Dietfurt
Krachmacher in kaiserlicher Mission: Seit 70 Jahren ziehen die Weckrufer am Unsinnigen durch Dietfurt

07.02.2024 | Stand 07.02.2024, 12:42 Uhr

Vorwiegend als Clowns verkleidet sind die Weckrufer vom Dietfurter Fasching nicht wegzudenken. Fotos: Hradetzky

Der Dietfurter Weckruf feiert in diesem Jahr sein 70-jähriges Bestehen. Er ist längst zur Institution geworden und vom Dietfurter Fasching nicht wegzudenken. Mitten in der Nacht zieht eine rund 30-köpfige Gruppe mit viel „Lärm und Getöse“ kreuz und quer durch Bayrisch-China. Dabei holen sie alle Dietfurter aus den Federn, um mit schallendem Lärm den Beginn des Unsinnigen kund zu tun.

Erste Weckrufer schon vor dem Zweiten Weltkrieg

Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg hatte sich eine kleine Gruppe von Männern zusammengetan und war mit Rasseln und anderen Lärminstrumenten durch die Stadt gezogen. Maßgeblich beteiligt waren Andreas Wiedl und Lukas Pfaffelhuber. Nach dem Krieg wurde diese Tradition wieder ins Leben gerufen. Die erste Kaiserkrönung in Bayrisch-China war 1954, damals bestieg Egid Prock als Ma-Ler-Gi den Thron. Sie war so ein großartiges Ereignis, dass es mit einem Weckruf eingeläutet wurde. Dieses Wecken mit Instrumenten, Gerassel, Lärmwerkzeugen und später mit Kanonenschlägen und einer selbst gebauten Ratsche – gestiftet von Zimmerermeister Sebastian Deisenrieder – fand so großen Zuspruch, dass es von Jahr zu Jahr wiederholt wurde und dabei gewachsen ist. Von ursprünglich acht Mann erweiterte sich der Weckruf samt Musikanten auf über 30 Personen.

Nachdem Dietfurt im Laufe der Zeit größer wurde, ist auch der Weg länger geworden, den die Weckrufer zurücklegen müssen. Start ist am Unsinnigen Donnerstag um 1 Uhr bei Kam Wing. Der Wirt des Chinarestaurants Sieben-Täler serviert den Männern eine original chinesische Suppe. Zwei Stunden nach Mitternacht schlängelt sich der bunte Haufen Richtung Innenstadt.

Erste Station ist das Haus des „Geyer Boda“, sprich des gestorbenen Friseurs und Kaisers Bo-Da-Washy Hans Geyer, der 1954 zu den Mitbegründern des Weckrufs gehört hatte.

Bei Faschingsorganisator Himmler gibt es Würstl

Dann geht es Richtung Max- und Weiherstraße, wo bei Faschingsorganisator Thomas Himmler Würstl die lustigen Maschkerer erwarten. Hier und dort wird ein Ständchen geträllert, ein dreifaches Killewau geschmettert und die Chinesenhymne hinauf- und hinuntergesungen. Manchmal werden gute Gaben vor der einen oder anderen Haustür postiert, welche die Weckrufer als kleine Spende sehr gerne mit einpacken.

Zurück in Richtung Innenstadt steht ein Einkehrschwung bei der ehemaligen Obermandarine Cao-Lin – der ehemaligen Bürgermeisterin und jetzigen Stadträtin Carolin Braun (SPD) – auf dem Programm. Weiter geht es Richtung Siedlung hin zur Hohen Straße, hinauf in Richtung Blumenstraße und ins Wohngebiet beim Freibad. Unterwegs werden Honoratioren der Stadt, ehemalige Stadtratsmitglieder oder ehemalige Kaiser besucht.

Für Geburtstagskinder, die noch verschlafen in der Haustür stehen, springt ein Ständchen heraus. So viel Zeit muss sein, selbst wenn die Strecke, die sie in dieser Nacht zurücklegen, mitunter um die 13 Kilometer beträgt. Auch ein Aufwärm-Schnapserl darf schon mal dabei sein, schließlich ist der Weckdienst oft bei klirrender Kälte und unwirtlichen Wetterverhältnissen unterwegs. Mit dabei und fröhlich geschwungen wird auch immer die prächtige Weckruf-Fahne aus dem Jahr 1981 von Erwin Skarke. Schon 1977 gab es eine Fahnenweihe bei den Weckrufern. Passend dazu lautete das Motto für den Unsinnigen: „Tschunquei, Tschunquei – der Kaiser ruft zur Fahnenweih!“ Diese Fahne ist in der China-Ausstellung im Dietfurter Rathaus zu sehen.

Am Berg oben angelangt, steht eine Gulaschsuppe bei Bürgermeister Bernd Mayr (FW) und seiner Frau Antje auf dem Tisch. Frisch gestärkt ziehen die munteren Gesellen weiter durch die Straßen, Richtung Hainsberger Straße, Sudentenstraße und weiter zum Franziskanerkloster, wo sie gegen 6.15 Uhr ankommen. Einkehr ist zuvor auch beim Weckruf-Vorsitzenden Michael Heislbetz zu Kaffee, Getränken und Kuchen. Auch der Stadtpfarrer und Pi-Pri-May, die Tourismuschefin Pia Pritschet, werden aus den Federn geholt. Hier warten wiederum wärmende Heißgetränke auf die Weckrufer.

Schließlich geht es weiter in die Stadtmitte, die Hauptstraße und Griesstetter Straße entlang, zum Kaiserpaar DaKaRe und DiMucki, das sie sehnsüchtig erwartet. Der Weckruf zieht weiter in Richtung Café Plank, um auch noch am Stadtrand für Lärm zu sorgen und die letzten Schlafmützen aus dem warmen Bett holen. Zurück stellen sich die Weckrufer ab Höhe des Friedhofs ordentlich in Zweierreihen auf und marschieren, die Fahne voraus, die Kanone ganz hinten, feierlich in die Stadtmitte. Flugs eingekehrt wird noch bei einer örtlichen Metzgerei und Bäckerei, um dort schnell noch die feinen Chinakrapfen zu verköstigen. Als weitere Station wird der Kindergarten besucht, wo die Weckrufer zusammen mit dem kaiserlichen Nachwuchs die Chinesenhymne singen.

Am Vormittag stehen noch Abstecher ins Seniorenheim Bruder Balthasar Werner und in die Grund- und Mittelschule auf dem Programm. Sonnenklar ist auch die Teilnahme des Weckrufs am Umzug, dazu gehört schon eine gehörige Portion Durchhaltevermögen, aber Tradition verpflichtet eben.

Jubiläumsfeier steigt am 2. März

Das Jubiläum wird nach einer kurzen Regenerationsphase am 2. März gemeinsam mit allen Aktiven und Ehemaligen ordentlich gefeiert. Nach einem Gruppenfoto geht es zur Feier in ein Dietfurter Lokal, wo eine große Bilderschau gezeigt wird. Der Weckruf würde sich daher heuer bei seinem Zug durch Dietfurts Straßen über Geldspenden freuen, die für das Fest verwendet werden.

DK