Austausch mit Brentwood
Besuch aus Partnerbezirk Brentwood zu Gast im Landkreis Roth

22-köpfige Delegation absolviert umfangreiches Programm

05.08.2023 | Stand 05.08.2023, 5:00 Uhr

Auf der Vils unterwegs sind Gäste und Gastgeber in Amberg. Fotos: Klier

Tagelang hat vor dem Landratsamt Roth der „Union Jack“ – die britische Nationalflagge geweht. Grund war der Besuch einer 22-köpfigen Delegation aus dem Borough of Brentwood nahe London. Weder Brexit noch Covid konnten diesem „Town Twinning“ etwas anhaben. Nach zweijähriger Zwangspause war die deutsche Gruppe aus dem Landkreis im vergangenen Jahr nach Brentwood gereist. Jetzt erfolgte der Gegenbesuch.

Nachdem die Gäste vom Flughafen München abgeholt und von den Gastgebern empfangen worden waren, wartete ein umfangreiches Programm, von der Vorsitzenden des Freundeskreises Brentwood Anne Klier und einem Helferkreis gründlich vorbereitet.

Obligatorisch ist der Empfang im Sitzungssaal des Landratsamts Roth. In einwandfreiem „Franconian English“, begrüßte der Stellvertretende Landrat Walter Schnell Gäste und Gastgeber: „Welcome to the District of Roth, dear friends of England.“ Zum 23. Mal fände der Besuch aus England statt, und „es mögen noch viele weitere folgen.“

Brexit? „Keine gute Entscheidung“

In einer informativen Präsentation wurde nun der Landkreis Roth mit seinen 129000 Einwohnern vorgestellt. Das war auch für Councillor Gareth Barrett interessant, dem Mayor of Brentwood. Er war mit seiner Amtskette erschienen, zum ersten Mal dabei und der erste Mayor, der jünger ist als die Partnerschaft. Sonja Gossler übersetzte seine Rede, in der er versicherte, dass man auf englischer Seite sehr an der Fortführung dieser Partnerschaft interessiert sei. Der Brexit, so betonte er, sei leider keine gute Entscheidung gewesen. Die besondere Verbundenheit mit Deutschland sei auch dadurch zum Ausdruck gekommen, dass der erste Auslandsbesuch von King Charles Deutschland gegolten hatte. Der Mayor bedankte sich für die herzliche Aufnahme im Landkreis.

Auf englischer Seite ist Tony Sleep der Vorsitzende der Partnerschaft. Er war im Jahre 2009 erstmals nach Roth gekommen, damals als Mayor des Borough of Brentwood, ebenfalls mit Amtskette angetan. Zum ersten Mal habe er damals Kürbiskerne gegessen. Sechs Corona-Impfungen habe er bereits hinter sich, teilweise mit deutschem Impfstoff. Trotzdem könne er immer noch nicht deutsch, ergänzte er mit trockenem Humor.

Nach dem offiziellen Teil und der „Conversation“ fuhr der Bus nach Allmannsdorf am Brombachsee. Vor Ort erfuhr man viel Wissenswertes über das Fränkische Seenland, das Ende des vergangenen Jahrhunderts entstanden war. Nach einem zünftigen Mittagessen durften natürlich Informationen über eine der bekanntesten Sonderkulturen im Landkreis nicht fehlen: Hopfen. Das geschah im Spalter Museum „HopfenBierGut“, wo man gleich das Produkt Bier verkosten konnte. Auch an einen berühmten Spalter wurde erinnert: Georg Burkhardt, der sich später Spalatin nannte.

Oswald Brigl empfängt in der „Town Hall of our lovely city“

Nach Abstechern nach Gunzenhausen und Amberg sowie privaten Unternehmungen in Eichstätt, Fürth, Nürnberg und Weißenburg, stand der Beuch in Greding an. Dabei empfing der stellvertretende Bürgermeister Oswald Brigl die Gäste in der „Town Hall of our lovely city“. Er wies auf die Wichtigkeit einer derartigen Partnerschaft hin, die auch immer gepflegt werden müsse, denn „Demokratie und Frieden bauen darauf auf“. Außerdem trage sie zur Erweiterung des eigenen Horizonts bei.

Ein Rundgang durch die „Stadt der 21 Türme“ führte an den Bauwerken der Eichstätter Fürstbischöfe vorbei. Der hier im Jahre 1525 niedergeschlagene Bauernaufstand sei wohl die erste Demokratiebewegung in Deutschland gewesen. Die Stadtpfarrkirche St. Jakobus und die romanische Basilika St. Martin mit ihren Kunstschätzen wurden besucht. Besonders beeindruckte der Karner unter der Michaelskapelle. Hier ruhen die Gebeine von rund 2500 Menschen.

Kieferorthopäde, Jura und Weinberg: Passt das zusammen? Ja. Harald Eberhard ist Kieferorthopäde und Winzer zugleich. Beim Bleimer Schloss oberhalb Gredings baut er seit 2018 Wein an. Der Boden auf dieser Jurahochfläche gleicht dem Boden in Burgund. Eine positive Auswirkung des Klimawandels ist zudem, dass hier Wein gut gedeihen kann. In diesem von Bioland zertifizierten Betrieb wird möglichst auf Spritzmittel verzichtet.

Und dann kam auch schon der Freundschaftsabend, der in Alfershausen gefeiert wurde. Rund 80 Gäste waren gekommen, darunter etliche Vertreter des öffentlichen Lebens. Mit „Hello everybody. We have very hard days behind us“, begrüßte Anne Klier . Aber es habe auch viel „fun“ gegeben, nicht zuletzt auch beim „night cup“, dem Schlaftrunk.

Councillor Gareth Barrett war angetan von der Freundlichkeit und der Gastfreundschaft, die er genossen hatte. „This is a highlight in my time as Bürgermeister“, gestand er. Er hoffe, alle im nächsten Jahr in Brentwood wiederzusehen, und dass diese Freundschaft ihn überdauern werde. Tony Sleep schilderte in seiner humorvollen Rede, dass man diesmal das Wetter fast wie Antonio Vivaldis Vier Jahreszeiten in allen Nuancen erlebt habe. Er dankte für das umfangreiche Programm der letzten Tage im „wonderful Bavaria“. Er hoffe auf ein Wiedersehen beim für Anfang August 2024 geplanten Besuch in Brentwood.

Warum Pumpernickel nichts mit Brot zu tun haben

Dann gab es noch den Besuch von merkwürdigen Gestalten: Gredinger „Pumpernickel“. Wie Jürgen Joos erklärte, hat der Name nichts mit Schwarzbrot oder Lebkuchen zu tun. Vielmehr steht „Pumper“ für pumpern, Krach machen und „Nickel“ für Schelm oder Gewand. Ihre Furcht erregenden handgemachten Masken sollten zu Pestzeiten die Seuche vertreiben, der Lärm zudem dem Winter den Gar aus machen. Draußen bewiesen dann diese „Goaßlschnalzer“ ihre Kunst und luden einige Mutige zum Mitmachen ein.

Allgemein wurde in den Gesprächen der Brexit bedauert, die Sauberkeit und die Ordnung in Deutschland gelobt, wo alles geregelt sei. Umgekehrt erinnerte man sich angesichts des Besuchs in Brentwood an den freundlichen Umgang der Menschen dort untereinander. Ein Gast aus England gestand am Schluss: „I think I will stay here“.

HK