Auf Du und Du mit Horst

Karl Straub berichtet im PK-Interview über seine ersten 100 Tage als Landtagsabgeordneter

15.01.2014 | Stand 02.12.2020, 23:12 Uhr

Nach 100 Tagen in bester Laune: Landtagsabgeordneter Karl Straub erzählt im PK-Interview über seine ersten Erfahrungen im Maximilianeum und bezieht Position in Sachen Kinderabteilung an der Ilmtalklinik und beim Thema Armutszuwanderung. - Foto: Straßer

Pfaffenhofen (PK) Noch immer macht Karl Straub vieles zum ersten Mal: Die erste Landtagssitzung am 7. Oktober, sein erster Auftritt als Mitglied des Verfassungsausschusses am 6. November und jetzt die erste Winterklausur der CSU-Fraktion in Wildbad Kreuth, von der er zusammen mit seinen 100 Kollegen heute die Heimreise antreten wird. Am Dienstag hat der Wolnzacher den symbolträchtigen 100. Tag als Landtagsabgeordneter gefeiert – der PK sprach mit ihm über erste Erfahrungen, erste Projekte und erste Konfliktstoffe.

 

Herr Straub, Sie sind Familienvater, Chef eines Autohauses, Kommunalpolitiker, Landespolitiker – wie schaut es denn aus nach 100 Tagen: Lässt sich das alles reibungslos unter einen Hut bringen, oder müssen Sie Abstriche bei bestimmten Dingen machen?

Straub: Abstriche muss es geben und die habe ich im Sport gemacht. Ich arbeite halt länger und ich muss mich anders organisieren wie früher. Und dann funktioniert das auch. Aber da bin ich im Landtag bei Weitem kein Einzelfall.

 

Schimpft die Familie über die Zusatzbelastungen?

Straub: Nein. Im Gegenteil. Meine Frau fängt an, sich immer mehr für die Politik zu interessieren. Und in der Zeit, in der ich früher zum Laufen gegangen bin, mache ich jetzt halt was mit meinen Kindern. Außerdem fahre ich jeden Tag nach Hause, damit ich zumindest in der Früh da bin.

 

Was waren denn während dieser 100 Tage Ihre einschneidendsten Erlebnisse im Maximilianeum?

Straub: Einschneidend war die wahnsinnig positive Aufnahme in die Fraktion, auch die Kabinettsmitglieder sind völlig unkompliziert und hilfsbereit.

 

Heißt es innerhalb der CSU-Fraktion „Du“ oder „Sie“?

Straub: Das „Du“ – auch mit dem Ministerpräsidenten – war von Anfang an ausdrücklich gewünscht. Ich bin eigentlich kein Freund von einem Zwangs-per-Du, aber das ist herzlich und macht den Umgang miteinander natürlich auch wieder einfacher.

 

Wie schaut’s mit der Opposition aus?

Straub: Das geht nach Sympathie. Mit Otto Zierer von den Freien Wählern treffe ich mich ganz oft in der U-Bahn, da hat sich das „Du“ schon ergeben. Der Umgang ist insgesamt sehr freundlich. So wie man es oft in den Medien erlebt, ist es im Hintergrund meistens nicht.

 

Hat denn der Landkreis schon was vom Abgeordneten Straub? Haben Sie schon Initiativen zugunsten ihres Heimatlandkreises auf den Weg gebracht?

Straub: Die Rohrbacher kriegen ihre Pumpwerke für den Hochwasserschutz. Und das Thema Lärmschutz an der Autobahn bei Schweitenkirchen und Paunzhausen haben wir in Zusammenarbeit mit dem Kollegen Erich Irlstorfer wieder angestoßen, ebenso wie die Schaffung eines neuen Zweiges „Gestaltung und Design“ an der Berufsoberschule Scheyern.

 

Sind vom Landespolitiker Straub auch noch weitere kreispolitische Initiativen zu erwarten, oder wird die Kommunalpolitik mehr und mehr zur Nebensache?

Straub: Das Wichtigste ist die Kreispolitik, dafür bin ich angetreten. Wobei viele Themen natürlich den kompletten Freistaat betreffen. Zum Beispiel beim Thema Senioren: Im normalen Grundsicherungsbereich haben wir gute Beratungsmöglichkeiten. Aber wir haben viele Lebenssituationen, die davon nicht abgedeckt werden. Was hilft mir mein Haus mit 200 Quadratmetern Wohnfläche, wenn ich nur 600 Euro Rente kriege? Oder wenn jemand viele Zeitungsabonnements und Versicherungen hat, und nicht in der Lage ist, diese zu kündigen? Hier könnten sich erfahrene Menschen auf ehrenamtlicher Basis mit diesen Senioren hinsetzen und eine Art Lebensmodell für die nächsten Jahre oder Jahrzehnte erarbeiten. Teilweise werden solche „Lebensberater“ schon von Sozialverbänden wie der Caritas angeboten. Vielleicht könnte man alle beteiligten Kräfte in einer Art Senioren- oder Sozialbeirat bündeln, um diese besser zu vernetzen.

 

Apropos Kreispolitik. Da liefern wir gleich zwei Stichworte: Ilmtalklinik und Kinderbetten – was geht und was nicht?

Straub: Wir sollten die Thematik Kinderbetten nicht aufgeben. Den Juristen zufolge lässt die relativ lange Urteilsbegründung darauf schließen, dass das Ganze nicht so sattelfest ist. Und deshalb sollten wir hier weiterkämpfen, wobei ich persönlich die Fünf-Betten-Lösung nach wie vor bevorzugen würde.

 

Der Ilmtalklinik geht es derzeit finanziell nicht gut – wer soll das alles bezahlen?

Straub: Wir brauchen eine klare Aussage im Kreistag, was uns die Gesundheitsvorsorge hier im Landkreis wert ist. Und ich denke, dass es dabei um eine Summe geht, die nicht gering ist. Letztlich wird der neue Klinikgeschäftsführer dem Kreistag sagen müssen, wie hoch der mittelfristige Zuschussbedarf pro Jahr ist. Und dann muss es ein Bekenntnis dafür oder dagegen geben – was kann ich mir leisten, was will ich mir leisten? Dafür gibt es Demokratie. Wobei ich mir ganz klar eine ortsnahe Gesundheitsvorsorge wünschen würde – und zwar weiter in kommunaler Hand. Denn Privatisierung heißt für den Landkreis nicht Kostenfreiheit.

Und die Kinderabteilung?

Straub: Vor der Landratswahl haben sich praktisch alle Parteien für eine Verbesserung der Kindernotfallversorgung ausgesprochen. Und wir haben alle gewusst, dass das Geld kosten wird. Ich wehre mich dagegen, dass man das jetzt mit der finanziellen Lage der Ilmtalklinik verknüpft. Unsere Bürger wollen zurecht eine bessere Notfallversorgung – das kann man doch jetzt nicht einfach aus Kostengründen wegwischen.

 

Jetzt sagen aber Ärzte, dass man keine qualitativ gute Kinderabteilung mit lediglich fünf Betten aufbauen kann.

Straub: Darum geht es den Eltern vermutlich doch gar nicht. Wir brauchen eine Art Auffangstation, in der die Kinder kompetent betreut und untersucht werden und dann, falls erforderlich, mit dem Rettungswagen beispielsweise nach Neuburg gebracht werden.

 

Ihnen wird von politischen Gegnern nachgesagt, dass Sie in Sachen Energiewende „umgefallen“ sind. Während sie anfangs noch gegen Seehofers Verschärfung der Abstandsregelungen beim Windradbau gewettert hätten, seien sie blitzschnell auf Ministerpräsidenten-Linie gewechselt. Haben Ihre Kritiker recht?

Straub: Wir haben im Landkreis eine Positivplanung mit 950 und 650 Metern Abstand erstellt, und zu der stehe ich auch. Horst Seehofer wollte mit seinem 2000-Meter-Vorstoß vermutlich nur auf eine Art Bremse treten, weil diese Positivplanung meines Wissens bislang nur in vier Landkreisen gemacht wurde. Hätte jemand nach dem alten Windkrafterlass ein Windrad in 300 Metern Abstand zur Wohnbebauung geplant und ein Gutachten ergeben, dass die Emissionswerte passen, gäbe es überhaupt keinen Schutz für die Anwohner. Deshalb müssen wir uns hier etwas überlegen. Entweder kriegen wir alle Landkreise dazu, eine Positivplanung zu machen oder wir erstellen sie auf Landesebene. Ich sage Windkraft ja, aber Verspargelung der Landschaft nein.

 

Dennoch: Wenn sich der Ministerpräsident mit seinem Vorschlag durchsetzt, kann der Landkreis seine Positivplanung eigentlich in den Papierkorb werfen – oder?

Straub: Hier werde ich schon deutlich machen, dass wir unser Konzept im Konsens mit 19 Landkreisgemeinden und der Bevölkerung beschlossen haben, also würden wir diese Windräder gerne auch so bauen. Natürlich ist die Energiewende auch bei unserer Klausur in Kreuth ein Riesenthema und ich werde meinen Standpunkt einbringen. Wenn sich an den mir bislang bekannten Rahmendaten nichts geändert hat, sehe ich keinen Grund, an meiner Haltung etwas zu ändern.

 

„Wer lügt, der fliegt“ – was halten Sie denn von diesem CSU-Schlagwort in Sachen Armutszuwanderung. Mittlerweile rudern ja einige ihrer Parteikollegen kräftig zurück, da man zum Beispiel in Ballungsräumen wie München dringend auf ausländische Fachkräfte angewiesen ist.

Straub: Über die Wortwahl kann man sicher streiten, aber durch eine derart zugespitzte Formulierung hat die CSU eine wichtige Diskussion in Gang gesetzt. Die Leute haben keine besondere Lust, ins Sozialsystem einzuzahlen, und welchen, die nie eingezahlt haben, Geld herauszugeben.

 

Wer lügt, soll also wirklich fliegen?

Straub: Ich bin gegen eine Armutszuwanderung. Wir müssen die Probleme in den dortigen Heimatländern lösen und nicht bei uns. Wenn ich lese, dass in manchen Ländern das Durchschnittseinkommen bei 250 Euro liegt, dann kann ich mir es in diesen Ländern als sehr reizvoll vorstellen, nach Deutschland zu kommen, um Sozialhilfe, Hartz IV oder Kindergeld zu bekommen. Und das kann man in der Bevölkerung sicher nicht vermitteln. Wenn einer nur zu uns kommt, weil er Sozialhilfe beziehen will, dann sollte er wieder gehen müssen.

 

Das Interview führten Robert Schmidl und Rudi Gegger.