Scheyern
Déjà-vu für Albert Müller?

Spanner-Affäre, Teil II: Rechtsanwältin des Scheyerer Bürgermeisters sieht keinen Straftatbestand

31.10.2013 | Stand 02.12.2020, 23:29 Uhr
Gespräch mit dem Anwalt: Scheyerns Bürgermeister Albert Müller (links) −Foto: Straßer

Scheyern (PK) Kommt Albert Müller auch in der zweiten Spanner-Affäre strafrechtlich mit einem blauen Auge davon? Obwohl sich die Münchener Staatsanwaltschaft sicher ist, dass der Scheyerer Bürgermeister Frauen unter den Rock fotografiert hat, kann der Rechtsbeistand des Kommunalpolitikers darin keinerlei strafbare Handlung erkennen.

Der Scheyerer Rathauschef war am 20. Juni in München vorläufig festgenommen worden, weil er an einer Rolltreppe am Stachus einer ganzen Reihe von Frauen mit einer Kamera unter den Rock fotografiert haben soll. Als die Polizei ihn festhielt, soll der Kommunalpolitiker nach deren Angaben einen 35-jährigen Beamten mit einem Schlag in die Rippen verletzt haben. Eine junge Frau, die Müller fotografiert haben soll, erstattete Anzeige wegen Beleidigung. Außerdem wird dem 55-Jährigen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vorgeworfen. Etwa einen Monat später wurde der Bürgermeister von der Landesanwaltschaft Bayern vorläufig suspendiert, sein Gehalt stark gekürzt. Die Amtsgeschäfte führt seitdem Zweite Bürgermeisterin Katja Limpert.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München I sind noch nicht abgeschlossen, zudem müssen sich die Strafverfolger mit einer Stellungnahme der Rechtsanwältin von Albert Müller befassen. Und die dürfte den dortigen Juristen nicht sonderlich gefallen. Denn, so Anwältin Regina Rick, selbst wenn die Vorwürfe gegen ihren Mandanten zuträfen – „heimliches Beobachten“ erfülle noch keinen Straftatbestand. Dies sei höchstrichterlich durch das Oberlandesgericht Nürnberg und den Bundesgerichtshof entschieden worden. Rick bezog sich dabei auf einen Fall, bei dem ein Angeklagter einer Frau heimlich mit seinem Handy unter den Rock fotografieren wollte – eine fast identische Konstellation, die auch Müller vorgeworfen wird. Das von der Staatsanwaltschaft München gegen den Scheyerer Bürgermeister ins Feld geführte Delikt der Beleidigung dürfe nach Auffassung des OLG nicht als „Auffangtatbestand für Voyeurismus“ dienen.

Zerpflückt wird von der Münchener Rechtsanwältin auch das Thema Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte: Nachdem sich Müller durch das Fotografieren nicht strafbar gemacht habe, hätten ihn die Polizeibeamten auch nicht festnehmen dürfen. Deshalb sei auch dieses Verhalten des Scheyerer Bürgermeisters, sofern es sich so zugetragen habe, nicht strafbar, sondern eher als gerechtfertigte Gegenwehr zu werten.

Konkret eingehen auf die Stellungnahme der Anwältin wollte die Staatsanwaltschaft nicht: „Wir werden die Argumentation prüfen“, meinte Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch lapidar.

Für Albert Müller könnte sich die strafrechtliche Bewertung der gegen ihn gerichteten Vorwürfe also zu einem Déjà-vu entwickeln. Auch als ihm 2009 vorgeworfen wurde, sich in der Damentoilette am Autobahnparkplatz bei Paunzhausen als Spanner betätigt zu haben, wurde das Ermittlungsverfahren von der zuständigen Staatsanwaltschaft Landshut letztlich eingestellt – weil die Vorwürfe gegen Müller nach Ansicht der dortigen Juristen keinen Straftatbestand – und insbesondere keine Beleidigung – darstellten.