Neuburg
Problem Schulabsentismus: Eigene Ambulanz für das Ameos-Klinikum

30.04.2024 | Stand 30.04.2024, 9:00 Uhr

Haben die Schulabsentismus-Ambulanz des Ameos-Klinikums auf den Weg gebracht: die Psychologinnen Teresa Tillmann und Esther Aschoff mit Chefarzt Simon Mayer. Foto: Belinda Gotzler/Ameos

Wenn Kinder den Schulbesuch verweigern: Zunehmend wird das zum Problem – auch in der Region. Im Neuburger Ameos-Klinikum gibt es deswegen nun eine eigene Schulabsentismus-Ambulanz.

Sieben Prozent aller Schulabgängerinnen und -abgänger in Deutschland verlassen die Schule ohne Schulabschluss. Die Zahl ist bundesweit seit Jahren auf einem konstantem Hoch von etwa 50.000 jungen Menschen. Dem Schulabbruch geht meist der sogenannte Schulabsentismus voraus. „Es gibt keine eindeutige Definition, man spricht auch von Schulvermeidung, Schuldistanz, Schulschwänzen“, sagt Simon Mayer, Chefarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des Neuburger Ameos-Klinikums St. Elisabeth.

Die Gründe von Schulabsentismus seien vielfältig, erklärt Mayer. Das Elternhaus spiele dabei eine Rolle, genauso wie das Bildungssystem und individuelle psychische Krankheiten der Betroffenen. Die Schulberatung Bayern nennt zusätzlich verschiedene Formen des Schulabsentismus auf ihrer Webseite: Schulschwänzen ohne das Wissen der Eltern. Schulangst oder die Angst vor Leistungsanforderungen, Prüfungen und Reaktionen der Mitschüler und der Lehrkräfte. Schulphobie als eine Art Trennungsangst vom Elternhaus. Und zuletzt das bewusste Zurückhalten des Kindes aufgrund somatischer Beschwerden. Gleichzeitig gebe es daneben auch die Trennungsangst der Eltern vom Kind.

Schulabsentismus-Plan der Schulämter: Es geht um Prävention

Unabhängig voneinander hätten die Schulämter in Neuburg-Schrobenhausen, Eichstätt und Ingolstadt einen schrittweisen Schulabsentismus-Plan aufgestellt, sagt Mayer. Je nachdem, wie viele Fehlzeiten ein Kind aufweist, werden Schritte eingeleitet, vom neutralen Eltern-Kind-Gespräch bis zum letzten Schritt der psychologischen Therapie oder dem stationärem Klinikaufenthalt. Erich Kraus, der Leiter des Schulamts Neuburg-Schrobenhausen, ergänzt, dass dort aktuell ein Plan erarbeitet werde, der auf die Prävention von Schulmeidung abziele.

Das Ameos-Klinikum hat zudem seit Oktober eine Schulabsentismus-Ambulanz an der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie (KJPP) eingerichtet. Diese ermögliche einen schnellen ersten Gesprächstermin mit Ärzten und Psychologen innerhalb von vier Wochen, heißt es in der Pressemitteilung. Konkret bedeutet das, dass betroffene Kinder und Eltern in ein bis drei Sitzungen eine grobe Diagnostik erhalten, so Mayer.

Individuell werde nach den Ursachen und Gründen der Schulverweigerung geschaut. Manchmal läge es an generationenübergreifenden Ängsten, die vom Elternhaus weitergegeben werden, durchaus kann es auch an der falschen Schulform und damit einhergehender Überforderung liegen, oder es könne auf eine Autismus- oder ADHS-Erkrankung geschlossen werden, sagt der Chefarzt.

Rückkehr in den Schulalltag als oberstes Ziel

Das oberste Ziel der Ambulanz: langfristige Zurückführung in den Schulalltag. Denn jeder Tag, an dem ein Kind nicht in der Schule ist, ist ein Tag mehr, an dem es später wirtschaftliche, soziale und bildungstechnische Benachteiligungen erfährt, so Mayers Auffassung.

Die bisherige Erfahrung und Arbeit der Ambulanz zeigten, dass durch ein erstes Gespräch bereits Probleme gelöst werden können. Nur bei bereits chronischen Fällen der Schulmeidung müsse ambulante oder stationäre Behandlung eingeleitet werden, weiß Mayer. Bisher haben er und sein Team jeden wieder in den regulären Unterricht bringen können. Noch ist die Ambulanz nicht vollständig ausgelastet und die selbst gesetzte vierwöchige Frist könne eingehalten werden, doch die Anfragen steigen.

DK