Neuburg
Wenn ein Schachspiel eskaliert

24-Jähriger wird zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt

31.08.2022 | Stand 22.09.2023, 6:11 Uhr

Einige Vergehen hat sich der 24-Jährige in kurzer Zeit geleistet. Foto: Schneider

Von Nicole Gigler

Neuburg – Der Angeklagte Alex W. (24) hat sich im Neuburger Amtsgericht am Mittwoch gleich zwei Anklageschriften stellen müssen: zum einen wegen eines Autounfalls, zum anderen wegen einer Schlägerei.

Bevor die Anklage jedoch verlesen werden konnte, hieß es im Gerichtssaal: warten. Die Dolmetscherin des aus Neuburg kommenden Angeklagten verspätete sich. Ein weiterer Zeuge und Nebenkläger, Leon U., hatte eine eigene Dolmetscherin. Ein anderer Zeuge hatte weder Deutschkenntnisse noch eine Dolmetscherin. „Ein Babylonisches Sprachengewirr“, wie Richter Veh sagte, tat sich an diesem Tag im Gerichtssaal auf.

Schließlich, mit 30 Minuten Verspätung, die Verlesung der Anklageschriften: Am Abend des 18. Februar kam W. mit seinem Opel Astra und 0,8 Promille im Blut in Rennertshofen in einer Linkskurve von der Straße ab. Dabei prallte er mit seinem Wagen gegen einen Baum. Sein Beifahrer verletzte sich „erheblich“ und brach sich den Mittelfußknochen. Der Angeklagte kam mit leichten Prellungen und Schnittverletzungen davon.

Dennoch könnte man sagen „glimpflich ausgegangen“, ist das Auto doch, wie der verantwortliche Polizist später im Zeugenstand aussagte, „komplett in Flammen“ gestanden. Zudem stellte sich heraus, dass der polnische Führerschein von W. in Deutschland nicht zugelassen war. Anklagepunkte: fahrlässige Körperverletzung, Fahren unter Alkoholeinfluss und Fahren ohne Fahrerlaubnis. Hierbei zeigte sich W. geständig. Und auch der Polizist bestätige, dass W. am Unfallort „höchst kooperativ“, war.

Anders sah das jedoch bei Anklage Nummer zwei aus, bei der die Staatsanwaltschaft auf fahrlässige Körperverletzung plädierte: Am 2. April soll W. in Rennertshofen Leon U. zwei Zähne ausgeschlagen haben. U. trat am Mittwoch auch als Nebenkläger auf. Er und W. erzählten Richter Veh jedoch zwei komplett unterschiedliche Geschichten.

W. behauptete, am besagten Tag sei bei einer Party ein Streit zwischen anderen Anwesenden in der Wohnung ausgebrochen. Als er das Gebäude daraufhin verlassen wollte, habe ihn U. nicht gehen lassen. U. habe ihn an eine Glasscheibe geschubst, wobei er Schnittverletzungen an der Hand erlitten habe. Dann habe er versucht U., wegzuschubsen und im Gesicht erwischt.

Richter Veh wirkte skeptisch. „So, dass er zwei Zähne verloren hat?“ Noch stutziger machte Veh die Tatsache, dass W. die Kosten der Scheibe übernommen hatte, die Zahnerneuerung für U. jedoch nicht. „Umgedreht wird ein Schuh draus“, sagte er.

Die Version von Leon U.: Er und seine Freunde würden sich jeden Samstag zum Schachspielen treffen. Dabei sei ein Mädchen an der Türe gestanden, das er „ohne jegliche Gewalt“ angerempelt hat. Darüber sei W. wütend geworden und habe ihn am Hals gepackt und mit „geballter Faust“ ins Gesicht geschlagen. Zwei Zähne hat U. dabei verloren, die er mittlerweile wieder erneuern lassen hat.

„Was wars denn jetzt, ein Schachspiel oder eine Sauferei?“, wollte Richter Veh wissen. Beide blieben jedoch bei ihren Versionen. „Eine fröhliche Schachrunde dann“, resümierte der Richter.

Für die Vergehen forderte die Staatsanwältin am Ende acht Monate Haft auf Bewährung, einen Führerscheinentzug für 18 Monate und die Auferlegung aller Zahnarzt- und Gerichtskosten. Die Begründung: Der Angeklagte wurde schon 2020 wegen Fahrens unter Alkoholeinfluss auffällig und seine Ausführungen über die Schlägerei passen nicht zum Verletzungsbild. Bevor Richter Veh das Urteil sprach, wollte sich W. selbst äußern: „Ich habe dadurch Depressionen bekommen und bereue das, was passiert ist.“

Veh urteilte: Acht Monate Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung auf zwei Jahre auf Bewährung ausgesetzt ist. Zudem muss W. an den Nebenkläger U. 1500 Euro zahlen und die Gerichtskosten übernehmen. Seinen Führerschein wird er erst in einem Jahr wiedersehen. Und Veh mahnte an: „Sie brauchen dann eine deutsche Erlaubnis.“ Das Urteil begründete der Richter mit der Vorstrafe des Angeklagten sowie dem Unfall, der „viel schlimmer“ hätte ausgehen können. Bei der Schlägerei im April sah Veh keine „Notwehrsituation“. Mit den Worten „sie müssen nicht ins Gefängnis. Sie müssen sich nur zwei Jahre gut führen“, beendete er den Gerichtstermin.

DK