Dietfurt
Doppelnutzung ausdrücklich erwünscht

Fachmann informiert in Dietfurt über die Möglichkeiten und Chancen der Agri-Photovoltaik

04.08.2022 | Stand 22.09.2023, 20:19 Uhr

Unter den Modulen könnten auch Gemüse oder Kartoffeln gedeihen. Foto: Archiv

Dietfurt – Zu einer Informationsveranstaltung über die Doppelnutzung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen hat die Bürgerinitiative gegen die Stromtrasse Dietfurt geladen. Anlagenbauer Stephan Zäh aus Gunzenhausen informierte Interessierte über die Möglichkeiten von Agri-Photovoltaik und die verschiedenen Nutzungssysteme.

Seit 2007 beschäftigt sich Zäh bereits mit dem Thema Photovoltaik für Dächer und Freiflächenanlagen. „Ich habe 2009 als einer der ersten im Landkreis eine Anlage für den Eigenverbrauch gebaut, denn damals war dies ein völlig neues Thema“, erklärte er.

Gemeinden haben die Planungshoheit

Seither habe sich viel getan. Prinzipiell habe beim Bau von Freiflächenanlagen immer die Gemeinde die Planungshoheit. Dem Aufstellungsbeschluss im Stadtrat folge stets „eine lange Reise“. Es müssten Landschaftsplaner hinzugezogen werden, Artenschutz- und Bodengutachten und vieles mehr erstellt werden, bis zum Planverfahren. Bis hin zum endgültigen Beschluss, ob eine Anlage genehmigt wird oder nicht, würden oft Jahre vergehen, erläuterte der Fachmann.

Mittlerweile würden immer mehr Kommunen auf eine Doppelnutzung setzen, wie sie von Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger (FW) gefordert wird. „Hier wird echte Pionierarbeit geleistet. Wertvolle landwirtschaftliche Fläche wird zur Erzeugung von Nahrungsmitteln und Solarenergie genutzt“, so Zäh, „ein wichtiger Beitrag zur Energiewende“.

Zäh erklärte, dass es viele Möglichkeiten gebe, die Fläche unterhalb von PV-Anlagen landwirtschaftlich zu nutzen. Doch bestünden für die Landwirte oftmals aufgrund der bisherigen Gesetzeslage behördliche Hindernisse. So müsse etwa das Schnittgut unterhalb von PV-Anlagen, das nicht gedüngt werden darf, nach dem Mähen mit dem Messerbalken abgefahren werden.

Bei Blumenwiesennutzung ist die jeweilige Saatgutmischung vorgegeben und beim Abmähen muss eine exakte Mähstreifeneinteilung befolgt werden, um die Lebensräume von Wiesenbrütern zu schützen. „Das ist alles extrem schwierig, hier müssen die Dinge unbedingt vereinfacht werden“, so der Experte. Oft sei von den Landratsämtern das Belassen von Totholz und Steinhaufen gefordert. Dennoch findet Zäh, dass PV-Anlagen ohne Doppelnutzung verboten werden sollten.

Dann präsentierte er die verschiedenen Systeme, die entwickelt wurden, um Agri-PV zu betreiben, wie zum Beispiel die senkrechten Module, wie vom Bauernverband gefordert, die bis zu vier Meter hoch wären, mit riesigen Abständen zueinander. Bei diesen bifazialen – wörtlich übersetzt zweigesichtigen – Modulen sei allerdings die Ausbeute nicht die optimale, so Zäh, daher seien die horizontalen zu bevorzugen.

Möglich seien Photovoltaik-Systeme, unter denen Gemüse angebaut werden könnte oder – wie im Raum Hilpoltstein − wo unter der Anlage Kirschbäume stehen.

Solarmodule als Schutz vor Regen und Hitze

Die Überbauung biete somit Schutz vor Regen und Hitze. Beim Gemüseanbau müssten die Module verschiebbar sein. Viele Systeme mit verschiedenen Durchfahrtsbreiten, Ost-West-Ausrichtung und verschiedenen Höhen seien denkbar und könnten individuell und flexibel je nach Bedarf von Landwirten konstruiert werden. So hat Zäh mit seinem Team für Biolandwirt Josef Braun eine Anlage geschaffen, unter der Luzerne als Alternative für Mais für Biogasanlagen angebaut werde.

Nach dem Vortrag blieb noch genug Zeit für einen regen Austausch über Themen wie die Speichermöglichkeiten von Strom oder die Einspeisung von selbst erzeugtem Strom von Privatleuten in vorhandene Systeme, die bislang nicht ausgereift wären. „Wir brauchen die kleinen Verteilnetze für die erneuerbaren Energien – nicht große Überlandleitungen“, stellte Sigrid Schindler vom Bund für Naturschutz fest. Hierin waren sich alle einig.

khr