Pfaffenhofen
Arrest für Azubi

Jugendliche im Kinderzimmer bedrängt: 18-Jähriger wegen Vergewaltigung vor Gericht

16.05.2018 | Stand 25.10.2023, 10:26 Uhr
Das Urteil ist gefällt: Bei einem Prozess in Pfaffenhofen ist ein 18-Jähriger aus Manching zu Jugendarrest verurteilt worden. Er hat eine 16-Jährige gegen deren Willen befingert. −Foto: dpa

Pfaffenhofen (PK) Wegen Vergewaltigung ist ein 18-Jähriger zu zwei Wochen Dauerarrest verurteilt worden. Das Schöffengericht sah es als erwiesen an, dass der Azubi seine volltrunkene Freundin in deren Elternhaus in Manching gegen ihren Willen sexuell attackiert hatte.

Jonas und Leonie (alle Namen geändert) waren mal enger zusammen, so eine Jahr etwa, sagt Jonas. Aber dann verflüchtigte sich die Liebe und die 16-Jährige schenkte ihre Gunst einem Neuen. Oder vielleicht doch nicht so ganz. Denn im vergangenen November lief man sich über den Weg und beschloss, den Abend gemeinsam zu verbringen. Zu dir oder zu mir? Die Frage war schnell geklärt: Leonie hatte sturmfreie Bude, ihre Mutter wollte erst spät abends wiederkommen. Die beiden Manchinger besorgten was zu trinken, und mit Wodka und Likör, erinnert sich Jonas, gingen sie auf Leonies Zimmer. Anfangs wurde gekuschelt, alles ganz harmlos. Aber dann wurde Leonie ziemlich schnell und ziemlich stark betrunken. Was wohl die Absicht von Jonas war. Zumindest wirft ihm das die Staatsanwaltschaft vor. Bewusst habe er diese Situation herbeigeführt und ausgenutzt: Er begann, Leonie befummeln.

Aber obwohl sie, so die Staatsanwältin, "aufgrund ihrer Berauschung in der Äußerung ihres entgegenstehenden Willens erheblich eingeschränkt war", bat sie ihn ziemlich eindeutig, aufzuhören; er tue ihr weh. Was Jonas nicht sonderlich beeindruckte, so die Anklage. Selbst die Tatsache, dass ihr übel wurde und sie sich fortwährend übergeben musste, dämpfte seine erotischen Ambitionen nicht. Jonas stellte ihr einen Eimer ans Bett und ging dann mit ihr unter die Dusche. Was da passiert ist, will Richter Ulrich Klose wissen. "Ich hab ihr die Haare gewaschen", sagt Jonas. "Das ist nicht strafbar", meint Klose. "An mehr kann ich mich nicht erinnern", erwidert Jonas. "Dass du auch betrunken warst, glaube ich dir schon", hält ihm der Amtsrichter vor. "Aber dass du keine Erinnerung hast, kauf ich dir nicht ab." Vielmehr habe er Leonie auch dort befingert. Klose: "Wie ging's weiter?" Jonas: "Ich hab sie angezogen und ins Bett gebracht." Das war's nach seiner Erinnerung. Tatsächlich aber habe er sich dann erneut über Leonie hergemacht mit der Begründung: "Dann geht's dir besser."

Als gegen Mitternacht Leonies Mutter nach Hause kommt und ihre Tochter angeschlagen im Bett vorfindet, mit nassen Handtüchern und einem Eimer, vermutet sie "eine Virus-Erkrankung". Weil Jonas "kaputt und müde" ist, darf er auf Bitten von Leonie übernachten, auf der Couch im Wohnzimmer. Leonie, sagt die Mutter, legte sich neben ihn.

Was wirklich an diesem Abend passiert ist, das versucht Leonie, die sich nur bruchstückhaft erinnern konnte, am nächsten Tag über Handy-Nachrichten von Jonas zu erfahren. Seine Antworten sind aktenkundig. Jonas gibt bereitwillig Auskunft und fügt hinzu: "Ich bin ehrlich, ich weiß nicht, was andere mit dir gemacht hätten." Diesen Chat-Verlauf mit eindeutigen Fakten bekommt auch Leonies Mutter zu sehen. Im Zeugenstand erklärt sie, sie wolle eigentlich nicht, dass Jonas hart bestraft wird, "aber er müsste zum Psychologen gehen, er hat so Aussetzer". Aussetzer? Ja, sie habe ihn auf den Handy-Chat angesprochen, und da habe Jonas gesagt: "Manchmal schreib ich Dinge, die ich gar nicht schreiben will. Ich sehe ich meinen Finger etwas tun, was ich gar nicht will. Und dann drückt der Finger plötzlich auf ,senden', ohne dass ich das will." "Da dachte ich mir", sagt die Mutter, "da muss man ihm doch helfen." Vier Tage später zeigte sie ihn an, wohl auch im Hinblick auf Leonies neuen Freund, dem sie sich anvertraut hatte.

Leonie wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit als Zeugin vernommen. Sie bestätigt "ohne Belastungseifer", wie ihr die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer attestiert, im Wesentlichen die Anklagepunkte. Aber auch, wenn er Leonie nur mit den Fingern belästigt hat - gegen ihren Willen -, er alkoholisiert war und die Mutter vier Wochen später die Anzeige zurückziehen wollte, hält sie eine Jugendstrafe von einem Jahr auf Bewährung und einen zweiwöchigen Arrest für angemessen. Der Verteidiger hat "große Zweifel" an der Schuld von Jonas. "Wer hat den Anfang gemacht", fragt Andre Schneeweiß, "wer hat wen zum Alkohol verführt?" Er fordert einen Freispruch. Dem folgt das Schöffengericht nicht. Es verurteilt Jonas nach dem Jugendstrafrecht zu zwei Wochen Dauerarrest. Der 18-Jährige brauche "ein deutliches Zeichen", erklärt Richter Klose in seiner Urteilsbegründung. Sein Frauenbild "scheint etwas verschoben". In den zwei Wochen habe er jetzt Zeit, darüber nachzudenken.

Albert Herchenbach