Polizei führt Bäderchef in Handschellen ab

02.09.2008 | Stand 03.12.2020, 5:38 Uhr

Bombenstimmung: Damals stimmte das Verhältnis noch zwischen (v.l.) Wolfgang Grund, Werkreferent Fritz Goschenhofer, OB Bernhard Gmehling und Stadtwerkechef Hans-Jürgen Hill.?

Neuburg (r) Eine Personalaffäre erschüttert die Neuburger Stadtwerke: Gestern wurde Bäderchef Wolfgang Grund von Polizeibeamten festgenommen und in Handschellen abgeführt. Er soll seinen Arbeitgeber um 250.000 Euro betrogen haben.

Der 48-jährige Ansbacher legte im Laufe des Tages – seines 48. Geburtstages übrigens – ein Geständnis ab und räumte gegenüber Ingolstädter Kripoleuten einen Großteil der Vorwürfe ein. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor Haftbefehl beantragt. Wolfgang Grund kam in die Arrestzelle und wird heute in Ingolstadt dem Haftrichter vorgeführt. Sein Auto, ein Alfa Romeo, steht nach auf dem Parkplatz des Freibades.

"Ich bin froh, dass es vorbei ist", soll er nach seiner Festnahme gesagt haben. Chronischer Geldmangel nach der Scheidung von seiner Frau hat ihn vermutlich zu den Betrügereien verleitet,

Die Ermittler hatten ihre Aktion offenbar punktgenau vorbereitet. Im Morgennebel fuhren sie gegen 8.30 Uhr am Hallenbad im Englischen Garten vor, um den Verdächtigen festzunehmen. Der Bäderchef war aber den Polizisten vor der Nase weggefahren – ins Freibad am Brandl. Die Zivilbeamten folgten ihm und legten ihm vor dem total überraschten Bäderpersonal Handschellen an. Er hatte seinen Kollegen Geburtstagskuchen vorbeigebracht. Gleichzeitig filzte die Kriminalpolizei sein Büro im Hallenbad und seine Wohnung in Ansbach. Sie beschlagnahmten CD´s und einige Akten.

Der 48-Jährige gehört seit zehn Jahren zur Führungsmannschaft der Neuburger Stadtwerke. In dieser Funktion erledigte er unter anderem Personalsachen und zeichnete Rechnungen für die beiden Bäder ab. Ihm wird vorgeworfen, seit sieben Jahren Rechnungen selber geschrieben, an die Stadtwerke geschickt und Überweisungen veranlasst zu haben – auf sein eigenes Konto. Dazu soll er eine Firma in Nürnberg erfunden und sogar einen Briefkopf entworfen haben. Grund soll akuter Geldmangel nach seiner Scheidung in Ansbach gewesen sein.

Unklarheiten entdeckt

In den letzten Augusttagen muss ihm die Sache zu heiß geworden sein: Er vernichtete angeblich eine Diskette, auf der alle seine Transaktionen verzeichnet gewesen sein sollen. Zuvor war bei den Stadtwerken eine Rechnung gleich zweimal aufgetaucht, mit unterschiedlichen Beträgen für unterschiedliche Lieferungen, aber mit dergleichen Rechnungsnummer.

Ein kaufmännischer Angestellter der Stadtwerke wies auf die Unklarheit hin, drang aber bei der Führung offenbar nicht durch. Er, beziehungsweise eine Kollegin, informierten eigenständig die Polizei. Die Kripo klärte den Hintergrund der Scheinfirma und des Empfängerkontos rasch auf. Die Ermittler rollten die fingierten Rechnungen mit Hilfe der Stadtwerke-Buchhaltung bis zum Jahr 2001 auf. Konfrontiert mit harten Details, leugnete der Bäderchef den Sachverhalt in weiten Punkten nicht mehr ab. Er sitzt in Arrest und wird heute in Ingolstadt dem Haftrichter vorgeführt.

Bei der Stadt und den Stadtwerken schlug die unangenehme Nachricht gestern wie eine Bombe ein. Sowohl OB Bernhard Gmehling (weilt zur Zeit am Gardasee) und seine Stellvertreter wie auch Stadtwerkeleiter Hans-Jürgen Hill hatten keine Ahnung. Der Ingolstädter Hill konnte den Betrugsfall nicht fassen. Wolfgang Grund war seit seinem Dienstantritt vor zehn Jahren ein kompetenter, fleißiger und vom Stadtrat anerkannter Leiter der städtischen Bäder in Neuburg gewesen. Jetzt, so Hans-Jürgen Hill, "ist er die größte menschliche Enttäuschung meines Lebens".