Woche für das Leben
Ein Platz in unserer Mitte

Leben mit Demenz steht beim ökumenischen Gottesdienst auf dem Hilpoltsteiner Marktplatz im Fokus

09.05.2022 | Stand 23.09.2023, 1:31 Uhr

Bewohner und Mitarbeiter vom Auhof, von Regens Wagner und der AWO sind Teil des Programms am Marktplatz. Foto: Klier

Von Manfred Klier

Hilpoltstein – „Mittendrin. Leben mit Demenz“ ist das Motto der diesjährigen Woche für das Leben gewesen, die seit 1991 begangen wird. Dazu fand auf dem Marktplatz in Hilpoltstein ein ökumenischer Gottesdienst statt. Bereits am 30. April war die Woche in der Leipziger Nikolaikirche mit einem ökumenischen Fernsehgottesdienst eröffnet worden.

In diesem Jahr soll auf die Situation von Menschen mit Demenz aufmerksam gemacht werden. Immerhin leiden in Deutschland etwa 1,5 Millionen Menschen an dieser Krankheit. Dabei kommt es zu einem Abbau des Gedächtnisses, mit Störungen in verschiedenen Bereichen wie Denkfähigkeit, Orientierung, Sprache und im Verhalten. „Die Würde des Menschen ist unverlierbar. Menschen mit Demenz haben einen Platz in unserer Mitte. Sie sollen am gesellschaftlichen Leben teilhaben dürfen“, hieß es in den Ansprachen.

„Glaube, Liebe, Hoffnung“ war auf einem Schild in Hilpoltstein zu lesen. Schwester Claudia von Regens Wagner Zell und Reinhold Seitz eröffneten die Feier instrumental mit Flöte und Gitarre. Pfarrerin Verena Fries und Stadtpfarrer Franz Josef Gerner gestalteten den religiösen Teil und sprachen erläuternde Worte, die von Dolmetscherinnen in die Gebärdensprache übersetzt wurden. Der Gebärdenchor unterstrich das Gesagte mit entsprechenden Gesten. Der Jubilate-Chor unter der Leitung von Maria Seitz erfreute mit geistlichen Liedern.

Bewohner und Mitarbeiter vom Auhof, der Regens Wagner Stiftung und der AWO (Soziales Kompetenz-Zentrum Hilpoltstein) waren fester Bestandteil des berührenden und zugleich Trost spendenden Programms.

Wenn nur noch die Vergangenheit lebendig ist

Was es heißt, mit Demenz zu leben, demonstrierte eine Wohngruppe von Regens Wagner eindrucksvoll. Erst hatte der Gastgeber zu einem gemütlichen Kaffeetrinken eingeladen. Fünf Jahre später erkannte er seine Gäste nicht mehr, war unbeholfen und verschüttete den Kaffee. Zusammen spielen, alte Fotos anschauen, alte Lieder singen: Das geht oft noch. Zum Beweis trat ein älterer Bewohner einer Einrichtung ans Mikrofon und sang mit sicherer und lauter Stimme alle sechs Strophen des Liedes „Geh aus mein Herz, und suche Freud“ nahezu auswendig.

Von der AWO war ein Tisch mit Erinnerungsstücken aufgebaut, auf dem unter anderem eine Schallplattenaufnahme von Rex Gildo zu finden war, die an vergangene Zeiten erinnern könnte. „Das Herz wird nicht dement“, hieß es immer wieder. Bürgermeister Markus Mahl las aus dem Brief des Apostels Paulus an die Korinther mit dem Kernsatz: „Die Liebe hört niemals auf.“

In einem Gedicht kam die betrübliche Erkenntnis zum Ausdruck: „Reden, laufen kann ich bald nicht mehr.“ Da tröstete das Lied, das der Jugendliche mit Namen Finn für seinen Urgroßvater beeindruckend vortrug: „Wir sind da, nur für dich. Du bist nicht allein.“

Wenn die eigene Schwäche Ursache des Ärgers ist

Es gibt Tage der Trauer und des Leids. Manche der Betroffenen werden ungeduldig, ärgerlich, oft auch auf sich selbst, weil sie älter und schwächer werden. Darunter leiden auch die Angehörigen. Man sollte allerdings darauf achten, dass es einem selber gut gehe, hieß es. Getreu des Bibelwortes: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Dazu passte das Lied „Deine Hand in meiner Hand, welche Kraft das gibt.“

Fürbitten, das gemeinsam gebetete Vaterunser, das Lied „Großer Gott, wir loben dich“ und der Segen beschlossen die ökumenische Feier. Sie klang schließlich musikalisch aus mit religiösen Liedern, die Andrea Blaich von der Freikirche vortrug. Bei Brezen und Getränken wurden noch viele gute Gespräche geführt.

HK