Dietfurt
Böse Geister treiben bei Raunachtführung in Dietfurt ihr Unwesen

19.12.2023 | Stand 20.12.2023, 10:32 Uhr

Gruppenbild mit Schauspielern, Erzählerinnen und den Altmühltaler Bergdeifl‘n. Fotos: Grad

In ein paar Tagen beginnen sie, die früher gefürchteten Raunächte, die auch jetzt noch bei manchen Leuten ein mulmiges Gefühl erzeugen. Zwölf Nächte, entweder vom 21. Dezember oder 24. Dezember gerechnet, in denen böse Mächte aus der „Niemandswelt“ ihr Unheil treiben. Besonders dann, wenn man sich nicht strikt an die überlieferten Vorgaben hält.

Daniela Palm bemerkte schon als Kind eigenartiges Tun der Großeltern in diesen Tagen. Zusammen mit Katrin Hradetzky forschte sie nach und beide fanden vieles, das in den zwölf Nächten unbedingt zu beachten war.

Die Idee einer Führung mit Spielszenen war geboren, wurde im größeren Kreis entwickelt und zur Aufführungsreife ausgebaut. Dietfurter Theaterspieler und Gästeführer treten auf, die Perchten sind dabei und für die Technik steht der Kulturverein Töging zur Seite. Inzwischen schon einige Male aufgeführt, fand sie jetzt wieder zweimal statt und die „Reise durch die Raunächte“ ist zur Attraktion geworden. Aus Köln, St. Augustin bei Bonn, Regensburg und natürlich aus Dietfurt und Zell ließen sich Interessierte auf das „Abenteuer Raunacht“ ein.

Hannelore Spangler-Schäfer und Daniela Palm steuern mit der 30-köpfigen Gruppe jeweils die Stationen an und erklären die Szenen. Eine junge Frau (Fiona Böhm) sitzt am Spinnrad, die Mutter (Andrea Schäffer-Rauh) kommt und warnt: „Hör auf, komm rein, Spinnen ist jetzt verboten!“ Etwas aufmüpfig bleibt das Mädchen sitzen, sieht per Videoeinspielung das gefährliche Treiben wilder Geister und verzieht sich doch lieber ins Haus. Am Kulturhaus raucht es. Feuer? Nein, Raunächte haben mit Räuchern zu tun. Da geht eine Tür auf, Vater Stefan Graf hat eine eiserne Kehrschaufel in der Hand und klärt auf: „Alles muss sauber sein und dann wird geräuchert.“

Allerhand trockene Kräuter legen er und Sohn Laurenz auf glühende Kohlen gestreut und Rauch und Düfte steigen auf und vertreiben die Geister. Bei den Kunsttürmlern versperren Betttücher, an Wäscheleinen aufgehängt, den Weg, zwei Perchten verpassen milde Schläge, dann finden sich alle bei zwei eifrigen Waschweibern wieder.

Katrin Hradetzky und Silvia Drexler hantieren vergnügt am Waschzuber, bis eine ältere Frau erscheint. Rosi Semmler schimpft und warnt die jungen Waschweiber: „Ja nicht Wäsche waschen in dieser Zeit und auch nicht aufhängen. Die Geister bringen nur Ungemach.“ Da stürzt ein Mann herbei, jammert und schreit und ruft vor starkem Zahnweh nach dem Bader. Doch der lässt sich nicht blicken. Rasieren, die Haare schneiden und eben mal einen Zahn ziehen sind verboten. Jammernd und weinend bleibt der Arme (Michael Rakos) zurück. Jetzt wird es gruselig! Vor dem Eingang zum Friedhof des Franziskanerklosters bleibt die 30-köpfige Gruppe stehen. In diesen Nächten greifen zu früh Verblichene aus den Gräbern. Da tauchen zwei Gestalten (Hans Schäfer, Horst Semmler) auf. „Angetrunken“ torkeln sie quasselnd die Friedhofsmauer entlang, da stürzt einer vor dem Eingangstor über einen großen Ast. Oder waren es Knochen? Ausrede des Betrunkenen für daheim: Die „Wüdgoch“, die wilde Jagd hat mich hingeschmissen. So entstehen Geistergeschichten! An der vorletzten Station wartet der Bischof Nikolaus (Gerd Hentsch) mit dem Krampus (Birgit Limbach). Aus dem goldenen Buch liest er vor von Liebe und Gutsein und wie er als Kind daheim ein Kripperl gebaut und süße Plätzchen gesucht hat und gerne Geschichten zugehörte und das Christkind gesehen hat. Er wünschte allen, innerlich aufzuräumen und mit Zuversicht ins neue Jahr zu gehen. Dann verschwinden wieder die dunklen Dämonen und die wilde Jagd kommt zur Ruhe. Zuletzt ging‘s zum Franziskuspark. Dort legten die Altmühltaler Bergdeifl‘n mit Feuer, Rauch, Glockenscheppern, Schubsen und Stoßen eine „Wilde Jagd“ hin. Dann versammelten sich alle zu eine Tasse Glühwein und die „Dämonen“ wurden friedlich und kamen zur Ruhe.

grj