jemandem verabreden können". "Aber auch eine Partnerschaft kann nicht alles abfangen", sagt Scholz.

In der Beratung spiele aber nicht nur das Thema Einsamkeit eine Rolle, sondern generell Corona und wie sich das Leben der Menschen dadurch verändert hat. "Den Menschen macht es zu schaffen, dass scheinbar ganz selbstverständliche Dinge einfach wegfallen, sei es nun in den Urlaub zu fahren oder einen schönen Ausflug zu machen. " Nach der Erfahrung der Psychologin gebe es aber nicht unbedingt völlig vereinsamte Menschen, viele hätten dennoch Kontakt zur Nachbarin oder zu ihren Kindern. Da würde es schon helfen, wenn man wegkomme von diesem Warten auf einen Anruf. "Da hilft es dann, wenn unsere Klienten selbst aktiv werden und zum Beispiel alte Kontakte wieder reaktivieren", sagt Scholz. Da helfe sicher ein Telefongespräch, dennoch seien persönliche Kontakt sehr wichtig. Und manchmal, da würde auch schon eine einfache Übung für Besserung sorgen, damit die Menschen sich besser fühlten: "Gehen Sie aufmerksam durch die Stadt und schauen sie, wer Ihnen zum Beispiel beim Einkaufen freundlich zulächelt, das geht auch mit Maske", ist Scholz überzeugt. Wer Freundlichkeit verteile, der bekomme auch welche zurück.

Natürlich sei der Lockdown für viele Menschen eine harte Zeit, sagt die Leiterin der Beratungsstelle, aber die geht irgendwann vorbei. "Wir dürfen nicht immer nur auf das Fehlende schauen", lautet deshalb ihr Rat, "sondern sollten auf das schauen, was da ist. " Manchmal könne es auch helfen, wenn Menschen wieder ihre alten Hobbys wahrnehmen oder auch ein neues beginnen, vieles könne man auch daheim ausprobieren. Wer zum Beispiel immer schon gerne mal das Stricken lernen wollte, der finde haufenweise Anleitungen im Internet. "Und den vhs-Kurs kann man eben dann machen, wenn es wieder möglich ist. " Da gehe es auch darum, alte Interessen wieder zu entdecken, "eben das, was einem Freude bereitet". Das könnten auch kleine Rituale sein, "wie sich ein warmes Schaumbad einlassen oder sich etwas Schönes zu essen liefern lassen". Es seien oft die kleinen Freuden, die einem gut täten.

Einsamkeit, das war in den Gesprächen, die die Ehrenamtlichen der Telefonseelsorge Ingolstadt, die auch das Schrobenhausener Land betreut, im vergangenen Jahr geführt haben, ein wichtiges Thema, genauso wie die Folgen der Corona-Pandemie. 13000 Anrufe haben sie im vergangenen Jahr betreut, ein Jahr zuvor waren es etwa 9800, wie der Leiter der Telefonseelsorge Ingolstadt, Hans Iberl, erzählt. Wegen der hohen Nachfrage habe man im Frühjahr dann sogar eine zweite Telefonleitung eingerichtet. Der Vorteil des Angebots liege an der Niederschwelligkeit und der Anonymität, sagt Iberl, "da können die Menschen dann recht unkompliziert ihre Ängste und Sorgen loswerden". Zwar gebe es die bundeseinheitlichen Nummern, "die Anrufer kommen aber dennoch in ihrer Region raus", erklärt er . Für viele Anrufer seien die Gespräche mit den Ehrenamtlichen enorm hilfreich, gerade jetzt, wo vielerorts ja sogar die kurzen Kontakte etwa im Treppenhaus eines Mehrparteienhauses wegfielen.

Die Psychologische Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen unter der Leitung von Rosmarie Scholz ist unter der Telefonnummer (08252) 83102 oder per Mail an efl-schrobenhausen@bistum-augsburg. de erreichbar.

Die bundeseinheitlichen Nummern der Telefonseelsorge lauten (0800) 1110111 und (0800)1110222. Die Telefonseelsorge Ingolstadt ist auf die Hilfe von ehrenamtlichen Helfern angewiesen und bietet deshalb jedes Jahr einen einjährigen Kurs an, indem die Freiwilligen lernen, wie sie Menschen in der Telefonseelsorge weiterhelfen können. Der nächste Kurs solle im März starten, so Hans Iberl. Wer Interesse hat, kann sich gerne bei der Telefonseelsorge Ingolstadt unter der Telefonnummer (0841) 910001 oder per Mail an ts. ingolstadt@bistum-eichstaett. de melden.

SZ

Julia Röder