Neuburg
Raffinierte Stilausflüge

Gitarrenfestival "Von Barock bis Rock" begeistert auch in seiner sechsten Auflage im Museumsgarten

23.07.2018 | Stand 02.12.2020, 16:01 Uhr
  −Foto: Fotos: Heumann

Neuburg (lm) Es ist Neuburgs Festival mit der stimmungsvollsten Kulisse, die Atmosphäre im Museumsgarten bietet entspanntes Sommer-Feeling pur. Auch in seiner sechsten Auflage hat es mit Künstlern wie Jule Malischke, Stephan Bornemann und Clive Carroll am Wochenende die Zuhörer begeistert.

Auch wenn das Festival zu einem Selbstläufer geworden ist, darf nicht vergessen werden , dass dahinter jede Menge Organisation und Arbeit steckt. Der Museumgarten zählt gewiss zu Neuburgs lauschigsten Örtlichkeiten, so viel Natur und Idyll will als Konzertraum aber erst einmal bespielt sein. Rundum die alten Gemäuer, ein Stück Wehrgang gar noch, die knorrigen Obstbäume, das von Natur gegebene leichte Gefälle, das beste Sicht von allen Plätzen gewährt: Ein Bühnenbildner könnte das Ganze nicht stimmungsvoller arrangieren.

Allein hier, könnte man wohl auch das Rauschen des nahen Flusses noch vernehmen. Doch dafür herrscht an dem Abend viel zu viel Party-Stimmung. Ungeniert darf hier noch geraucht werden - wo geht so was sonst noch in einem Konzert. Und ein kleines Pläuschchen mit dem Nachbarn wird nicht gleich mit strafenden Blicken der näheren Umgebung gemaßregelt. Die Bowle ist unter den sommerlichen Getränken der absolute Renner. Das Chili wird trendig vegetarisch gereicht, für die Fleischliebhaber gibt es aber auch Steaksemmeln.

Das ganze Festival etwas lockerer angehen zu lassen, prägt nun mal den Charakter, zu einem nicht unerheblichen Prozentsatz ist hier aber auch Party angesagt. Aber das tut dem Konzert kein bisschen Abbruch. Mühelos zieht Jule Malischke von der ersten Sekunde an die Zuhörer in ihren Bann. Schüchtern, schier verstohlen nimmt sie Platz, der Set-Aufbau weist ihr noch die äußerste Position zu - aber es dauert keine zwei Sätze, da hat die sympathisch gewinnende Art wohl jeden eingenommen. Wie Malischke singt, was sie singt, in feinster Songwriter-Art, das ist so ungemein authentisch. Leichtes Melos liegt in vielen ihrer Lieder, die immer wieder die Trennlinie zwischen erlaubter Nähe und erfahrener Ferne markieren, Intimität zulassen und dennoch den Abstand wahren. Gängigem Pop nicht fremd, wird Malischke, die das Gitarrenspiel dabei nie als bloße Begleitung begreift, kein bisschen schnulzig, ihre Musik ist voller Gefühl, aber nicht sentimental.

Noch mehr zu ihrem Recht findet die Gitarre, wenn Stephan Bormann als Partner hinzutritt. Bormann bringt einen kräftigen Schuss mehr Klassik hinein. Zwischen beiden entstehen träumerisch schöne Dialoge, stets gestützt auch von einem sicher gesetzten kontrapunktischen Fundament. Das Spiel macht dem General(bass)Motto des ganzen Festivals von Barock bis Rock alle Ehre.

Rock gibt's an dem Abend nicht, dafür raffinierte Ausflüge in Richtung Jazz und Bebop. Aber so ganz allein dem Lead-Instrument des ganzen Festivals, der Gitarre will dieser Abend nicht vertrauen, der das Programm der Vorjahre quasi einfach fortspinnt. Hat man Clive Carroll schon als einen wahnsinnig intensiven Fingerstyle-Gitarristen in perfekter und doch nie Selbstzweck werdender Virtuosität erlebt, hat er diesmal familiäre Verstärkung dabei, seine Frau Lily Neill spielt die keltische Harfe. Und dieser Folk-Einschlag macht das Natur-Idyll endgültig perfekt - die idealen Voraussetzungen, dass sich alle Beteiligten zu einer zwischen Standards, Jazz, Folk und ein wenig Spanien changierenden, eben echten Jam-Session noch formieren.