Haben wir das Skifahren verlernt?
In den Bergen ist es in diesem Jahr zu vielen Unfällen gekommen – Sepp Grimps zu den Gründen

Der Schweitenkirchener fährt seit 70 Jahren Ski

01.02.2023 | Stand 17.09.2023, 4:07 Uhr

In den Bergen ist es in diesem Jahr zu vielen Unfällen gekommen. Symbolbild: Scheurer

Schweitenkirchen – Eine Serie von schweren Skiunfällen hat viele Wintersportler zu Beginn des Winters erschüttert. Der 76-jährige Schweitenkirchener Sepp Grimps ist ein leidenschaftlicher und erfahrener Skifahrer. Er führt die vielen Tragödien unter anderem auf die geringen Schneemengen auf den Pisten Anfang Januar zurück.

Ende Dezember starben zwei 17-Jährige im Skigebiet Steinplatte, an Neujahr gab es einen Todesfall und zwei Schwerverletzte im Zillertal und auch Anfang Januar prallten zwei Deutsche ineinander und verletzten sich schwer – alleine am Dreikönigstag passierten 15 schlimme Skiunfälle in Tirol. Wie die Tiroler Polizei mitteilte, starben im November und Dezember vergangenen Jahres 13 Menschen auf Österreichs Pisten, elf davon in Tirol. Trauriger Rekord: So viele Tote gab es noch nie. Da stellt sich die Frage: Haben wir in den vergangenen Corona-Jahren etwa das Skifahren verlernt, als die Pisten und Skigebiete geschlossen hatten?

„Skifahren ist wie Fahrradfahren – das verlernt man nicht“, meint der Schweitenkirchener Josef Grimps. Er kommt ursprünglich aus Österreich und hat über 70 Jahre Erfahrung im Skifahren. Mit dem Ski Club Schweitenkirchen ist er auch noch im hohen Alter auf den Pisten unterwegs. Aber warum passieren dann so viele Unfälle?

Grimps schiebt das auch auf den Klimawandel. Es sei zu wenig Schnee gefallen, und wegen der hohen Temperaturen sei die Kunstschneeproduktion auch nur eingeschränkt möglich gewesen. „Man ist ja fast nur auf dem Eis herumgerutscht“, sagt Grimps. Deshalb gab es seiner Ansicht nach auch so viele Unfälle: „Man rutscht aus, rutscht mit einem anderen zusammen oder kommt von der Piste ab. Man hat keinen richtigen Halt.“

Die Erklärung ist durchaus plausibel und an den genannten Fällen nachzuvollziehen: Die beiden 17-Jährigen, die Ende Dezember tödlich verunglückten, sind über den Rand der Piste geraten und einen Abgrund hinabgestürzt. Auch der Unfall an Neujahr, als drei Frauen fast zeitgleich an gleicher Stelle stürzten, lässt sich mit einer rutschigen Piste durchaus erklären: Die erste der Frauen kam auf einer steilen Piste zu Fall, durchbrach einen Sicherheitszaun und geriet über den Pistenrand hinaus. Die 28-jährige Niederländerin stürzte daraufhin 20 Meter ab und knallte in einen Baum – sie starb an ihren Verletzungen noch an der Unfallstelle. Ihre 27-jährige Begleiterin stürzte nahezu zeitgleich, aber unabhängig von ihrer Freundin, und rutschte ungebremst über den Pistenrand hinaus. Als Dritte rutsche eine halbe Stunde später an gleicher Stelle eine 55-jährige Deutsche mehrere Meter und stürzte über den Pistenrand.

Aber warum bleiben die Pisten denn offen, wenn das Skifahren zu einer einzigen Rutschpartie wird und sich die tödlichen Unfälle häufen? „Das ist eine finanzielle Sache“, meint Grimps. „Die Liftbetreiber lassen die Lifte einfach laufen.“

Laut dem Schweitenkirchener gibt es Leute, die einfach auf die Piste gehen, ohne richtig vorbereitet zu sein. Er selbst bereite sich jedes Jahr zu Hause vor, bevor es in die Skigebiete geht. „Es ist wichtig, dass die Muskeln fit sind“, erklärt der 76-Jährige.

Mittlerweile hat sich die Situation in den Skigebieten gebessert. „Momentan geht’s zum Fahren“, weiß Grimps. Sobald es in höhere Regionen geht, liegt Schnee. Der Schweitenkirchener ist schon seit seinem fünften Lebensjahr auf Ski unterwegs. „Ich bin damals in Österreich mit Ski oder Schlitten in die Schule gefahren“, erinnert er sich. Und noch heute, mit 76 Jahren, ist er um die 30 Tage im Jahr auf den Pisten unterwegs – und die ganze Familie fährt gerne mit. (Foto: Schmid)

PK