Neuburg
Ganz nah an den Zuhörern

Intensive Diskussionen beim ersten Neuburger Nachhaltigkeitsgespräch auf dem THI-Campus

05.05.2022 | Stand 23.09.2023, 1:37 Uhr

Die vier Frontmänner des Abends: Den Auftakt der Neuburger Nachhaltigkeitsgespräche bestritten Lothar Behringer (von links), Uwe Holzhammer und Manfred Rößle unter der Moderation von Bernhard Mahler. Foto: S. Hofmann

Von Sebastian Hofmann

Neuburg – Premiere auf dem Neuburger THI-Campus: In Zusammenarbeit mit der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt hat die Bildungseinrichtung die Reihe „Neuburger Nachhaltigkeitsgespräche“ organisiert. Den Auftakt machte dabei eine Runde um Professor Uwe Holzhammer. Im Verlauf des Abends kam es zu interessanten Diskussionen zu den Möglichkeiten der Energiewende in der Region, bei der das Publikum von Beginn einbezogen wurde.

Mit den Nachhaltigkeitsgesprächen wollen die Verantwortlichen des Neuburger Campus Brücken zur Bevölkerung und zur Wirtschaft schlagen, wie Bernhard Mahler, Moderator des Abends, eingangs erklärte. Dass THI und KU mit dieser Veranstaltungsreihe einen Nerv getroffen haben, zeigten einerseits die hochkarätigen Referenten. Vor dem Publikum legten Uwe Holzhammer, Professor für Energiesystemtechnik an der THI, Lothar Behringer, Chef der Produktentwicklung und Wirtschaftlichkeit bei den Neuburger Stadtwerken, und Manfred Rößle von der Bürger-Energiegenossenschaft Neuburg-Schrobenhausen ihre Ansichten zur Energiewende und Nachhaltigkeit im Landkreis dar.

Andererseits zeigte auch das Publikum den Gesprächsbedarf zum Thema: So hatten sich im Hörsaal unter anderem die Rohrenfelser Bürgermeisterin Manuela Heckl (DGR), die Neuburger Stadträte Hans Mayr und Wolfgang Schlegl (beide CSU), der Klimaschutzmanager des Landratsamtes, Christoph Unterburger, Birgit Bayer-Kroneisl von der Stabsstelle Umwelt und Agenda 21 der Stadtverwaltung, Ernst Reng, technischer Leiter der Stadtwerke, Holger Hoppe, Gründungsprofessor des Neuburger Campus, Stadtbaumeister Dieter Reichstein, Energieberater und Studenten eingefunden.

Den roten Faden zog Moderator Mahler mit zielgerichteten Fragen durch den Abend. Eingangs wollte er von den Referenten wissen, ob es eine Generationenfrage ist, wie mit dem Thema Energiewende umzugehen ist, vor allem: „Wie nehmen die jungen Menschen das wahr?“ Holzhammer antwortete, dass Energiewende ein Teil des Nachhaltigkeitsdenkens bei jungen Menschen sei. „Und die haben Spaß dran, was ich voll cool finde. Das Leben muss Spaß machen.“ Einer seiner Studenten bestätigte, dass der Optimismus des Professors abfärbe. Ein anderer meinte, dass man nicht sauer auf die vorangegangenen Generationen sei. „Schuldzuweisungen bringen nichts“, so der junge Mann.

Behringer berichtete, dass es weniger Reaktionen aus der Privatbevölkerung zur Energiewende gebe, dafür umso mehr aus der Industrie. Das habe mit der Besteuerung von CO2 begonnen. Zur aktuellen Situation, geprägt von Pandemie und dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, meinte er: „Wir sprechen hier über Dinge, die wären vor eineinhalb Jahren nicht möglich gewesen.“

Über Rößle gelang der Schwenk hin zur Denkweise der Bürger. Das BEG-Vorstandsmitglied betonte, dass immer eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Gruppen nötig sei: „Der eine will vielleicht und kann nicht, der andere mag nicht.“ Rößle legte dar, dass sich Hausbesitzer mit den heute vorhandenen Mitteln relativ autark machen könnten. Er nannte dazu Wärmepumpen, Photovoltaik- und Solaranlagen als probate Mittel, unabhängig von zuletzt stark gestiegenen Gas- und Strompreisen zu werden. Diese Denke müsse man an die Bürger bringen, denn die Bereitschaft zu Energiewende und Nachhaltigkeit sei gewachsen.

Behringer ergänzte dazu, dass in der Gesellschaft leider eine „100-Prozent-Denke“ vorherrsche, soll heißen: Die Bereitschaft, etwas zu tun, ist nur dann am höchsten, wenn etwas einwandfrei und mit maximaler Effizienz funktioniert. Er ging auf die Furcht vor einem Zusammenbrechen der Stromnetze ein, wenn zu viele E-Autos geladen werden. „Wir müssen Lösungen für jeden Einzelnen finden und die Infrastruktur dahinter errichten – und im Idealfall das System intelligent bekommen.“

Holzhammer befand, dass es kein Energieproblem gebe, schließlich würde die Produktion im erneuerbaren Sektor beständig ansteigen. „Es ist ein Leistungsproblem“, sagte er und bezog sich auf die ausbaubedürftigen Netze. Das unterfütterte er mit interessanten Zahlen: 15 Millionen E-Autos auf deutschen Straßen würden den Strombedarf zwar um rund sieben Prozent ansteigen lassen. Gleichzeitig würden aber 20 Prozent fossile Brennstoffe eingespart. „Das ist das Öl, das wir aus Russland beziehen“, so Holzhammer.

Stadtrat und Unternehmer Wolfgang Schlegl sagte, dass die Energiewende im privaten Bereich deutlich einfacher zu stemmen sei als in Gewerbe und Industrie. „Wir sind getaktet. Ich kann meinen Backofen nicht abschalten, wenn der Strompreis gerade schlecht ist“, so der Bäcker- und Konditormeister. Er sehe im Moment eine eher düstere Zukunft, rechne er doch mit einer Steigerung des Gaspreises in seinem Betrieb um den Faktor zehn im kommenden Jahr. Holzhammer versprach im Laufe der Diskussion, sich Schlegls Betrieb hinsichtlich Optimierungsmöglichkeiten beim Energieverbrauch anzusehen.

Weiter ging es an diesem Abend auch um das Neuburger Nahwärmenetz und das große Problem der Finanzierung der anstehenden Aufgaben, das Hans Mayr ins Spiel brachte. Weiter stellte Gründungsprofessor Hoppe die Frage, wann Neuburg selbst klimaneutral sein kann und wo die dringendsten Handlungsfelder sind. Als einen Knackpunkt, an dem es anzusetzen gilt, sieht Holzhammer das Personal: „Wir müssen massiv in die Ausbildung investieren“, so der Professor.

DK