Tiergarten Nürnberg
Pilotprojekt: Jeder Tropfen zählt im Nürnberger Tiergarten

Fahrzeuge werden nur noch mit synthetischem Diesel betankt

02.07.2023 | Stand 14.09.2023, 22:13 Uhr

So sieht er aus, der synthetische Diesel, der aus Pflanzenöl gewonnen wird. Foto: Tiergarten

Wer hätte das gedacht? Der kleine Landkreis Roth wird jetzt quasi zum Energielieferanten für die große Stadt Nürnberg. Denn der Tiergarten stellt seinen Fuhrpark auf synthetischen Kraftstoff um. Es ist ein Pilotversuch, genau beobachtet vom Servicebetrieb Öffentlicher Raum (Sör) Nürnberg, der für den gesamten städtischen Fuhrpark zuständig ist. Zum Einsatz kommt der sogenannte HVO-Diesel (HVO, englisch Hydrogenated oder Hydrotreated Vegetable Oils, deutsch hydrierte Pflanzenöle). Dieser Ersatzkraftstoff wird aus Altspeisefetten, Raps- und Sojaölresten und anderen pflanzlichen Reststoffen produziert. Und wer ist beim Sammeln von Altspeisefetten führend in ganz Deutschland? Genau. Der einzige Landkreis, in dem das alte Pommes-Fett flächendeckend in jeder Kommune abgegeben werden kann – dank der Firma Lesch aus Thalmässing, die sich auf diesem Gebiet seit Jahren hervortut.

Beinahe durchsichtig und geruchslos: So zeigt sich die Flüssigkeit, die der Futtermeister und Fuhrparkverantwortliche Gerd Schlieper in einem kleinen Glas in der Hand hält. Eben hat er einen der Traktoren des Tiergartens damit betankt. Seit Wochen schon testen er und seine Kollegen den HVO-Diesel. Nach Herstellerangaben werden darin nur Stoffe verwertet, die nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion stehen und für die keine Waldflächen gerodet werden. Hier wird im Feldversuch getestet, ob der Dieselersatz sich auch für schwere Fahrzeuge wie Traktoren, Teleskoplader, Straßenkehrfahrzeuge oder Pritschenwagen bewährt. Tut er das, kann allein der Nürnberger Tiergarten rund 74 Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO2) pro Jahr einsparen, hat Schlieper ausgerechnet. Denn bislang „verbrauchen wir pro Jahr zirka 38 000 Liter Diesel“. Die Einsparung im Vergleich zu herkömmlichen Kraftstoffen rührt daher, dass für den HVO-Diesel keine fossilen, sondern erneuerbare Rohstoffe verwendet werden. Diese seien auch deutlich weniger wassergefährdend. Jedoch kostet HVO-Diesel derzeit im Durchschnitt zehn Prozent mehr als herkömmlicher Diesel.

„Die Initiative des Tiergartens, nachhaltigen HVO-Diesel auch mit schwerem Gerät zu testen, finde ich super“, sagt Nürnbergs Dritter Bürgermeister Christian Vogel (SPD), der für den Tiergarten und den Sör gleichermaßen zuständig ist. „Hier können wir erste Erfahrungen sammeln, von denen auch andere Teile des städtischen Fuhrparks profitieren können.“ So verfüge zum Beispiel Sör über viele Nutzfahrzeuge, die denen des Tiergartens gleichen. „Bewährt sich der Kraftstoff, haben wir als Stadt wieder einen wichtigen Schritt hin zur dringend nötigen Klimaneutralität getan.“ Genau: Wie heißt es doch so schön beim Thalmässinger Recyclingunternehmen? Jeder Tropfen zählt. Schadet nicht, wenn man das auch in Nürnberg lernt.

luf