Nachruf
Zum Tod des Trompeters Dusko Goykovich, der oft im Neuburger Birdland auftrat

10.04.2023 | Stand 16.09.2023, 23:48 Uhr

Starb im Alter von 91 Jahren: Dusko Goykovich. Foto: Leitner

Der Trompeter, Flügelhornist, Komponist, Arrangeur und Bandleader Dusko Goykovich ist am 5. April im Alter von 91 Jahren in seiner Wahlheimat München verstorben. Mit ihm hat sich einer der ganz Großen seines Faches aus der Welt des internationalen Jazz von seinen Fans und Freunden verabschiedet.

Wer ihn je persönlich traf oder ihn bei einem seiner Auftritte beobachtete, wäre aufgrund seiner legeren, bescheidenen Art nie auf die Idee gekommen, einen der großen Stars des Jazz vor sich zu haben. Setzte er freilich sein Instrument an den Mund, offenbarte sich sofort seine Klasse. Dizzy Gillespie bezeichnete ihn als „a hell of a trumpet player“, einen höllisch guten Trompeter also, denn es gab wohl nur wenige Kollegen, denen es gelang, auf vergleichsweise uneitle Weise scheinbar ohne jegliche Kraftanstrengung dermaßen formvollendete Töne zu kreieren. Er war ein echter Gentleman des Jazz und sein Name stand immer für besondere Eleganz und enorme Strahlkraft.

Geboren wurde Dušan „Duško“ Goykovichć 1931 im heutigen Bosnien, wuchs in Belgrad auf, hörte heimlich im Radio „The Voice Of America“, was im damals sozialistischen Jugoslawien verboten war. Bald spielte er in Tanzkapellen und blieb nach einem Konzert in Frankfurt im Westen. In den 1960er Jahren hielt er sich vorwiegend in den USA auf und arbeitete dort in den Big Bands von Maynard Ferguson und Woody Herman. Bald jedoch kehrte er nach Deutschland zurück, weil er hier bessere Voraussetzungen sah, seinen eigenen Stil zu entwickeln. „Play your own thing!“ hatte ihm Miles Davis mit auf den Weg gegeben. An dieses Plädoyer für die künstlerische Freiheit hielt er sich, auch als Mitglied der Orchester von Max Greger und Kurt Edelhagen.

Mit dem Tod Goykovichs hat die Welt des Jazz einen großen Trompeter verloren und viele, die mit ihn beruflich zu tun hatten, einen guten Freund. In unserer Region wird man ihn besonders schmerzlich vermissen, war er doch regelmäßig hier zu Gast. Er stand auf der Bühne, als der Neuburger Birdland Jazzclub 1991 nach all den Jahren ohne eigenes Domizil im Keller unter der ehemaligen Hofapotheke erstmals die Türen eines eigenen festen Veranstaltungsorts eröffnete, er war es, der all die Jahre seither nahezu regelmäßig nach der Sommerpause die alljährliche Konzertsaison des Clubs eröffnete. Am 26. November 1994 spielte er dort das Album „Live At Birdland“ ein, das auf dem cubeigenen Label erschien, und am 15. und 16. September 2017 nahm er in Neuburg die hoch gelobte CD „Re:Bop“ auf. 2019, kurz vor dem Lockdown, konnte man ihn schließlich als Gaststar der renommierten RTS Radio Belgrad Big Band, der er selbst einige Zeit vorstand, im Ingolstädter Audi Forum erleben.

Wäre er beispielsweise als Jimmy Palmer mit amerikanischem Pass geboren worden und nicht als Dušan „Duško“ Goykovich mit einem jugoslawischen, wäre seine Karriere sicherlich anders verlaufen, sagte er einmal. Oder wenn er zugesagt hätte, als Miles Davis, Duke Ellington und Count Basie ihn für ihre Bands verpflichten wollten.

Er aber blieb in Europa, ließ sich in München nieder, heimste hier reihenweise Preise wie etwa 2014 den Jazz Echo oder 2015 den Münchener Musikpreis ein und ließ dem hiesigen Publikum das Privileg zuteil werden, ihn live spielen zu hören. Es war jedes Mal ein Genuss, es waren unvergessliche Momente. Sein Tod ist ein herber Verlust für alle vor Ort und die gesamte Welt des Jazz.

DK