Pfaffenhofen
Nach sieben Jahren Vorlauf: Spatenstich für Windpark bei Pfaffenhofen

Ab 2024 wird verbrauchte Strommenge hier auch regenerativ erzeugt – Bürger können Anteile zeichnen

26.04.2023 | Stand 16.09.2023, 23:02 Uhr

Schaufeln nicht um die Wette, aber wie die Wilden: Beim Spatenstich für die Windräder im Förnbacher Forst packen die Vertreter der Bürgerenergiegenossenschaft, von Stadt und Landkreis, der investierenden Firmen Stadtwerke, Daiichi Sankyo und Müllerbräu sowie von Enercon kräftig an. Fotos: Ermert

Im klassischen Sinn festlich ist er nicht gewesen, der Spatenstich für den Windpark im Förnbacher Forst. Zu rustikal mutet das geschotterte Areal mitten im Wald an. Die Bagger stehen bereit, um in den nächsten Tagen mit dem Aushub für das Fundament des WKA 2 – also einer der drei Windkraftanlagen, aus denen der Förnbacher Windpark schon bald bestehen wird – zu beginnen.

 

Spatenstich am Jahrestag von Tschernobyl



Zugig war’s und nicht allzu warm. Rahmenprogramm Fehlanzeige. Zum Essen gingen die Ehrengäste erst nach dem offiziellen Teil. Aber egal. „Dafür ist es umso wichtiger, was wir hier und heute erleben dürfen“, fasste Andreas Herschmann zusammen, um was es ging. Ausgerechnet am Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl – zum dortigen Supergau kam es am 26. April 1986 – endet für die Pfaffenhofener Bürgerenergiegenossenschaft eine Odyssee. Seit sieben Jahren schlagen sich die Bauherren mit den Mühlen der bayerischen Bürokratie, mit 10H und der Anti-Windkraft-Haltung vieler Bürger und führender Politiker herum. Dennoch – und trotz nach wie vor laufender Gerichtsverfahren, die laut Herschmann allerdings kaum noch Aussicht auf Erfolg haben – nimmt der Bau der Anlagen nun Fahrt auf. Nach dem Fällen und Roden, dem Wegebau und dem Vorbereiten der Aufstellflächen für die drei Anlagen werden jetzt die Fundamente gegossen, die Türme errichtet und wohl im Herbst die riesigen Rotoren montiert. „Das ist das letzte Puzzlestück zu 100 Prozent sauberem Strom in ganz Pfaffenhofen“, ruft Herschmann den Gästen entgegen.

Das letzte Windrad vor, das erste nach der Einführung von 10H



Dem BEG-Chef ist es wichtig, den symbolischen Festakt gebührend einzuordnen. „Da drüben“, sagt er und deutet in die Ferne, „dreht sich unser Windrad im Lustholz.“ Es sei das letzte gewesen, das in Bayern vor der Einführung von 10H genehmigt wurde. „Und hier“, fährt Herschmann fort und deutet auf das mit blauer Farbe markierte Rund des künftigen Fundaments, „werden die ersten bayerischen Windräder gebaut, die seit 10H über einen Bebauungsplan neu genehmigt wurden.“

Die BEG hat 1200 Mitgliedern. Die meisten haben sich am Förnbacher Windpark bereits finanziell beteiligt – oder werden es noch tun. Neue Genossen kommen mit ziemlicher Sicherheit hinzu, vermutet Herschmann. „Erst wenn gebaut wird, beginnt der Run so wirklich.“ Über die BEG-Homepage können nach wie vor Anteile am Windpark gezeichnet werden. Insgesamt kostet der Bau der Anlage rund 21 Millionen Euro. Für die Darlehen stellt die BEG eine Rendite zwischen zwei und vier Prozent in Aussicht.

BEG heißt neue Genossen willkommen, die Anteile zeichnen



Für die drei Firmen, die sich den Genossen angeschlossen haben, also Daiichi Sankyo, Müllerbräu und die Stadtwerke, geht es sogar noch um mehr: nämlich um grünen Strom für acht Cent pro Kilowattstunde. „Das ist ein echtes Plus für den Wirtschaftsstandort Pfaffenhofen“, ergänzt Herschmann. Für Stadtwerke-Geschäftsführer Stefan Eisenmann ist der Einstieg in die Stromproduktion sogar ein Meilenstein. „Bisher können wir nur kaufen, verkaufen und verteilen – aber jetzt können wir endlich auch produzieren.“

Zu lernen habe das Unternehmen in diesem Bereich noch viel, räumt Eisenmann ein. „Aber wir packen das an, weil mit dem Energy-Sharing auch die Direktvermarktung von günstigem Strom an die Bürger beginnen kann. Das wird interessant für alle.“ Sagt’s, greift sich einen Spaten und wirft an der Seite der anderen Ehrengästen eifrig mit Sand. Der Weg zum Windpark ist geebnet. „Lang genug hat’s gedauert“, sagt einer, für den kein Spaten übrig war.

Der Weg zum Windpark



Voller Hürden ist der Weg zum Windpark im Förnbacher Forst gewesen. Die Idee kam 2016 auf – im Herbst entschieden die Pfaffenhofener per Bürgerentscheid, dass die Stadt die Bauleitplanung vorantreiben soll.

Die Genehmigung erteilte das Landratsamt nach vielen Auseinandersetzungen mit Windkraftgegnern und artenschutzrechtlichen Auflagen im August 2020. Laut BEG-Vorstand Andreas Herschmann handelt es sich seit Einführung der 10-H-Regel 2014 um den einzigen Windkraft-Bebauungsplan, der genehmigt wurde – und seit 2020 um die einzige Windrad-Genehmigung in Bayern überhaupt.

Im Laufe des Jahres werden drei Enercon-Windräder E-138 errichtet (Nabenhöhe 160 Meter, Rotorspitze 229 Meter), die pro Jahr 22 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugen, also den Bedarf von 4600 Haushalten. Aufs Jahr betrachtet wird in Pfaffenhofen ab der Inbetriebnahme genauso viel Strom regenerativ erzeugt wie verbraucht.

PK