Energiekrise
Paukenschlag: Neuburger Hallenbad bleibt im Winter wohl zu

Stadt Neuburg und Stadtwerke stellen Maßnahmenpaket vor

26.07.2022 | Stand 22.09.2023, 20:43 Uhr

Bleibt das Parkbad im Winter zu? Wenn der Werkausschuss des Stadtrats am Dienstagnachmittag zustimmt, dann wird es so kommen – als Reaktion auf die Energiekrise. Foto: Stark, DK-Archiv

Von Thorsten Stark

Der Weg Neuburgs aus der Energiekrise: Am Dienstagvormittag haben Oberbürgermeister Bernhard Gmehling (CSU) und Stadtwerkechef Richard Kuttenreich sowie dessen Stellvertreter Ernst Reng und Florian Frank die Maßnahmen vorgestellt, die am Nachmittag vom Werkausschuss des Stadtrats einstimmig abgesegnet wurden.



Die plakativste Maßnahme trifft das Hallenbad: Es soll über den Winter geschlossen bleiben.

Die wichtigste Botschaft ist aber eine andere: Noch ist die Versorgung sichergestellt. Allerdings weiß niemand, wie lange noch. „Es ist überdeutlich, dass Putin mit uns spielt“, sagte OB Gmehling. Vier Szenarien haben die Planer daher durchgespielt – vom Szenario, dass gar kein russisches Gas mehr kommt, bis zum Szenario, dass alles bleibt, wie es ist. Doch selbst dann müsse man Maßnahmen ergreifen, damit die Gasspeicher in Deutschland gefüllt werden können, erklärten Kuttenreich und Gmehling.

Die rund 2500 Nahwärmekunden der Stadtwerke sollen auch bei komplettem Ausbleiben von russischem Gas über den Winter heizen können. Bekanntlich wird der größte Teil im Wärmenetz noch von gasbetriebenen Blockheizkraftwerken geliefert. Allerdings haben die Stadtwerke in den vergangenen Monaten einen Notfallbetrieb vorbereitet. Die Kraftwerke sind auf Öl umrüstbar, zusätzlich stehen mobile Ölkessel bereit und es wird mit Hochdruck an der Fertigstellung einer Verbindung zwischen Industriegebiet und Kernstadt gearbeitet, damit in einem Jahr die Abwärme des Rockwool-Werks abgenommen werden kann. Dazu soll das mit Methangas angetriebene Blockheizkraftwerk an der Kläranlage zur Notfallversorgung des Wärmenetzes verwendet werden, statt den Klärschlamm zu trocknen. Bei einem nicht zu kalten Winter könnten diese Maßnahmen reichen, schätzen die Stadtwerke.

OB rät Gaskunden zu Gespräch mit Heizungsbauer

Bei den rund 3300 Gaskunden ist die Situation anders – auch wenn Privatkunden so lange wie möglich gesetzlich geschützt sind. Die Mittel der Stadtwerke sind bei ihnen begrenzt. Oberbürgermeister Gmehling rät ihnen daher, sich mit einem Heizungsbauer in Verbindung zu setzen, der womöglich eine Alternative im Angebot hat. „Keine Lösung ist, in den Baumarkt zu fetzen und sich Heizstrahler zu kaufen“, sagt Gmehling. Das würde das Stromnetz schnell überlasten. Die Gaskunden müssen auch mit einem deutlichen Anstieg ihrer Gebühren ab 1. Oktober rechnen. Allerdings bleibe man weit unter den Preisen von überregionalen Anbietern, da man vorausschauend eingekauft habe, sagte Kuttenreich. „Es ist ernst, aber nicht unbeherrschbar“, erklärte der Werkleiter. „Wir haben die Chance, ohne russisches Gas über den Winter zu kommen. Aber wir müssen sparen, sparen, sparen.“

Hallenbad: 3,2 Millionen Kilowattstunden Verbrauch

Eine große Einsparmöglichkeit sehen Stadt und Stadtwerke beim Parkbad, das deswegen in diesem Winter geschlossen bleiben soll. Immerhin verbraucht das Hallenbad im Betrieb 3,2 Millionen Kilowattstunden Gas. Das entspricht der Gasversorgung von rund 250 Haushalten. Das Freibad, das mit Nahwärme beheizt wird, soll zumindest bis Ende September geöffnet bleiben. Sollte es wider Erwarten in diesem Herbst keine Gaskrise mehr geben, ließe sich das Hallenbad mit maximal vier Wochen Vorlauf doch öffnen, versicherte Bäderchef Maik Müller im Werkausschuss des Stadtrats, der die Maßnahmen einstimmig absegnete.

Auch das Liegenschaftsamt prüft, wie man in den öffentlichen Gebäuden – zum Beispiel Turnhallen, Museen, Stadttheater, Stadtbücherei, Tourist-Info – weitere Energie sparen kann.

Industriebetriebe suchen nach Alternativen

Auch bei den Industriebetrieben werde fieberhaft überlegt, wie man die Abhängigkeit von Gas reduzieren könne, erklärte Ernst Reng, der stellvertretende Leiter der Stadtwerke. Denn im Ernstfall, wenn die Ansage der Bundesnetzagentur kommt, müssten die Stadtwerke einen Plan aus der Schublade holen, auf dem sie schon skizziert haben, um wie viel man jeweils die Gaslieferung drosseln könnte, ohne den jeweiligen Betrieb dauerhaft zu schädigen. So mancher alte Öltank werde in den Betrieben gerade reaktiviert, bei Verallia greife man sogar auf die Wiederinbetriebnahme einer Butangasanlage zurück, erklärte Reng.

Seit Februar gibt es bei den Stadtwerken einen Krisenstab, der sich mit der technischen Versorgungssicherheit befasst, seit 20. Juli existiert der Krisenstab Administrative Versorgungssicherheit, der wöchentlich die Lage am Gasmarkt prüft. Denn wenn die Gaspreise explodieren, könnte es passieren, dass der bisherige Stromversorger eines großen Industriebetriebs plötzlich pleitegeht – und dann müssten die Stadtwerke als Grundversorger einspringen und womöglich Millionen Euro vorstrecken, um damit am Markt einzukaufen. „Da sind die Liquiditätsreserven bald aufgebraucht“, sagte Florian Frank, der Finanzexperte der Stadtwerke. „Das führt in die Katastrophe“, sagte OB Gmehling. Deswegen fordere der bayerische Städte- und Gemeindetag schon lange, auch für die Stadtwerke einen Schutzschirm aufzustellen wie für das Unternehmen Uniper. Dass es zu dieser Krise kommen konnte, ist für Kuttenreich „politisches Totalversagen der letzten 18 Jahre – und wir baden es aus“.

DK