Rettung in letzter Minute
Wolfgang Girstmair wird beim Theater in Oberhausen ungewollt zum Helden des Abends

28.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:23 Uhr
Ralf Schmitt

Wolfgang Girstmair sprang kurz vor der Aufführung ein. Foto: Schmitt

Fast wäre die Premiere der Theatergruppe Oberhausen mit dem Drei-Akter „Mucks Mäuserl Mord“ von Ralph Wallner ins Wasser gefallen. Manuel Stöckl, er war schon bei den letzten Proben unter Schmerzen auf Krücken gegangen, musste am Freitag ins Krankenhaus. Jetzt war die Not bei den Theaterfreunden Oberhausen groß. Eine Anfrage bei vier anderen Vereinen, die zurzeit das gleiche Stück spielen, ob man sich den Schankkellner „Fassl“ ausleihen könne, blieb ohne Erfolg. Es wurde sogar in Erwägung gezogen, einen Ersatzmann mit dem Textbuch in der Hand spielen zu lassen.

In einem, und da war sich das ganze Team sicher: Eine Absage wird es auf keinen Fall geben. Wolfgang Girstmair, ein „alter Fuchs“ auf der Bühne, zögerte nicht lange und meldete sich freiwillig. Eigentlich für die Technik zuständig, schnappte er sich am Freitag keine 30 Stunden vor der Premiere das Textheft und begann seine Rolle zu lernen – nicht unbedingt eine Kleinigkeit bei 140 Einsätzen. Obwohl das Premierenpublikum darauf hingewiesen wurde, dass eine Rolle notbesetzt werden musste, fiel nur den wenigsten auf, welche Rolle damit gemeint war. Das war nicht zuletzt der Verdienst der Souffleuse Luisa Stemmer. Obwohl erstmals in dieser Verwendung eingesetzt, hat sie am Samstag ihre „Feuertaufe mit Bravour bestanden“, so der Vorsitzende Hermann Steger begeistert über deren Leistung.

Gewinner durften auf einer Loge Platz nehmen



Doch bevor sich der Vorhang zur Aufführung hob, hatte Steger noch eine offizielle Amtshandlung zu vollziehen. Zur jährlichen Mitgliederversammlung wird unter allen Neuaufnahmen immer der Gewinner eines ganz besonderen Preises ausgelost. Diesmal war die Glückliche Maria Outos aus Oberhausen. Auf ihren Gewinn musste sie allerdings corona-bedingt drei Jahre warten. Am Samstag war es endlich soweit. Sie und ihre Mutter durften auf einer eigens aufgebauten Loge Platz nehmen. Der Eintritt war frei und zusätzlich bekamen die beiden Sekt und Häppchen gereicht.

Damit waren sie gut auf die roten Gummistiefel im „Roten Hirschen“ von Oberhausen vorbereitet. Diese Stiefel waren nämlich das auffälligste, was einer der Wirtshausgäste dort trug. Noch auffälliger als diese Gummistiefel war allerdings das Bühnenbild. Ein altes Kellergewölbe unter einem Wirtshaus, schmutzig, unaufgeräumt und voll mit Spinnweben bot sich da den Zuschauern. All diese negativen Attribute müssen aber als äußerst positiv gewertet werden. In jedem einzelnen ausgewählten und durchdacht platzierten Requisit, zeigte sich das Herzblut, welches die Theatergruppe immer wieder in den ersten Eindruck den der Betrachter gewinnt, investiert. Gerne arbeiten die Verantwortlichen in Oberhausen auch mit einer Nebenbühne. In diesem Fall wurde da das Gasthaus selbst dargestellt. Auch hier wurde nicht an Ideenreichtum und Kreativität gespart. Um eine gekonnte Illumination der Gesamtbühne und den guten Ton kümmerte sich Reinhard Peiker.

Ideal besetzt



Das Stück begeisterte das Publikum mit Witz, rasanten Spielszenen und deftigen Dialogen. Spaßig, mitreißend, turbulent und mit vielen überraschenden Aspekten amüsierten sich die Zuschauer köstlich bei dem bayerischen Wirtshauskellerkrimi mit Einbruch, Mord, Intrigen aber auch einem Schuss Liebesgeplänkel. Häufiger Szenenapplaus belohnte den Autor sowie die Schauspieler. Die darzustellenden Charaktere waren alters- und temperamentgerecht ideal besetzt. Ganz besonders gilt das für Wolfgang Girstmair und seinen Kollegen Manuel Stöckl. Das Zusammenspiel der Darsteller kann trotz der widrigen Umstände getrost als harmonische und geschlossene Mannschaftsleistung bezeichnet werden. Alle Akteure spielten nicht nur mit-, sondern auch füreinander.

Restkarten für die Vorstellungen am 31. März und 1. April um 19.30 Uhr sind unter (08435) 943660 verfügbar. Das Ticket kostet 8 Euro. Um die Spannung nicht aus den noch ausstehenden Vorstellungen zu nehmen, war der Wunsch der Spielleiterin Anna Pfaller an das Premierenpublikum: „Seid’s bitte mucksmäuserlstill über das, was ihr heute hier gesehen habt.“

DK