Bäderchef jetzt in U-Haft

03.09.2008 | Stand 03.12.2020, 5:38 Uhr

Drei Beamte der Kripo Ingolstadt betreten das Hallenbad auf der Suche nach dem Bäderchef. Kurze Zeit später wird der 48-Jährige im Freibad festgenommen. - Foto: r

Neuburg (DK) Der am Dienstag verhaftete Chef der städtischen Neuburger Bäder, Wolfgang Grund, sitzt im Gefängnis. Der Haftrichter in Ingolstadt schickte den 48-Jährigen, der die Stadtwerke um 250 000 Euro betrogen haben soll, wegen Fluchtgefahr hinter Gitter.

Grunds Transaktionen mit einer erfundenen Firma und fingierten Rechnungen zu Lasten der Neuburger Stadtwerke, haben für Konfusion gesorgt. Stadtwerkeleiter Hans-Jürgen Hill, Grunds Vorgesetzter, sprach einem Fernsehsender gegenüber von einer "menschlichen Enttäuschung unsäglicher Art". Hill hatte dem Mann aus Ansbach vertraut, nachdem der die "schwierigsten Dinge bei den Bädern hervorragend bewältigt" habe. Das Vertrauen wurde enttäuscht. Der Frust und macht bei Hill inzwischen Wut Platz. Was den 59-jährigen Stadtwerkeleiter wundert, ist, dass Grunds Machenschaften seit 2001 unentdeckt blieben. "Wir haben die örtliche Rechnungsprüfung, die jeden Beleg filzt. Die haben nichts gemerkt. Die Wirtschaftsprüfer haben nichts gemerkt und die Betriebsprüfer vom Finanzamt auch nicht."

Einer relativ neuen Mitarbeiterin seien dann gleiche Rechnungsnummern mit unterschiedlichen Beträgen für unterschiedliche Lieferungen aufgefallen. Sie fragte, auch wegen der Steuernummer, beim Finanzamt nach. So kam der Stein ins Rollen. Noch am Dienstag glaubte Hill nach eigenen Worten an die Unschuld seines Mitarbeiters, der einer 24-köpfigen Truppe vorsteht, an eine Verwechslung, ein Missverständnis. Dann wurde ihm mitgeteilt, dass der 48-Jährige bei der Kripo gestanden habe. Nachdem die Sache mit den Rechnungen bekannt geworden war, wollte Hill den Vertreter der (Schein)-Firma persönlich sprechen. Für gestern Nachmittag hatte er einen Termin. Wie Grund diese Klippe umschifft hätte, bleibt Spekulation.

Von 250 000 Euro Schaden die durch den 48-Jährigen entstanden sein sollen, ist derzeit die Rede. Stimmt die Summe, wird es dabei nicht bleiben, denn die Stadtwerke erhielten vom Finanzamt die Umsatzsteuer erstattet. Wenn das Finanzamt die – unrechtmäßig erstattete – Steuer zurück fordert, muss Hill die Kasse aufmachen und etwa 50 000 Euro hinblättern. Die Stadtwerke werden nun versuchen, sich an Wolfgang Grund schadlos zu halten. Auf dem Gerichtswege beabsichtige man, Schadensersatz geltend zu machen.

Gestern tagte der Personalrat. Er wird Oberbürgermeister Bernhard Gmehling eine Empfehlung mitteilen. Die kann nur "fristlose Kündigung" heißen. Wenn der OB am Montag aus seinem Urlaub am Gardasee zurückkehrt, wird er sich persönlich der Sache annehmen.

Soweit jetzt bekannt, beglichen die Stadtwerke an Grunds fiktive Firma Rechnungen für Verbrauchsmittel wie Chemikalien, wie sie in Bädern gebraucht werden – aber nie geliefert wurden. Aufgefallen ist das nicht, weil es verschiedene Lieferanten gibt und das Wasser stets einwandfrei war. Hill versichert: "Die Werte waren immer in Ordnung." Einmal pro Woche würden von verschiedenen Mitarbeitern Wasserproben gezogen, in einem Labor ausgewertet und dem Gesundheitsamt gemeldet. Das Badewasser müsse immer Trinkwasserqualität haben. Und das habe es offensichtlich gehabt. Auch von dieser Seite gab es keine Auffälligkeiten. Künftig, diese Lehre hat der Stadtwerkechef bereits gezogen, müssen Lieferungen von zwei Personen bestätigt und dann an die Buchhaltung weitergeleitet werden. "Wir werden nicht mehr das Vier-Augen- sondern das Sechs-Augen-Prinzip haben", betonte Hill.

Unterdessen sitzt Bäderchef Grund in Neuburg in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt sah Fluchtgefahr, der Haftrichter teilte diese Ansicht. Sollte der 48-Jährige sein Geständnis aufrecht erhalten und sich die Vorwürfe bestätigen, drohen dem Ansbacher bis zu fünf Jahre Haft. Wann es zu einer Anklage kommen wird, und ob das Verfahren vor dem Landgericht oder einem Schöffengericht verhandelt wird, vermochte Oberstaatsanwalt Christian Veh noch nicht zu sagen. Grund kann aber mit prominenter Verteidigung rechnen. Beim Haftrichter erschien er in Begleitung des früheren Neuburger Oberbürgermeisters Günter Huniar. Der war Rathauschef, als Wolfgang Grund eingestellt wurde. "Die Bäder wurden damals grundlegend erneuert und wir waren froh, jemand von der fachlichen Seite zu haben", erinnert sich Huniar. "Wenn er wünscht, dass ich ihn verteidige, mache ich das gerne", erklärte der Anwalt gegenüber dem DONAUKURIER.