Pfaffenhofen
Alle gegen Wolf?

18.07.2011 | Stand 03.12.2020, 2:36 Uhr

 

Pfaffenhofen (PK) Nachdem klar ist, dass Martin Wolf (CSU) und Rolf Deml (FW) am 31. Juli in die Stichwahl um das Amt des Landrats gehen, glühen im Hintergrund die Drähte. Die entscheidenden Fragen: Wen unterstützen die übrigen Parteien? Und kommt es so, wie mancher in der CSU befürchtet: Alle gegen Wolf.

Der Gewinner von Sonntagabend heißt Rolf Deml (Freie Wähler). Nicht, weil er den Landratsposten erobert hat. Nein, er steht neben Martin Wolf (CSU) in der Stichwahl. Nicht, weil er der klare Favorit ist. Nein, denn Wolf hat gut 42 Prozent geholt und vom Papier her die Nase vorn. Deml ist in gewisser Weise der Gewinner, weil er nicht nur den stellvertretenden Landrat Franz Rothmeier (SPD) ausgebremst hat, sondern weil er als Polit-Quereinsteiger auf Anhieb 23,3 Prozent eingefahren und damit den Freien Wählern nach der Untreue-Affäre um den verurteilten und amtsenthobenen Landrat Josef Schäch (FW) ein für viele überraschend starkes Ergebnis beschert hat.
 
Nun heißt es am 31. Juli in der Stichwahl: Wolf gegen Deml. CSU gegen Freie Wähler. Erfahrener Politiker gegen unbeleckter Neuling. Verwaltungsexperte gegen Wirtschaftsfachmann. Wolf hat am Sonntag 42,15 Prozent der Stimmen auf sich vereinigt, Deml 23,20. Doch CSU-Kreischef Karl Straub weiß: „Wir starten jetzt wieder bei null. Das ist keinesfalls ein Selbstläufer.“ Er sei zwar überzeugt davon, dass die CSU mit Wolf „das bessere Angebot“ habe, doch auch den Christsozialen stehe nun „ein harter Kampf um jede Stimme“ bevor.
 
Merklich erschwert werden könnte die Mission der Schwarzen, wenn die ausgeschiedenen Kandidaten offiziell Deml unterstützen würden. Nicht ohne Grund befürchtet so mancher in der CSU, dass sich nun eine bunte Front gegen Wolf bildet. Die Kandidaten von SPD (Rothmeier), AUL (Günter Böhm) und eben FW-Mann Deml hatten bekanntlich schon zu Beginn des Wahlkampfs Geschlossenheit demonstriert, als es bei einem von den kandidatenlosen Grünen anberaumten Gentechnik-Termin darum ging, Wolf als Genmonster darzustellen. Da wurde bereits im Besonderen deutlich, was nun im Allgemeinen drohen könnte: Alle gegen die CSU, alle gegen Wolf.

Sollte das tatsächlich so kommen, was sich freilich erst in den kommenden Tagen nach diversen internen Besprechungen in den jeweiligen Parteien zeigen wird, dann hätte die CSU ein Problem. Denn dann könnten die gut 42 Prozent vom Sonntag als Ausgangsbasis zu wenig sein, um in der Stichwahl zu siegen.

Doch CSU-Kreischef Straub hat offenbar bereits Hoffnung, dass es eben nicht zum Befürchteten „Alle gegen Wolf“ kommt. Er habe schon „sehr interessante und vernünftige Gespräche geführt“, erklärte er gestern gegenüber dem Pfaffenhofener Kurier. Etwa mit SPD-Kreischef Markus Käser. Und angeblich habe durchaus Einigkeit bestanden, dass es „für eine Person und nicht gegen etwas“ gehen solle.

Die SPD hat derweil gestern erst einmal artig per Pressemitteilung den beiden Stichwahl-Kandidaten gratuliert und sich „für einen fairen Wahlkampf“ bedankt. Auf Anfrage erklärte Käser zudem, er sei mit dem Ergebnis von Rothmeier „nicht unzufrieden, aber natürlich ein bisschen traurig“. Rothmeier hat es trotz eines aufwendigen Wahlkampfs nicht in die Stichwahl geschafft – laut vorläufigem Endergebnis fehlten nur 164 Stimmen.

Käser bemüht sich dennoch, das Wahlergebnis so gut wie möglich zu verkaufen. 22,67 Prozent seien das historisch beste Ergebnis eines Sozialdemokraten im Landkreis, betont er und hat auch die Marschroute seiner Partei bereits festgezurrt: „Die Rothmeier-Wähler sind jetzt die Landrats-Macher.“ Will sagen: Die Sozialdemokraten gehen fest davon aus, dass derjenige, der in zwei Wochen die SPD-Stimmen – am Sonntag waren es gut 7000 – auf seine Seite lenkt, den Landratsposten erobert. „Beide brauchen die Rothmeier-Stimmen“, weiß Käser.

Der SPD-Kreisvorstand kam noch gestern zu Beratungen über das weitere Vorgehen zusammen. Laut Käser werden Wolf und Deml einen Fragenkatalog erhalten, in dem sie ganz klar zu wesentlichen SPD-Forderungen Stellung beziehen sollen. Zum Wochenende wollen die Sozialdemokraten dann eine offizielle Erklärung veröffentlichen. „Ob es eine Wahlempfehlung gibt, hängt von den Antworten der beiden ab“, stellt Käser klar. „Wir wollen in erster Linie, dass sich Rothmeier-Wähler sicher sein können, dass ihre Stimme nicht umsonst gewesen ist. Insofern wollen wir deshalb versuchen, klare Aussagen und Zusagen der Stichwahl-Kandidaten für unsere Themen zu bekommen.“

Offiziell nicht zu Wort melden wird sich laut Käser im weiteren Verlauf des Wahlkampfs die SPD-Kreistagsfraktion, die ja bekanntlich mit der CSU eine Arbeitsgemeinschaft bildet.

Dafür stehen die Grünen Gewehr bei Fuß, um auch weiterhin mitzumischen. „Wir werden uns beide Kandidaten sehr genau anschauen“, betont Kreischefin Kerstin Schnapp und spricht ebenfalls von einem Fragenkatalog, der beiden Stichwahl-Kandidaten zugehen soll. Und am Freitag werde es dann eine gemeinsam mit der SPD abgegebene Stellungnahme geben. Diese Form der rot-grünen Zusammenarbeit bestätigt auch SPD-Kreischef Käser: „Wir freuen uns über das Angebot der Grünen, eine gemeinsame Stellungnahme abzugeben.“

Während man sich bei der CSU um Kreischef Straub zur weiteren Wahlkampf-Strategie durchaus äußert und zum einen verkündet, „wir werden vor Ort sein und da hingehen, wo die Leute sind“, sowie zugleich keine weiteren Minister-Besuche im Landkreis plant, gibt man sich bei den Freien Wählern auffällig zugeknöpft. Das werde sie noch nicht verraten, erklärte gestern die Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Claudia Jung auf die Frage, wie denn taktisch und inhaltlich die zwei Wochen bis zur Stichwahl gestaltet werden sollen. Mehr war von ihr nicht zu erfahren. Doch dem Vernehmen nach sollen auch die Freien Wähler gestern Abend über das weitere Vorgehen beraten haben.

Unklar ist auch noch, wie sich die FDP im weiteren Wahlkampf verhält. Ihr Kandidat Rainer Daschner hatte gerade einmal 4,05 Prozent geholt. Er habe sich mehr erwartet“, räumt Josef Postel, der Kreischef der Liberalen, ein. Sein Erklärungsversuch: Daschner sei relativ spät ins Rennen gegangen und zudem auf Landkreisebene eher unbekannt.

Ob die FDP einen der Stichwahl-Kandidaten unterstützt, werde morgen Abend bei einer Vorstandssitzung beschlossen, so Postel. Zwar haben sich Daschner und FW-Bewerber Rolf Deml schon in den vergangenen Wochen auffällig gut verstanden, doch ob das in eine offizielle Wahlempfehlung mündet, da wollte sich Postel noch bedeckt halten.

Als Geisenfelder sind sich Deml und AUL-Kandidat Günter Böhm, der mit gut acht Prozent aus dem Rennen gegangen ist, schon räumlich recht nah. Auch thematisch sieht Böhm „durchaus Schnittmengen“, aus denen sich mehr ergeben könne. Entschieden sei aber in Sachen Wahl-Empfehlung bislang nichts. „Uns geht es um Inhalte, nicht um Personen. Nur wenn uns jemand mit seinen Standpunkten voll überzeugt, werden wir uns entsprechend äußern“, sagt Böhm.