Dietfurt
Der lange Weg zum Immateriellen Kulturerbe

23.03.2024 | Stand 23.03.2024, 5:00 Uhr

Das Treideln auf dem Ludwig-Main-Donau-Kanal zwischen Kelheim und Bamberg hat es auf die bayerische Liste des Immateriellen Kulturerbes geschafft. Fotos: Röhrl/Kerl/Göthel

Seit Dienstag ist der Freistaat Bayern um 13 Immaterielle Kulturerbe reicher. Unter den Landkreisen, die mit diesen besonderen Auszeichnungen bedacht wurden, ist auch der Kreis Neumarkt. Mit dem Chinesenfasching und dem Treideln auf dem Ludwig-Main-Donau-Kanal war er gleich zweimal vertreten.

Der Erfolg hat bekanntlich viele Väter beziehungsweise Mütter. Eine Frau, die maßgeblich daran beteiligt war, ist Katrin Hradetzky. Die Dietfurterin hat als Mitarbeiterin in der Tourist-Info der Stadt Berching den langen und schwierigen Weg beider künftiger Kulturerbe von Anfang an maßgeblich begleitet.

„Unser Grundgedanke war, zunächst das Treideln für die Aufnahme in die bayerische Liste anzumelden“, erzählt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. Für diese Tradition, bei der ein Schiff von einem Pferd gezogen wird, das am Ufer läuft, rechnete man sich durchaus Chancen aus. Entstanden in den 1840er-Jahren und zwischen Kelheim und Bamberg verbreitet, geriet das Treideln nach Aufgabe des Kanals als offizielle Wasserstraße 1950 in Vergessenheit. Ende des 20. Jahrhunderts wurde es zur touristischen Nutzung wiederbelebt, zunächst im Landkreis Neumarkt und dann im mittelfränkischen Landkreis Nürnberg Land.

Hradetzky, die in Regensburg Kulturwissenschaften studiert hat, traf in dieser Sache Helmut Groschwitz wieder, einen ehemaligen Kommilitonen. Er war zwischenzeitlich an der Beratungsstelle für Immaterielles Kulturerbe beschäftigt und damit der perfekte Ansprechpartner in dieser Sache. „Er hat uns von Anfang an mit Rat und Tat zur Seite gestanden“, erzählt Hradetzky.

Zwischenzeitlich stand fest, dass die Stadt Dietfurt ihren Chinesenfasching ebenfalls ins Rennen schicken würde. Bürgermeister Bernd Mayr (FW) musste sich in dieser Zeit mit den Vorwürfen des Yellowfacings und der kulturellen Aneignung herumschlagen. Er erkannte in dem Vorschlag von Hradetzky die Chance, Kritikern die Basis für ihre Vorwürfe ein für alle Mal zu entziehen.

Groschwitz hatte von Anfang an dem Chinesenfasching, für den man die Aufnahme in die Liste eigentlich „nur probieren“ wollte, größere Chancen eingeräumt.

Damit begann eine monatelange intensive Arbeit. Ausgewertet wurden alle zur Verfügung stehenden Quellen. Unter anderem zog man für den Chinesenfasching alte Fotos und die Zulassungsarbeit einer Lehramtsstudentin zum Chinesenfasching heran.

Weil Gegenwart und Zukunft für ein Immaterielles Kulturerbe genauso wichtig sind wie die Vergangenheit, kam Groschwitz nach Dietfurt. Er setzte sich mit Rathauschef Mayr, mit dem Tourismus-Chef Thomas Himmler und mit Karl und Regina Donauer als amtierendes Kaiserpaar zusammen. Den Unsinnigen 2023 erlebte er schon zu nachtschlafender Stunde mit den Weckrufern und besuchte zusammen mit den Donauers am Vormittag des Unsinnigen Schule und Kindergarten.

Im Sommer 2023 kam er dann noch einmal, um sich das Treideln anzuschauen. Als am 31. Oktober die Einreichungsfrist endete, lag mit den Bewerbungen für Chinesenfasching und Treideln hinter Hradetzky und ihren Helfern eine ebenso stressige wie arbeitsreiche Zeit.

Umso größer war die Freude bei allen Beteiligten, als sie am Dienstag von Finanz- und Heimatminister Albert Füracker (CSU) die Nachricht erhielten, dass es sowohl der Fasching als auch das Treideln auf die Liste geschafft hatten.

Bei einem Festakt im Atrium der Staatskanzlei in Nürnberg im Juli soll die Aufnahme der 13 neuen Kulturerbe offiziell gewürdigt werden. Schon vorher gibt es ein Symposium anlässlich des Jubiläums „Zehn Jahre Immaterielles Kulturerbe“. Es findet am 13. April im Freilandmuseum Oberpfalz in Neusath-Perschen statt. Hier wird Katrin Hradetzky bei einer Podiumsdiskussion zum Chinesenfasching von ihren Erwartungen und Erfahrungen berichten.

Der Eintrag in die Bayernliste beinhaltet übrigens nicht automatisch die Aufnahme in die Bundesliste. Hierfür ist ein eigenes Bewerbungsverfahren erforderlich. Das 17 Seiten umfassende Formular hat Hradetzky schon vorliegen. Damit wird ihr die Arbeit so schnell sicher nicht ausgehen.

uke