Schrobenhausen
Bilder wie gemalt

01.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:22 Uhr

Foto: DK

Pfaffenhofen (PK) Die Digitalisierung hat die Fotografie völlig verändert. Das einstige Mittel der Dokumentation ist heute längst anerkannte Kunst – und für alle zugänglich. Wie das Bildermachen sich entwickeln sollte, darüber haben die Fotofreunde Pfaffenhofen unterschiedliche Meinungen.

Clemens Fehringer kann sich noch gut daran erinnern, wie das mit dem ersten Fotolabor war. Er ist schon seit 1963 dabei, drei Jahre nach der Gründung der Fotofreunde Pfaffenhofen. Damals durften er und seine Kameraden die Schuhkammer der Joseph-Maria-Lutz-Schule in Pfaffenhofen beziehen und zur Dunkelkammer umfunktionieren. Die Technik zu beherrschen war kompliziert, jeder winzige Schritt konnte am Ende zu einem Ergebnis führen, das der Fotograf nicht für die Ewigkeit behalten wollte. Und Fehringer ist es wichtig, dass seine Fotos Bestand haben. Liebevoll spricht er über seine Kodak "Retinette", damals Inbegriff des technischen Fortschritts, und das, obwohl sie keinen Belichtungsmesser hatte. "Den habe ich mir selbst für 33 Mark dazugekauft", erzählt Fehringer.

In der Dunkelkammer ging dann die Arbeit erst richtig los. Anton Ritzer, der zum Beispiel mit seinem Bild "Schwung abwärts" aus dem Jahr 1974 mehrere Preise gewann, kann sich noch gut daran erinnern, welch Drahtseilakt es war, aus dem Negativ des Filmes das fertige Bild zu machen. Wer das Fenster nicht richtig abdunkelte, für den war "alles hinüber". Stimmte die Temperatur in der Entwicklungstrommel nicht oder waren die Hände nicht ganz trocken oder wurde die Zeit überschritten, "war der Teufel drin". Dann überzogen plötzlich fremdartige Farben, Flecken oder Strukturen die fertigen Fotos. Später gab es dann immer mehr Technik, weiß das langjährige Mitglied Ernst Hillisch. Etwa der eingebaute Belichtungsmesser, der Motor in der Kamera, der es ermöglichte, mehrere Bilder kurz nacheinander zu machen. Von einem "Quantensprung" spricht Hillisch, wenn es um den Autofokus geht, der in den 90ern auf den Markt kam. "Davor waren bewegte Motive reines Glück", so Hillisch. Auch Ritzer bestätigt, dass sein preisgekröntes Bild "eher Zufall" war. Er habe den perfekten Moment abschätzen müssen - mehr oder weniger wie bei einem Lotteriespiel.

Schon damals fingen die Fotofreunde mit dem an, was heute fester Bestandteil der künstlerischen Fotografie ist: Dem Verfremden von Bildern. "Zum Beispiel habe ich damals zwei Dias im Rahmen übereinander gelegt", erinnert sich Ritzer.

Heute gibt es kaum mehr etwas, was auf dieser Spielwiese nicht möglich wäre - entweder mit dem Fotoapparat selbst etwa durch Mehrfachbelichtung oder hinterher mit Programmen wie Fotoshop. "Heute nähert sich die Fotografie immer mehr der Malerei", sagt Ritzer. Und das sei auch gut so. "Der Maler hat auch seine Leinwand und seinen Pinsel. Man sollte alle seine Möglichkeiten nutzen."

Sein Fotofreund Fehringer sieht das anders: "Ich bin Verfechter der traditionellen Fotografie", sagt er. Die nachträgliche Bearbeitung der Bilder geht ihm zu weit. "Man kann auch mit der traditionellen Fotografie künstlerische Bilder machen." So habe ihn beispielsweise der Schatten einer Kathedrale inspiriert. "Ich habe den Schatten dann in der Dunkelkammer weiß werden lassen - so ist ein gutes Bild entstanden." Ein guter Fotograf brauche nur das Talent für "künstlerisches Sehen".

Fotofreund Klaus Tutsch stimmt ihm nur teilweise zu. Ihm hat erst die digitale Fotografie "die Augen geöffnet", wie er sagt. Für Tutsch steht nie das Motiv im Vordergrund, sondern das Konzeptionelle, die Szene in seinem Kopf, die er dann entwickelt. Am Anfang - und das ist ihm wichtig - steht aber immer ein echtes Foto. So wie bei seinem Werk "Krokomedi", dem Porträt einer Frau mit Krokodil-ähnlicher Haut.

Tutsch glaubt, dass sich die Fotografie künftig noch mehr in zwei Richtungen bewegen wird: Die der Profis, die wie er die Fotokunst weiterentwickeln und die der Amateure, die mit immer weniger Technikwissen immer hochwertigere Bilder machen. Und zwar nicht unbedingt im Moment des Fotografierens. "Ich denke, das "Danach" des Fotos wird immer entscheidender." Etwa, wenn der Laie nachträglich den Autofokus verändert. Der Vorstand der Fotofreunde, Philipp Hayer, glaubt hingegen, dass sich diese Technik immer mehr in der Kamera selbst abspielen wird. "Viele nachträgliche Bearbeitungsschritte werden wegfallen", prophezeit er.

Für Fehringer ist unabhängig von der Technik vor allem eines klar: Alle Technik kann nicht den richtigen Blick für das Bild ersetzen. "Die alte Art des Fotografierens wird weiter gefragt sein."