Pfaffenhofen
Staatsanwalt will 38-Jährigen wegsperren

Staatsanwalt will 38-Jährigen wegsperren - Amtsgericht setzt Strafe zur Bewährung aus

19.09.2019 | Stand 25.10.2023, 10:25 Uhr
Der Angeklagte ist zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. −Foto: Berg/dpa

Pfaffenhofen (PK) Wegen des Erwerbs und der Verbreitung von kinderpornografischen Bildern und Videos ist ein 38-Jähriger vom Pfaffenhofener Amtsgericht zu 16 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Damit blieb Richterin Nicola Schwend deutlich unter der Forderung des Staatsanwalts, der beantragt hatte, den Angeklagten 19 Monate wegzusperren.

Akribisch trägt der Staatsanwalt das Ergebnis der Ermittlungen vor. Hunderte Dateien hat Daniel F. (Name geändert) abgespeichert, verschickt, getauscht. Jedes einzelne Video hat sich die Kripo anschauen müssen. Daniel F. war den Fahndern ins Netz gegangen, weil sie einen seiner Kontaktleute überführen konnten, der inzwischen verurteilt worden ist. Über drei Jahre lang hat Daniel F. in WhatsApp-Gruppen und Internet-Chatrooms Kinderpornos ausgetauscht, die weit über "aufreißerische Darstellungen", so die Anklageschrift, hinausgehen. "Ich würde das gern verstehen", fragt die Richterin den Angeklagten. "Kleine Kinder, deren Intimbereich blaugeschwollen und blutig ist, warum schauen Sie sich das an?" Schweigen. "Sind die pädophil?" "Nein", sagt Daniel F. "Das ist der Alkohol." Wie viel er denn trinke? "So sechs, sieben, acht, neun halbe Bier." Täglich? "Ja, aber nur abends, nach der Arbeit." Dann setzte er sich vor seinen PC oder chattete mit Gleichgesinnten per Handy. Die Richterin: "Ist das Ihre Freizeitbeschäftigung?" "Das kann man so nicht sagen." Schwend lässt nicht locker: "Ist es Ihnen eigentlich bewusst, was diesen Kindern angetan wird? Wie hätten Sie das denn empfunden als Siebenjähriger?" "Ich möchte eine stationäre Therapie", ist die Antwort des Angeklagten.

Sein Anwalt Stefan Heinl versucht eine Erklärung. "Er schiebt das alles von sich weg." Die Ingolstädter Staatsanwaltschaft hatte einen Pflichtverteidiger beantragt, weil eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zu erwarten ist. Sein Mandant habe sich nach der Anklagerhebung im Mai nicht bei ihm gemeldet, sagt Heinl. Und deshalb habe es auch keine Absprachen gegeben. Erst kurz vor Verhandlungsbeginn habe er draußen vor dem Sitzungssaal mit ihm reden können. Aber auch da hat ihm der Angeklagte offenbar nicht allzu viel über sich gesagt. "Er räumt alle Anschuldigungen ein", sagt Heinl. Das war's dann auch schon. "Er redet nicht viel", so der Verteidiger.

Tatsächlich sitzt Daniel F. schweigsam auf der Anklagebank. Ein unauffälliger Mann, nicht unsympathisch. Nur hin und wieder wird er ganz leicht rot, wenn der Staatsanwalt den Inhalt der Videos und Bilder darlegt. "Weiß Ihre Frau von dem Prozess?", fragt Nicola Schwend. "Ja." "Und, was sagt sie dazu?" "Wir haben drüber geredet." Mehr ist aus dem 38-Jährigen, der keine Kinder hat, nicht herauszuholen. Er verteidigt sich nicht, wiegelt nicht ab, erklärt nichts; nach dem Motto: Augen zu und durch.

Es hat nicht den Anschein, dass dem 38-Jährigen die Tragweite seines Handelns klar ist und warum der Gesetzgeber den Besitz und Tausch von kinderpornografischem Material unter Strafe gestellt hat. Denn hinter jedem Bild, jedem Video steckt unsägliches Leid von Kindern, die nur deshalb missbraucht werden, weil es Menschen wie Daniel F. gibt, die sich so etwas anschauen.

Weil er beim Angeklagten jegliche Einsicht und Reue vermisst, fordert der Staatsanwalt eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten. Um die zur Bewährung auszusetzen, brauche es "besondere Umstände". Dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist und ohne Umschweife die Taten zugibt, reicht nach Ansicht des Anklägers nicht aus.

Das sieht der Verteidiger anders. "Der Schuldspruch steht fest, da gibt es nichts zu beschönigen." Aber sein Mandant wisse durchaus, dass er etwas falsch gemacht habe. Und deshalb wolle er sich auch einer Therapie unterziehen. Schuld sei der Alkohol. Er habe seine Neigung unter Kontrolle, "aber wenn er trinkt, bricht dieser Trieb bei ihm durch." Klar, sein Mandant müsse bestraft werden, "aber er braucht auch Hilfestellung." Er hält elf Monate zur Bewährung für ausreichend.

Amtsrichterin Schwend wertet die "besonderen Umstände", die eine Bewährung rechtfertigen, höher als der Staatsanwalt. Der Angeklagte sei therapiewillig, habe sich aber mit seiner pädophilen Neigung noch nicht auseinandergesetzt. Sie setzt die Freiheitsstrafe von 16 Monaten für drei Jahre zur Bewährung aus und fordert den Angeklagten auf, sich unverzüglich in Therapie zu begeben. Die Adresse liefert sie gleich mit. Außerdem muss er 2000 Euro an eine soziale Organisation zahlen. Daniel F. nimmt das Urteil diskussionslos an.
 

Albert Herchenbach