Weinsfeld/Ohlangen
Messfehler vermasselt Traum von der Einzelmedaille

Marco Schmidt bei der Zimmerer-Europameisterschaft in Köln – Gold mit Team Deutschland in der Mannschaftswertung

13.07.2022 | Stand 13.07.2022, 22:00 Uhr

Marco Schmidt hochkonzentriert bei der Europameisterschaft in Köln. In der Gesamtwertung holte er mit der deutschen Mannschaft Gold, im Einzel verfehlte er aber eine Medaille. Foto: Anna-Lena Renner

Aus seiner Enttäuschung macht Marco Schmidt kein Hehl: Der 23-jährige Zimmerergeselle, der aus Ohlangen kommt und bei der Firma Rehm in Weinsfeld arbeitet, hat bei der 14. Zimmerer-Europameisterschaft in Köln im Einzelwettbewerb eine Medaille klar verfehlt. Aber: In der Mannschaftswertung holte er mit seinen beiden Berufskollegen die Goldmedaille. Die beiden anderen hatten nämlich im Einzel jeweils Silber und Bronze errungen.

Schmidt hatte sich schon im Vorfeld gegenüber unserer Zeitung skeptisch gezeigt, was seine Chancen angeht: Schließlich ist das Niveau bei dem Wettbewerb hoch. Eine Zimmerin und 16 Zimmerer aus sieben europäischen Ländern nahmen daran teil, parallel zur Messe Dach + Holz. „Das wird schwer, es gibt viele gute Kandidaten.“ So war das dann auch. Und Schmidt hatte das Pech, dass ihm am Abend des ersten von drei Tagen ein Messfehler unterlief. In der Folge musste er ein Holzstück nachordern – das gibt Minuspunkte, und außerdem hakte es deswegen auch im weiteren Wettbewerb zeitlich, es entstand unnötiger Druck. „Die ganze Nacht habe ich mich geärgert“, erzählt er am Dienstag bei einem kurzen Telefonat während seiner Brotzeitpause. Denn schon am Montag trat er wieder wie gewohnt seinen Dienst in Weinsfeld an – obwohl er noch einen Tag hätte freinehmen können: „Aber dann bin ich verräumt“, meint er pragmatisch.

„Es dauert wahrscheinlich noch ein bisschen, bis ich das hinter mir lasse“, sagt er über sein durchwachsenes Einzelergebnis. „Ich hatte mir schon vorgenommen, dass ich vielleicht was reißen werde.“

Zu absolvieren waren zwei Module: Das erste war schon vorher vorgegeben worden, für alle gleich, und gestellt hatte dieses der Vize-Teamleiter der deutschen Nationalmannschaft – der wiederum niemand anderer ist als Schmidts Chef Simon Rehm, seinerseits Europameister von 2014, Weltmeister von 2015 und inzwischen Obermeister der hiesigen Zimmererinnung. Modul 2 und 3 kamen vom Schweizer Trainer – und das war ziemlich knifflig. Ein „schönes Walmdach“ mit ein paar Extras, alles exakt als Plan vorgegeben. 23 Stunden, verteilt auf drei Tage dauerte der Wettbewerb, dann musste das Holzmodell fertig sein. „Das hat auch bei jedem funktioniert.“ Extrem anstrengend sei das für alle gewesen, nicht zuletzt körperlich, schildert der junge Mann. „Wir waren am Donnerstagabend alle bockfertig!“ Aber dann gingen die Teilnehmer gemeinsam zum Feiern, schlossen internationale Freundschaften zwischen Franzosen, Deutschen, Schweizern, Südtirolern, Luxemburgern, und nach kurzem Schlaf gab es am Freitagfrüh die Siegerehrung.

Da war dann die gesamte Rehm-Belegschaft aus Weinsfeld vertreten, denn die kam geschlossen am Donnerstag nach Köln zur Messe und schaute wie viele andere Zaungäste auch beim Endspurt des Wettbewerbs von der Bande aus zu. Gar nicht so einfach, dabei cool zu bleiben, aber Schmidt schaffte es, die Zuschauer komplett auszublenden.

In seiner Firma, so scheint es Schmidt, „sind alle ziemlich stolz“. Dass es nicht zu einer Einzelmedaille reichte, „tut der Sache jetzt keinen Abbruch“.

Mit Wettbewerben ist es jetzt aber vorbei – die Altersgrenze dafür ist erreicht. Aber dafür kommt bald eine Meisterschaft der ganz klassischen Art: „Nächstes Jahr mache ich meinen Meister in Ansbach.“

Zimmerer-Europameister 2022 in der Einzelwertung und damit Empfänger der Goldmedaille wurde Marcel Bolego (22) aus Italien (Südtirol), Silber ging an Schmidts Teamkollegen Philipp Kaiser (23) aus Rot an der Rot (Baden-Württemberg) und Bronze erhielt ebenfalls für Deutschland Benedikt Pfister (22) aus Wolfertschwenden (Landkreis Unterallgäu). In der Mannschaftswertung lag Deutschland auf Platz eins, gefolgt von Frankreich und der Schweiz.

Richard Auer