Aus Ingolstadt sind „Mister Cover“ angereist und bringen beim Vogelsang in Weichering die rund 40 Besucher des Aschermittwochstreffens des SPD-Kreisverbands in Stimmung. Dabei handelt es sich nicht um einen Einzelnen, sondern um eine Band, bestehend aus Rudi (Bass), Roland (Schlagzeug) sowie Sänger und Gitarrist Walter, die mit Rock und Pop aus den 1960er-Jahren einheizen. Und es geht an diesem Abend natürlich um die Politik.
Kreisvorsitzender Werner Widuckel ist es, der die Hauptrednerin, die Landtagsabgeordnete Katja Weitzel aus München, begrüßt. Ebenfalls gekommen sind der Vorsitzende Weichering-Karlshuld, Jakob Appel, die stellvertretende Bürgermeisterin von Oberhausen, Mini Forster-Hüttlinger, und Helmut Eickam aus Schrobenhausen, dem Widuckel zum Bundesverdienstkreuz gratuliert, das er für jahrzehntelanges kommunalpolitisches Engagement erhalten wird. In der Nachkriegszeit hatte sich Eickam dafür eingesetzt, dass Flüchtlinge aus dem Sudetenland hier Fuß fassen konnten.
In seiner Rede kritisiert Widuckel scharf die „Brüller“ in den Unionsparteien und bei den Freien Wählern, voran Hubert Aiwanger, „die 365 Tage im Jahr Aschermittwochsreden halten“, wie er sagt. In einer Zeit, in der die Demokratie gefährdet sei wie nie in den letzten Jahrzehnten, sei es, bei allen politischen Differenzen, dringend nötig, dass die demokratischen Parteien respektvoll im Ton und in der Sache miteinander umgehen. „Aiwanger verhetzt das soziale Klima“, so Widuckel, er solle mehr seine Arbeit als bayerischer Wirtschaftsminister erledigen und weniger auf Bauerndemonstrationen „Blödsinn“ reden.
Hauptrednerin aus München
Hauptrednerin Weitzel ist im Rheinland geboren, lebt aber schon lange in München und ist seit vergangenem Oktober bayerische Landtagsabgeordnete und Betreuungsabgeordnete für den Landkreis. Ihrer Ansprache gibt sie den Titel „Demokratie und Zukunft“. Eine lebenswerte Zukunft für die Menschen gebe es nur bei sozialer Sicherheit, meint sie. Dazu gehörten zunächst faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen, aber auch bezahlbare Wohnungen, eine bessere Pflege, funktionierende Krankenhäuser, Kindertagesstätten, ein gesunder Mittelstand und eine funktionierende Infrastruktur – vor allem auf Straßen und Schienen.
„Dazu muss aber investiert werden, und zwar jetzt; sparen ist falsch“, so die Meinung von Weitzel. Zum Thema Demokratie verweist sie auf die über 150-jährige demokratische Tradition der SPD und erinnert daran, dass die Partei sich immer für Frauenrechte eingesetzt habe. Rechtslastige Parteien wie die AfD wären nicht nur demokratiefeindlich, sie hätten auch rückwärtsgewandte Vorstellungen von der Rolle der Frau. „Frauen, mischt euch ein, werdet laut“, ruft sie in die Runde und bemängelt gleich auch, dass im Landtag viel zu wenig Frauen säßen.
Scharf geht sie mit der AfD ins Gericht, die millionenfach Menschen, auch solche mit deutscher Staatsbürgerschaft, wieder ausweisen wolle. „Hier muss die Politik eingreifen, wir alle müssen eine Brandmauer gegen diese Leute errichten, wir sind die Mehrheit“, ist ihre Botschaft. Auch ein AfD-Verbot müsse zumindest geprüft werden, „damit spätere Generationen uns keine Vorwürfe machen können“. Allerdings müsse jeder Einzelne Courage zeigen, wenn er im privaten Umfeld mit Anhängern der AfD diskutiere. Diese Partei fordere den Austritt der Bundesrepublik aus der EU. Das wäre für das Exportland Deutschland eine Katastrophe.
Kritik an Söder und Aiwanger
Aber auch Markus Söder (CSU) und vor allem FW-Chef Aiwanger bekommen ihr Fett weg. Söder inszeniere viele läppische Show-Effekte, um von eigenen Fehlern und Versäumnissen, an denen im Zweifel immer die Ampelregierung in Berlin schuld sei, abzulenken. Und Wirtschaftsminister Aiwanger würden inzwischen sogar Vertreter der Wirtschaft schlechte Arbeit attestieren.
Die Politik der Bundesregierung unter Kanzler Olaf Scholz werde viel kritisiert, meint Weitzel. „Inzwischen ist sie an allem schuld, auch wenn der Kaffee schlecht schmeckt“, so ihre Wahrnehmung. Dabei habe die Ampel in den letzten zwei Jahren viel erreicht, trotz des Überfalls Russlands auf die Ukraine, trotz Corona und aller sich daraus ergebenden Probleme. So sei die Energieversorgung gesichert worden, obwohl Russland, von wo man bis Kriegsbeginn rund die Hälfte der Energie bezogen hatte, den Hahn zudrehte. Aber wichtig sei jetzt ein rasanter Ausbau der erneuerbaren Energieträger, aber freilich sozial abgefedert. Denn die SPD stehe seit jeher ein für die arbeitende Bevölkerung und für sozial Schwächere, also für die, die „im Schatten stehen“, wie die Abgeordnete sagt.
Demokratie sei kein Selbstläufer; man müsse immer wieder für sie kämpfen. „Sie lebt vom Mitmachen aller demokratisch Gesinnten“. Voraussetzung dafür sei aber, dass die Jugend politisch gebildet werde. Mit dem Hinweis, dass junge Menschen den richtigen Umgang miteinander lernen müssten sowie Unterschiede in Aussehen, Herkunft, Ansichten und Meinungen hinzunehmen und respektvoll miteinander zu diskutieren, beendet Weitzel schließlich ihre Rede. „Mister Cover“ ist nun wieder am Zug.
DK
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