Pfaffenhofen
Öko-Pioniere mit 800 PS

Kampf dem Klimawandel: E-Fans des Tesla Owners Club Bavaria werben für abgasfreies Autofahren

26.07.2020 | Stand 25.10.2023, 10:25 Uhr
Verbrennermotoren stinken ihnen gewaltig: Die Mitglieder des Tesla Owners Club Bavaria bei ihrem Treffen in Pfaffenhofen vor einem Tesla X mit Flügeltüren. −Foto: Herchenbach

Pfaffenhofen - Glaubt man den Vorurteilen, haben sich im Straßhof lauter wagemutige Autofahrer mit endlos viel Zeit getroffen: Pkw-Fahrer, die in viel zu langsamen Autos keine Angst haben, unterwegs liegen zu bleiben, weil sie eine der seltenen Tankstellen nicht mehr erreichen. Wenn sie aber Glück haben, müssen sie viel Zeit aufbringen, bis ihr Wagen wieder aufgetankt ist. Alles ein ausgemachter Schmarrn, sagen die gut zwei Dutzend E-Automobilisten des Tesla Owners Club Bavaria (TOCB), die am Samstag aus ganz Bayern und sogar der Schweiz nach Pfaffenhofen gekommen sind.

Dass sich Autofahrer einer bestimmten Marke in Clubs zusammenschließen, ist nicht neu: Es gibt zahllose VW-Golf-Clubs, Opel-Manta-Vereine oder den Rolls-Royce-Enthusiast's-Club, dessen Mitglieder für ihre Zwölf-Zylinder-Motoren brennen, die auf 100 Kilometer gute 15 Liter Sprit durch den Auspuff jagen. Auch Tesla-Fahrer sind enthusiastische Fans ihrer Marke, aber ihnen stinken Verbrenner-Motoren. Sie schwärmen für Sonnenenergie und Windkraft und verstehen sich als automobile Öko-Pioniere mit dem Wunsch, Benzin- und Dieselfahrer zum Umsteigen zu bewegen.

Tatsächlich gibt's da viel zu tun. Noch keine 400 E-Mobile sind im Landkreis Pfaffenhofen zugelassen, verschwindend wenig gegenüber den gut 132000 Sprit-Autos. Die Gründe dafür: siehe oben. Um die Vorurteile abzubauen, hat der Pfaffenhofener Busreise-Unternehmer Markus Amann mit anderen Tesla-Fahrern im vergangenen Dezember den TOBC gegründet: neben Hamburg und Berlin der dritte Tesla-Club in Deutschland.

Amann legt allerdings großen Wert darauf, dass auch andere E-Auto-Besitzer Mitglied werden können. Er fährt zwar auch Tesla, der übrigens ab August die E-Carsharing-Flotte der Stadtwerke ergänzt, hat aber in seinem Fuhrpark einen Mercedes-Elektro-Bus. "Den ersten in Bayern", sagt Amann, "und ich habe nur gute Erfahrungen damit gemacht." Was für seine TOBC-Freunde keine Überraschung ist.

Der Club hat inzwischen 60 Mitglieder, die ein reges Vereinsleben pflegen: Eine Windpark-Besichtigung in der Oberpfalz stand auf dem Programm, ein Road-Trip zum Großglockner oder ein Treffen mit Clubs aus Österreich und der Schweiz soll folgen. Jetzt wollen sich die E-Mobilisten einen Vortrag von SPD-Stadtrat Andreas Herschmann anhören, der als Vorsitzender des Pfaffenhofener Energie- und Solarvereins und der Bürgerenergie-Genossenschaft berichtet, wie die Stadt das Ziel, 100 Prozent erneuerbare Energie selbst zu produzieren, erreichen will.

Mitglieder-Treffpunkt ist der Tesla-Supercharger beim Straßhof: Ein Parkplatz hinter dem Hotel, auf dem der Autobauer acht Schnell-Ladesäulen aufgestellt hat, an denen die Akkus in 20 Minuten auf 80 Prozent ihrer Kapazität aufgeladen werden können - an diesem Samstagnachmittag ein beliebter Zwischenstopp für Tesla-Fahrer aus den Niederlanden und Dänemark. "Klar", sagt Christian Brauneis, neben Amann ein weiteres Club-Gründungsmitglied, "man muss die Fahrt ein wenig planen." Will heißen: Nach etwa 350 Kilometern muss der Wagen an die Steckdose. "Und der Fahrer zur Toilette", sagt Andreas Braun, Vize-Präsident der Clubs, der die Erfahrung gemacht hat, dass sich eher die Mitfahrer wegen einer Pause melden als das Auto.

Brauneis ist Vielfahrer. 90000 Kilometer hat er auf dem Tacho seines drei Jahre alten Wagens, und das Problem, keine Ladesäule gefunden zu haben, kennt er nicht. Der Bordcomputer verrät ihm nicht nur, wo er überall seinen Akku aufladen kann, die App sagt ihm auch, wie viele der Ladesäulen gerade besetzt sind. Mehr noch: Vizepräsident Braun fährt das X-Modell: Im 100000-Euro-Kaufpreis enthalten ist kostenfreies lebenslanges Aufladen inbegriffen.

Die E-Fans haben sich unter einem Sonnenschirm versammelt und tauschen Erfahrungen aus. Christian Weiß aus Straubing erzählt von seiner Fahrt nach Sankt Petersburg zu einem Rammstein-Konzert. 5300 Kilometer hin und zurück. Probleme mit Ladesäulen? Weiß schüttelt den Kopf und schwärmt vom entspannten, fast geräuschlosen Fahren.

Komplett entspannen kann man sich im Top-Modell X. Probefahrt mit Andreas Braun, Industrie-Meister aus Rosenheim: Die Türen öffnen sich automatisch durch Berühren des Handgriffs, der Wagen startet durch Fingerdruck aufs Display des Bordcomputers. Braun gibt Gas, was bei einem E-Auto ein falscher Begriff ist, und Fahrer und Beifahrer werden wie bei einem Flugzeugstart in den Sitz gepresst: Der Wagen beschleunigt bei über 800 PS in 2,4 Sekunden auf Tempo 100. Ein Airbus A 340 braucht dafür sechs Sekunden, hebt dafür aber bei 280 ab, der Tesla ist bei 250 Kilometern pro Stunde gedrosselt. Wie der Airbus-Kapitän kann auch Braun den Autopiloten einschalten. Aber weil das autonome Fahrsystem in Deutschland noch nicht zugelassen ist, muss er alle 20 Sekunden zum Lenker greifen. "Damit das System erkennt, dass ich nicht eingeschlafen bin."

Bernhard Schreyer aus Pfaffenhofen hat seinen Diesel abgeschafft, fährt wegen des Klimawandels seit März einen Tesla und freut sich nicht nur, dass er zehn Jahre keine Kfz-Steuern zahlen muss, sondern auch darüber, was an einem E-Auto alles nicht kaputtgehen kann: keine Kupplung, kein Getriebe, kein Auspuff. Auch Markus Amann fällt nichts ein, was an seinem E-Bus bisher repariert werden musste. Doch: Der Pollenfilter und eine Glühbirne wurden mal ausgetauscht. Den Schulbus fährt sein Vater Willi, ebenfalls Fan des Elektro-Antriebs: Er ist zum Tesla-Treff ist dem Fahrrad gekommen, natürlich einem E-Bike.

PK

Albert Herchenbach