Autorin Dietlind Falk im GreenHaus
„No Regrets“-Lesung in Wohnzimmer-Atmosphäre

04.03.2024 | Stand 04.03.2024, 15:00 Uhr

Gast aus dem Ruhrgebiet: Dietlind Falk las im Juze aus ihrem Roman „No Regrets“.

In gemütlicher Runde hatten sich die Zuhörer jetzt im Juze versammelt, um der Lesung von Dietlind Falk zu lauschen. Bei den Szenen aus Falks zweitem Roman „No Regrets“ wurde es richtig lustig, manchmal melancholisch und ziemlich schräg. Die Ruhrpott-Autorin, die im Rahmen von „Sob liest“ nach Schrobenhausen kam, versteht es mitzunehmen auf die Reise in die Welt von Hänk, Muddy und Luz, für die das Tattoostudio mehr ist als nur ein Platz zum Geldverdienen.

Franz Stoß vom Jugendzentrum hatte spontan die Idee, die Lesung im Thekenraum des Juze stattfinden zu lassen. Dort nahmen die etwa 20 Zuhörer auf den Sesseln, Sofas oder Barhockern Platz und richteten sich gemütlich ein. Auch Dietlind Falk wusste den bequemen Sessel zu schätzen, zog die Schuhe aus und schlug die Beine unter. Die Wohlfühlstimmung passte bestens zu den Kapiteln, die Falk in der folgenden Stunde aus ihrem Roman „No Regrets“ locker-lebhaft vorlas. Allerdings ist die Atmosphäre im Tattoostudio, das der Dreh- und Angel-Schauplatz der Geschichte ist, noch um einiges ungezwungener. Gesellschaftliche Konventionen zählen hier eher wenig – oder besser gesagten zählten, denn genau mit dem Wandel der Kundenmentalität hat Chef Hänk so seine Probleme.

Bürgermeister als Spaßkanone



Auch die Idee, Falk einzuladen, hatte Stoß an Heike Kielsmeier, Organisatorin des „Sob liest“-Lesefestes, herangetragen. Der Wunsch, mehr junge Zuhörer in das Juze zu locken, erfüllte sich zwar nicht, doch die Autorin fühlte sich wohl und meinte mit Blick auf ihre Lesung am Vortag in Regensburg: „Ich kann schon sagen, hier ist die Stimmung besser.“ Dazu verhalf zunächst auch Schrobenhausens Bürgermeister Harald Reisner, bevor er ganz ernsthaft das Lesefest sowie die beteiligten ehrenamtlichen Mitarbeiter lobte und feststellte: „Ziel ist, Bücher zu lesen, daraus zu hören und Autoren persönlich kennenzulernen.“

Das Konzept geht auf: Am Schluss ließen sich viele der Zuhörer den Roman signieren und kamen in lockere Gespräche mit der aufgeschlossenen Autorin, die aus dem Ruhrgebiet stammt und der die Punkszene nicht fremd ist. Aus ihren Beschreibungen von Tattoostudio und Protagonisten war herauszuhören, dass sie eine Insiderin ist und ihr manche der Figuren in täuschend ähnlicher Form begegnet sein könnten.

Nach dem Sex in Stockbettleiter steckengeblieben



So las Falk als Zugabe eine ziemlich schräge Szene über „Schotter“: Der bleibt nach einer Liebesnacht in einer Hochbettleiter stecken, muss in dringendster Not sein großes Geschäft von oben auf den Teppich abseilen und schiebt es dem Hund in die Schuhe. Als die Zuhörer zwischen Lachen, Staunen und etwas Ekel hin- und hergerissen sind, meint die Autorin: „Ich überlege immer, mache ich die Kack-Story oder nicht – ich kann euch nur sagen, in Wahrheit war die noch schlimmer.“

In „No Regrets“ erzählt Falk die Geschichte von Hänk und Muddy, die die junge Luz in ihrem Tattoostudio einstellen. Die beiden altgedienten Metall-Fans, die mit der Mentalität der jungen Generation so ihre Schwierigkeiten haben, erhoffen sich, eben jene in ihren Laden ziehen zu können und lernen durch Luz viel über die Welt der 2000er-Jahre. Zuerst las Falk ein Kapitel über Hänk, der Angst vor Geheimratsecken hat und bei dem „auf fünf Menschen 5000 kommen, die er am liebsten in den Gulli schubsen“ würde. Es müsse eine „Zeitwende der Idiotie stattgefunden“ haben, stellt er anhand wirrer Tattoowünsche seiner Jungkunden fest. Sein Studio jedenfalls ist keines für „Zweifler und Mimosen“.

Dort stellt sich im nächsten Kapitel die junge Luz bei Hänks Kompagnon Muddy vor und auch ihr bleibt der schlecht präparierte Alligator, das „olfaktorisch fragwürdige Reptil“ im Schaufenster nicht verborgen. Überhaupt kommt ihr das No-Regrets-Studio vor, als hätte es „die Jahre unter einer zeitundurchlässigen Kapsel“ verbracht. Doch irgendwie scheint es zu passen, sie wird die neue Mitarbeiterin und damit nehmen die Geschichten um Hänk, Muddy, Luz sowie Freunde und Kunden ihren Lauf.

Was Autorin Dietlind Falk auszeichnet, das ist – neben der mangelnden Scheu, Dinge beim Namen zu nennen – ihre Beobachtungsgabe und äußerst bildstarke Sprache, mit der sie alltägliche Dinge auf oftmals ungewöhnliche Weise beschreibt, sowie die ungeheuer sympathische Art, wie sie liest und schreibt. So wachsen den Zuhörern am Mittwochabend die Figuren ganz schnell ans Herz und die meisten, die das Buch vorher noch nicht gelesen hatten, werden es hinterher tun.

SZ