Wolnzach
Wolnzacher Bürgermeister wünscht sich „wieder mehr Mut und Zutrauen“

Jens Machold spricht im Interview über laufende und anstehende Projekte und seine Wünsche für 2023

12.01.2023 | Stand 17.09.2023, 5:46 Uhr

Mehrfamilienhäuser stehen bei Anwohnern oft in der Kritik, im Interview erklärt Bürgermeister Jens Machold ihre Notwendigkeit. Zudem werde auf eine Einpassung in die Umgebung geachtet, wie hier an der Hopfenstraße. Dieses Foto links zeigt ein altes Mehrfamilienhaus, das abgebrochen wurde. Fotos: Trouboukis

Wolnzach – Das neue Jahr ist noch jung, das alte gerade vorbei. Im Interview mit unserer Zeitung zieht Bürgermeister Jens Machold (CSU) Bilanz und schaut auf die kommenden Monate voraus.

Was sind in Ihren Augen die größten Herausforderungen für die Kommunen?

Bürgermeister Jens Machold: Selbstverständlich ist die energetische Frage eine, die wir zu beantworten haben. Da führen wir Gespräche mit größeren Betrieben, weil es ist natürlich auch wesentlich, dass sich auch die Betriebe vor Ort am CO2-Umbau beteiligen. Da sind wir, denke ich, auf einem sehr guten Weg, weil alle bekunden, das gleiche Ziel zu haben. Auch das Thema Flüchtlinge ist ein großes. Hier werden wir die Siegelhalle zur Verfügung stellen (gesonderter Bericht dazu folgt.) und im Umkehrschluss vermeiden wir dadurch die Belegung von Turnhallen. Da haben wir in Wolnzach durch die Siegelhalle eine Sondersituation. Wir haben in der Vergangenheit hier stets unsere Aufgaben erfüllt und werden das auch weiterhin tun.

Apropos Sondersituation. Das dürfte wohl auch in puncto Immobilien- und Mietpreise auf Wolnzach zutreffen. Wie sehen Sie die Lage?

Machold: Wir beobachten die Mietpreise bei uns sehr genau. Und hier reden wir nicht von einer Seitwärtsbewegung, sondern die Quadratmetermieten bei uns sind schon horrend. Wir hören immer wieder, dass zwischen 11,50 und 13 Euro alles mit dabei ist. Es ist also dringend notwendig, weiterhin Wohnraum zu schaffen. Denn in der Marktwirtschaft funktioniert nur ein Prinzip, nämlich jenes von Angebot und Nachfrage. Zudem müssen wir mehr verbilligten Wohnraum, zum Beispiel in Mehrfamilien-Bauten, für Einheimische, die seit mindestens fünf Jahren hier leben, anbieten können.

Aber eben jene von Ihnen gerade angesprochenen Mehrfamilien-Bauten sind für viele Anwohner ein echtes Schreckgespenst.

Machold: Das Einfamilienhaus ist ja nicht tot, aber ein Einfamilienhaus setzt halt auch einen äußerst begüterten Nachfrager voraus. Jeder weiß, dass bei uns Innerorts-Bauland nicht unter 700, 800 Euro zu bekommen ist. Und mit den gestiegenen Baulandzinsen ist heute schon eine Doppelhaushälfte eine riesen Herausforderung. Ich sage: Was früher vom Finanziellen her eine Doppelhaushälfte war, ist heute eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus.

Hinzu kommt ja, dass auch der Gesetzgeber diese Mischformen in Baugebieten vorschreibt.

Machold: Das ist richtig, das kommt ja noch hinzu. Wir haben im Bebauungsplan die Auflage, dass ausgeglichene Wohnverhältnisse stattfinden müssen. Es soll also nicht nur der Millionär, der man sein muss, um heutzutage ein Einfamilienhaus bauen zu können, zu Wohneigentum gelangen können. Vielmehr soll eine ausgewogene Siedlungsstruktur erreicht werden, darauf haben wir laut Gesetzgeber Wert zu legen. Natürlich versuchen wir immer, das auf unsere jeweiligen örtlichen Verhältnisse zu übertragen.

Was bedeutet das?

Machold: Nun, dass, wie gesagt, es neben Einfamilienhäusern, auch Doppelhaushälften und Mehrfamilienhäuser geben muss, angepasst an die Umgebung. Denn was tut denn jemand in Wolnzach, der vielleicht gerade seine Lehre abgeschlossen und seine Gesellenprüfung hinter sich hat und zusammenziehen möchte? Dafür brauchen wir doch Möglichkeiten, bezahlbaren Wohnraum anbieten zu können. Es ist ja nicht so, dass Mehrfamilienhäuser in Wolnzach etwas ganz Neues sind, im Gegenteil gibt es da ja etwa in der Hopfenstraße Beispiele, gegen die es anfangs auch große Bedenken gab und die sich aber, denke ich, gut bewährt haben.

Das vergangene Jahr war das Jahr der Baustellen. Was steht denn heuer so alles an?

Machold: Heuer wollen wir in die Umsetzung kommen, beziehungsweise die Umsetzung vorbereiten, zum Beispiel für die „Glandergassleiten“. Da werden jetzt dann die Verträge abgeschlossen, so dass man die Erschließung angehen kann. Auch das Wohnen an der Wolnzach muss vorangetrieben werden, ebenso müssen wir uns mit dem Gebiet „Strassergrund“ weiter beschäftigen, zudem läuft unser Spielplatzkonzept. Und dann wollen wir natürlich das Händemuseum ins Zentrum bekommen, auch daran wird weiter gearbeitet. Für die Volksbank stehen Abriss und Neubau an. Wir warten auf die Pläne der Volksbank, dementsprechend werden wir die weiteren Maßnahmen am Marienplatz abstimmen.

Auch die Verkehrsentwicklung ist ja ein großes Thema.

Machold: Dazu haben wir einen Workshop mit den Bürgern geplant, die Entwicklung soll mit dem neuen Verkehrsplanungsbüro besprochen und konkretisiert werden.

Im vergangenen Jahr haben Sie betont, sich vor allem auf das gemeinsame Feiern, das Zusammensein, zu freuen. Und heuer?

Machold: Gottseidank ist hier wieder das Übliche möglich. Gottseidank deswegen, weil auch das Abhalten des Lauf-10-Abschlusses bei uns alles andere als selbstverständlich ist. Hinzu sind uns schon weitere Termine angekündigt, zum Beispiel Martin Frank oder Gerhard Polt und die Well-Brüder. Da freuen wir uns ganz besonders als Vorgeschmack auf das Dellnhauser-Volksmusikfest, das ja dann erst 2025 stattfinden wird. Besonders genossen habe ich im vergangenen Jahr unser Volksfest, das Miteinander-Feiern-Können. Wobei ich hier auch sagen muss, dass ich mich schon wundere, dass man dafür auch immer wieder Kritik einstecken muss, nach dem Motto: Wie man nur in diesen Zeiten überhaupt feiern kann. Aber ich meine, dass wir gerade in diesen Zeiten schöne Momente brauchen, um Kraft tanken zu können. Wenn ich alles aufgebe, was im Leben schön ist, werde ich irgendwann ein sehr eintöniges Leben haben.

Auch einen Christkindlmarkt hat es ja jetzt wieder gegeben, die Stimmung hier schien allgemein sehr gut gewesen zu sein.

Machold: Ich habe in meiner Zeit als Bürgermeister gelernt, nicht immer nur auf die Kritiker zu hören, sondern das aufzunehmen, was die überwiegende Mehrheit will und deshalb Ergebnisse zählen zu lassen. Und da ist der Christkindlmarkt ein sehr gutes Beispiel. Die Stimmung war Bombe. Wir haben das auch durch viele Rückmeldungen bestätigt bekommen, beispielsweise von Anbietern, die mit solchen Umsätzen gar nicht gerechnet hätten. Das zeigt mir das Zutrauen auch für 2023. Ich weiß von vielen Kulturschaffenden, dass sie ihre Säle nicht immer voll haben. Aber ich kann das für gemeindliche Veranstaltungen wirklich nicht erkennen. Deshalb, mein Kochthema als Losung: Man sollte sich viel öfter Nudeln machen als Sorgen.

In wenigen Wochen werden es drei Jahre, dass Sie zum dritten Mal als Bürgermeister gewählt wurden. Wie sehen Sie Ihre bisherige Bilanz?

Machold: Wir sind auf einem sehr guten Weg. Vom schnellen Internet beispielsweise redet heute keiner mehr, das ist am Laufen und weite Teile sollen heuer ja entsprechend erschlossen werden. Wir haben in Bruckbach jetzt gerade das letzte Gewerbegrundstück verkauft, an einen Betrieb mit in der Anfangsphase rund 80 Mitarbeitern. Im Wohnungsbau geht es weiter, auch die gewerbliche Entwicklung, zum Beispiel die Erweiterung der Schlagenhauser Mühle. Dann haben wir unseren Kindergartenbau, der ja das größte Projekt ist, sowie sehr viele Bebauungspläne in der Mache, unseren Isek-Prozess, den Abschluss der Dorferneuerung Eschelbach, die Dorfgestaltung Geroldshausen.

Können Sie uns noch ein paar weitere Beispiele anstehender Maßnahmen nennen?

Machold: Da gibt es einiges, alles zu erwähnen, würde den Rahmen sprengen. Deshalb Beispiele: Ganz wichtig ist auch unsere Sanierungssatzung für den Innerortsbereich. Im Gemeinderat müssen wir uns mit der Änderung der Stellplatzsatzung befassen. Da kommt es darauf an, dass wir für den Marktkernbereich eine deutliche Entlastung von der Stellplatzpflicht für Gastronomie und erdgeschossiges Gewerbe vorsehen wollen. Auch die Umwelt ist immer wieder ein großes Thema, dazu haben wir einige Anträge zur Freiflächen-Photovoltaik. Es scheitert ja oft an den Ausführungsbürgschaften. Hier wollen wir versuchen, diese deutlich abzusenken, damit wir auf die sich verändernde Zinslandschaft Rücksicht nehmen und denjenigen entgegen kommen können, die etwas unternehmen wollen. Wir wollen als Partner gesehen werden und nicht als Hemmschuh.

Letzte Frage: Was wünschen Sie sich für 2023?

Machold: Ich wünsche mir wieder mehr Mut und Zutrauen derer, die für unseren Ort stehen, für die Heimat das ist, wofür man sich gerne einsetzt. Und dass wir vielleicht etwas weniger das Negative nach vorne stellen, sondern einfach auch mal das sehen, was für die Allgemeinheit gut ist. Es ist ja kein Geheimnis, dass so manches Verfahren sehr lange dauert, weil es – gerade bei den Bebauungsplänen – immer wieder massive Einwendungen gibt, die ja alle abgearbeitet werden müssen. Es wäre schön, wenn sich wieder eine breitere Mehrheit ausbildet, die auf neue Entwicklungen in der Marktgemeinde auch stolz ist.

Das Gespräch führteKarin Trouboukis.