Pfaffenhofen
Zeugin des Baubooms

Das Gebiet um Türltor- und Frauenstraße hat sich stark verändert - die Marienfigur ist geblieben

07.10.2020 | Stand 23.09.2023, 14:36 Uhr
Hermann Singer
Die Mariensäule in der Frauenstraße nach dem Zweiten Weltkrieg (oben) und in der heutigen Zeit. −Foto: Hermann Singer, Singer, Hermann, Pfaffenhofen

Pfaffenhofen - Auf Veranlassung der Bürgerschaft wurde im Jahre 1833 in der Frauenstraße in Pfaffenhofen, etwa auf der Höhe des heutigen Schuhhauses Walter, ein Marienbrunnen errichtet.

Die Marienverehrung war in dieser Zeit im Lande Bayern weit verbreitet. Entlang der Straße sah man damals an mehreren Fassaden, geschützt in Nischen, die tiefe Verbundenheit der Bürger zur Gottesmutter. Wenn der Verkehr es heute zulässt, einen Blick nach oben zu werfen, entdeckt man noch einige Zeugen dieser Verehrung.

Damals hieß die Straße noch Dirlgasse, in einer späteren Rechtschreibung wurde sie als Türlgasse bezeichnet. Nach dem Namen des Türltors, das beim Bau des Brunnens noch am Ende der Straße stand.

Als das Tor der Befestigungsmauer, die im 14. Jahrhundert zum Schutz vor kriegerischen Angriffen erbaut worden war, im Jahre 1891 abgebrochen wurde, wurde der Marienbrunnen versetzt.

Das Umfeld der Säule war in den Folgejahren, bis in die heutige Zeit, einer gravierenden strukturellen Veränderung unterworfen. Das industrielle Zeitalter schaffte ein völlig verändertes Straßenbild. Viele bauliche und gewerbliche Veränderungen musste Maria dort oben mit dem Kind im Arm in all den Jahren miterleben. Zu ihrer linken Seite stand zunächst ein Möbelhaus, heute wird dort Kleidung verkauft. Nebenan die Metzgerei Krammer, die 1970 ihren Betrieb in die Türltorstraße verlegte. In einem Gartengrundstück, links neben dem einstigen Türltor, wurde 1950 das Ilmgau-Filmtheater gebaut, das nach 20 Jahren, als das Fernsehen in die Wohnungen einzog, den Betrieb einstellte. Heute ist darin das Bettenhaus Leitenberger.

Gegenüber stand eine Stadtwaage mit einem Waaghäuschen mit vielen Bäumen im Grundstück. Hier wurden alle Waren, die auf dem Markt verkauft wurden, unter strenger Aufsicht des städtischen Waagmeisters abgewogen. 1957 wurde die Waage in die Schulstraße verlegt und auf der freien Fläche des Waaghäuschens baute das Arbeitsamt eine Nebenstelle. Heute ist darin die Alte Kämmerei. Im weiteren Verlauf der Türltorstraße stand linker Hand, bis der Bauboom einsetzte, ein Wurzgarten mit Treibhaus, Stallungen und einer Wagenremise, der bis an die Grenze des Altenheims reichte. Ein großer Supermarkt mit Parkplatz und weiteres Gewerbe bedecken heute die Fläche.

Zur Rechten stand einst ein kleines Häuschen vor einem Garten mit vielen Bäumen, der bis zur Grabmeierstraße reichte. 1935 errichtete darin die Zimmerei Nischwitz ihre Werkstatt. Ein großer Gewerbebau mit Gastronomie und ein Wohnblock füllen heute das Grundstück.

Einsam und verlassen steht Maria mit ihrem Kind im Arm weiterhin auf der Säule. Die Besuche der Gläubigen an Fronleichnam gehören längst der Vergangenheit an. Huldvoll und gütig blickt sie auf das Treiben dort unten und als möchte sie leidvoll bekennen: "Ich glaube, ich bin hier nur noch ein Verkehrshindernis. "

PK

Hermann Singer