Baßstimme bebt
Ukrainischer Opernsänger Roman Ruslan Solty als Gast beim Benefizkonzert in Riedenburg

04.05.2022 | Stand 23.09.2023, 1:39 Uhr

Begleitet von Christoph Preis am Flügel bewies der ukrainische Opernsänger Roman Ruslan Solty seine Stimmgewalt. Mit seiner mächtigen Baßstimme sang er Lieder aus seiner Heimat. Fotos: Rast

Mit dem in der Ukraine tobenden Krieg soll diese alte eigenständige Kulturnation ausgelöscht werden, daran lassen die Herrschenden im Kreml keinen Zweifel.

Am Freitagabend wurde der drohenden Vernichtung der ukrainischen Identität in Riedenburg ein unüberhörbares Zeichen entgegengesetzt. Mit inbrünstiger Baßstimme schmetterte der ukrainische Opernsänger Roman Ruslan Solty Weisen aus seiner Heimat und ließ die Dreiburgenhalle erbeben.



Fast atemlos verfolgten die knapp 100 Besucher die einzigartige Darbietung. Tief ergriffen lauschten auch einige ukrainische Flüchtlinge, die erst vor einigen Tagen in Riedenburg angekommen waren, den vertrauten Klängen. Begleitet wurde Solty am Piano von Christoph Preiß, einem Schüler des Riedenburger Komponisten Franz Hummel.

Ein emotionaler Abend

Es war ein Abend der tiefen Emotionen. Denn kurz vor dem Beginn des Konzerts schob Susan Oswell ihren Mann Franz Hummel im Rollstuhl in die erste Reihe. Das Paar wurde mit warmem Applaus empfangen. Es war Hummels erster öffentlicher Auftritt seit vielen Monaten. Denn der 83-Jährige ist körperlich schwer gezeichnet, seinen wachen Geist und trockenen Humor hat er aber dennoch nicht verloren. So wollte er es sich nicht nehmen lassen, seine beiden „jungen Genies“, wie er sie im Gespräch mit unserer Zeitung nannte, zu erleben. Denn neben Preiß war mit Yojo Christen aus Altmannstein noch ein weiterer Spitzenpianist am Werk, der ebenfalls Hummels Meisterklasse entwachsen ist.

Die Rolle des „Anheizers“ beim Konzertabend spielte mit dem für ihn typischen Überschwang Yojo Christen. Auf Joseph Haydns Klaviersonate in F-Dur folgte Ludwig van Beethovens Klaviersonate Nummer 8, die „Pathétique“. Und Pathos im Ausdruck zu generieren, ist für den 25-Jährigen, der schon bei Konzerten in Japan bejubelt wurde, eine der leichtesten Übungen.

Arien auf Ukrainisch

Dann folgte ein Personaltausch am Flügel. Schwelgerisch und gefühlvoll begleitete Christoph Preiß die traurigen Arien, die Solty in ukrainischer Sprache vortrug. Er stammt aus Iwano-Frankiwsk in der Westukraine, lebt seit vier Jahren in Deutschland und ist derzeit am Regensburger Stadttheater engagiert. Dankbarerweise erklärte der 37-Jährige dem Publikum die Inhalte seiner Lieder, die sich um den Ruhm der berühmtesten ukrainischen Bruderschaft, natürlich die legendären Kosaken, drehten. Lang anhaltender Beifall belohnte die Künstler.

In der Pause bildete sich eine Menschenschlange an Franz Hummels Platz. Viele Besucher nutzten die Möglichkeit, einige Worte mit dem Maestro zu wechseln.

Klavierstücke runden das Konzert ab

Danach gehörte das Piano alleine Christoph Preiß. Mit faszinierendem Einfühlungsvermögen intonierte der junge Musiker Ludwig van Beethovens Klaviersonate Nummer 28 und die Ballade Nummer 4 von Frédéric Chopin. Dann schritt erneut Solty auf die Bühne. Zum großen Finale hatte er sich ein Hemd mit charakteristischen ukrainischen Stickereien übergestreift, ein Gruß an die Heimat. Er sang lyrische und teils lustige Lieder aus den Karpaten, die von Eichenhainen und Musikern erzählten, die von Dorf zu Dorf ziehen, sowie von den dort lebenden schönen Mädchen. Minutenlang feierte das Publikum Solty für dieses versöhnliche Ende.

Bürgermeister Thomas Zehetbauer erinnerte an den traurigen Anlass des Benefizkonzerts, dessen Einnahmen voll der Ukraine-Hilfe zufließen. Alle Künstler verzichteten auf ihre Gage. Es herrsche Krieg mitten in Europa, sagte Zehetbauer und erinnerte an die Millionen Menschen, die täglich um ihr Leben und ihr Land bangen würden. Dieses Grauen mache aber bewusst, welch unglaublicher Wert der Frieden ist. Dieses wundervolle Konzert für die leidende Ukraine stelle ein „Glanzstück“ für Riedenburg dar. Die örtliche Kulturbeauftragte Karin Dachs sprach von einem „Abend zwischen Lachen und Weinen“. Sie lobte die ergreifende Leidenschaft aller drei Künstler.

Im Publikum herrschte Einigkeit, einen unwiderlegbaren Beweis für den Reichtum der ukrainischen Kultur erlebt zu haben. Nach dem Konzert sagte Solty unserer Zeitung: „Ich kann nicht schießen, nur singen. Deshalb kann ich durch meine Kunst mehr für mein Land tun als daheim an der Front.“

rat