Schrobenhausen
Familie mit geringem Einfluss

Bauer-Aktionäre stimmen nach fünfstündiger Debatte Kapitalerhöhung zu – Thomas Bauer traurig

18.11.2022 | Stand 19.09.2023, 5:03 Uhr

Gelichtete reihen: Bei der außerordentlichen Hauptversammlung der Schrobenhausener Bauer AG am Freitag kamen rund 200 Aktionäre und Gäste in die Alte Schweißerei. Bei anderen Versammlungen sind auch schon mal 600 gewesen.Spindlergewesen. Fotos: Spindler

Schrobenhausen – „Wir gehen mit Traurigkeit den Weg mit“, mit diesen Worten hat sich Thomas Bauer, Aufsichtsratsvorsitzender der Schrobenhausener Bauer AG, am späten Freitagnachmittag von den Aktionären des Familienunternehmens verabschiedet. Mit 99,1 Prozent der Stimmen der Anteilseigner wurde die Kapitalerhöhung um bis zu mehr als 74 Millionen Euro beschlossen – nach einer mehr als fünfstündigen Generaldebatte.

Die Traurigkeit des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden und jetzigen Aufsichtsratchefs der Bauer AG, Thomas Bauer (kleines Foto), ist ihm deutlich anzumerken. Kaum ist die außerordentliche Hauptversammlung in der Alten Schweißerei vor den gelichteten Reihen – etwa 200 Aktionäre und Gäste sind im Gegensatz zu den sonst üblichen fast 600 Besuchern gekommen – beendet, ergreift er „ganz persönlich“ das Wort. Dass die Kapitalerhöhung nötig sei, daran lässt Bauer keinen Zweifel. Die Familie gehe den Schritt mit. Doch die Konsequenz daraus ist Bauer auch klar: „Egal, was die Familie beschließt, sie wird nur noch geringen Einfluss haben.“ Bislang gehörten der Gründerfamilie des börsennotierten Konzerns 36,03 Prozent der Firmenanteile. Bislang sei nichts entschieden worden, die Familie werde sich darüber besprechen, ob sie ihre Bezugsrechte im Rahmen der Kapitalerhöhung ausüben werde.

„Es ist uns gelungen, ein tolles Unternehmen aufzubauen“, blickt Bauer mit fester Stimme zurück. Zehn schwierige Jahre habe das Unternehmen gemeistert und auf drei gute Jahre gehofft. Dann sei Corona gekommen und auch der Ukraine-Krieg habe sich negativ für das Unternehmen bemerkbar gemacht. Alleine 80 bis 100 Millionen Euro habe die Pandemie das Unternehmen gekostet, weitere 15 bis 20 Millionen Euro gingen auf den Ukraine-Krieg bisher zurück.

„Es wäre absolut nicht nötig gewesen, die Familie aus dem Unternehmen zu drängen“, sagt Bauer bitter und blickt dabei auf die Banken. Denen seien Lösungsvorschläge und Gespräche im Prinzip egal. In den vergangenen 30 Jahren habe er seinen guten Glauben daran verloren, so Bauer weiter.

Ein anderes Problem sieht Bauer beim Gesetzgeber. Das Erbschaftssteuerrecht weise grundsätzliche Fehler auf, moniert Bauer – nicht zum ersten Mal in den vergangenen 20 Jahren. Die Folgen treffe vor allem Firmen wie Bauer, die eine hohe Vorfinanzierungsquote hätten: „Wir sind nicht Aldi, wo jeder Einkauf sofort bezahlt wird.“ Doch auf juristischem Wege zu beweisen, dass das Erbschaftssteuerrecht verfassungswidrig sei, dauere zehn Jahre, sagt Bauer. Vor allem diese Probleme habe die Familie Doblinger, die sich in hohem Maß an der Kapitalerhöhung beteiligt, eben nicht.

Nach der Kapitalerhöhung werde das Unternehmen Bauer weiter arbeiten. Er selber werde dem Unternehmen als Aufsichtsratsvorsitzender so lange erhalten bleiben, wie es von der Familie Doblinger gewünscht sei. Und Thomas Bauer ist sich sicher, dass die Firma Bauer auch in Zukunft erfolgreich arbeiten werde.

Zuvor haben die Aktionäre, vor allem Vertreter von Kapitalanlegerzusammenschlüssen, in teils aufgeheizter Stimmung ihre Meinung zur Kapitalerhöhung gesagt. Sören Merkel von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sagt, er tue sich schwer, der Kapitalerhöhung zuzustimmen. Er ist nicht der einzige in der Versammlung, der wissen möchte, ob die Familie Bauer sich an der Kapitalerhöhung beteiligen werde. Daniel Bauer von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) hält das Unternehmen „für einen schwierigen Fall“. Ein gutes Ergebnis reiche nicht aus. Martin Weimann von der Verbraucherzentrale für Kapitalanleger (VzfK) artikuliert, was vor allem viele Kleinanleger interessiert: Sei geplant, die Aktie vom Markt zu nehmen oder sie niedriger bewerten zu lassen? Beides verneint Vorstandsvorsitzender Michael Stomberg mehrfach in der Versammlung: „Ein Delisting steht derzeit nicht auf der Agenda.“ Das gelte auch für ein Downgrading.

Stomberg skizziert die wirtschaftliche Lage des Unternehmens. Die Corona-Pandemie habe dem Unternehmen sehr zu schaffen gemacht. Vor allem, weil dadurch Lieferketten teilweise nicht mehr so wie zuvor funktioniert hätten. Investitionen in Infrastruktur- und Immobilienprojekte seien zurückgegangen. Ganz besonders in China. Auch der Ukraine-Krieg sei nicht vorhersehbar gewesen. In Folge des Krieges habe Bauer eine Baufirma in Russland verkauft. In den vergangenen Jahren seien in Afrika und Asien Niederlassungen geschlossen worden.

Die Kapitalerhöhung sei nötig, erklärt Stomberg mehrfach, um die Kreditlinien des Unternehmens bei Banken zurückzufahren. Das fördere die Unabhängigkeit des Unternehmens und führe zu besseren Konditionen bei Verhandlungen mit Banken: „Wir werden stabiler und wetterfester.“ In den kommenden drei Jahren erwartet Stomberg, dass der Gewinn (Ebit) bei einer Gesamtkonzernleistung von 1,7 bis 1,8 Milliarden Euro auf 100 bis 150 Millionen Euro wachsen werde.

SZ