Von Matthias Hertlein
Nürnberg/Hamburg – Es ist geschafft, das 1,56 Zentimeter große, zierliche Persönchen ist am Ziel, am Ziel der Träume. Seit Sonntag ist sie die Größte. Die 21-Jährige ist Boxweltmeisterin und folgt somit der legendären Abonnement-Weltmeisterin Regina Halmich (1995 bis 2007 im Fliegengewicht) in den Boxolymp.
„Let‘s get ready to rumble on the Kiez“, schallte es in der legendären Großen Freiheit 36 auf der Reeperbahn. Fai hat die Sensation gegen Crystal Garcia Nova (Dominikanische Republik) geschafft, bezwang die Kunststudentin im Superbantamgewicht in der sechsten Runde durch Technischen K.o. und holte sich die WM-Gürtel der WBF und der WIBF. 1500 Fans waren aus dem Häuschen, jubelten der fränkischen Kampfmaschine zu.
Fai strahlte über beide Backen. Aber die neue Weltmeisterin weinte auch vor Glück und widmete die Tränen ihrem Entdecker und Idol Jürgen Blin. 1971 boxte der Schwergewichts-Europameister einst in Zürich gegen Muhammad Ali, ging in der siebten Runde durch K.o zu Boden und verlor. Blin war Anfang Mai 2022 im Alter von 79 Jahren in einem Krankenhaus einem Nierenleiden erlegen. „Jürgen Blin, ich bin mehr als dankbar, diesen Menschen an meiner Seite zu wissen, er war mein großes Idol“, bekannte sie inmitten ihres größten Erfolges.
Mit unbändigem Willen und Ehrgeiz nach oben geboxt
Fai war 2014 ihrer Mama von Thailand nach Nürnberg gefolgt. Sie hat sich im Boxstall „Boxen in Hamburg“ mit Talent, Können und Ausdauer sowie mit unbändigem Willen und Ehrgeiz nach oben geboxt. Gegen Nova war es ihr elfter Profikampf gewesen. In den vergangenen Monaten hat Fai 100 Sparringskämpfe bestritten, und sich in Nürnberg und Schwabach vorbereitet. Unterstützt wurde sie dabei von Martin Riesch, einem Schwabacher Freund und Gönner.
Ihre Zähigkeit und Geschwindigkeit im Ring sind ihr großes Plus. So war es auch in der Großen Freiheit 36, wo einst Musikgrößen sich die Klinke in die Hand gaben. Sie setzte den Erfolgsplan von ihrem Erfolgstrainer Jiri Resl entsprechend um. Fai wartete zunächst ab, als Nova in den ersten beiden Runden wie die Feuerwehr loslegte. Dann kam ihr Powerplay, sie setzte der Gegnerin massiv zu, die nach der sechsten Runde in ihrer Ecke sitzen blieb, das Zeichen zur Aufgabe signalisierte und somit dem K.o. entging. Fai hinterher höflich und fair: „Respekt für Crystal Garcia Nova, die mir einen harten Fight geliefert hat.“
Wenn sich die Wogen der Euphorie wieder etwas geglättet haben, wird Fai nach Thailand zu ihren Großeltern fliegen. Großvater Laan hatte sie mit dem Kickboxen in jungen Jahren vertraut gemacht. Entsprechend der Dank: „Ganz viele Grüße gehen auch nach Thailand. Ich bin sehr stolz und dankbar, euch alle an meiner Seite zu haben. Und ich bedanke mich herzlichst bei allen Freunden und Fans, die immer hinter mir standen und immer die Daumen drückten.“
Fäuste schon beim Wiegenauf Sieg programmiert
So wie Martin Riesch, der sagte schon vorher: „Fai ist prima vorbereitet, ich habe ein gutes Gefühl für den Fight. Schon beim Wiegen tags zuvor in der legendären ‘Ritze‘-Kneipe war zu spüren, dass Fais Fäuste auf Sieg programmiert waren.“ Ihr 15-Mann-Fanclub, aus Schwabach angereist, hatte Sieges-Champagner mitgebracht und nach dem Boxkampf im Hotel gefeiert.
Vor dem Fight war Phannarai auf Rang 25 der Rangliste platziert, jetzt wird sie einen gewaltigen Satz nach oben machen. Und hoffentlich auch in Franken die Beachtung und Wertschätzung erfahren, die sie verdient. Bisher ist die Regina-Halmich-Nachfolgerin aus dem Süden Nürnbergs dort nicht präsent. Mit dem WM-Titel könnte sich das nun ändern. Sehr zur Freude von Promoter Thomas Nissen, federführend für den erfolgreichen WM-Kampf. Was jetzt auch noch gesucht wird, ist ein Sponsor.
HK
