Neuburg
„Einfach da sein“

Hospizverein Neuburg-Schrobenhausen gibt Einblick in die Arbeit und dem Umgang mit Tod und Trauer

01.12.2022 | Stand 18.09.2023, 22:34 Uhr

Der Tod ist für viele ein Tabu-Thema. Dabei könnte der bewusste Abschied vom Leben nicht nur das Sterben erleichtern, sondern auch die Trauer von nahestehenden Menschen. Foto: DK-Archiv

Von Miriam Werner

Neuburg – „Nichts ist gewisser als der Tod, nichts ist ungewisser als seine Stunde.“ So lautet ein Zitat von Anselm von Canterbury, Theologe und Philosoph des Mittelalters. Der Tod betrifft jeden Menschen und trotzdem ist er für viele ein Tabu-Thema. Die Mitarbeiter des Hospizvereins Neuburg-Schrobenhausen haben täglich damit zu tun. Sie begleiten schwerkranke und sterbende Menschen und deren Angehörige.

Im Zentrum der ambulanten Hospizbegleitung stehe die Würde des Menschen, sagt Anita Arndt. Sie ist eine der vier hauptamtlichen Koordinatorinnen des Hospizvereins. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Helga Grunwald und Dora Schmidt, ehrenamtliche Vorsitzende des Vereins, gibt sie Einblick in ihre Arbeit und dem Umgang mit Tod und Trauer.

„Ich möchte den Menschen gutes Sterben ermöglichen“

Wie viele der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer kommt Dora Schmidt aus dem medizinischen Bereich. Sie hat in einem Altersheim gearbeitet. Der Tod war allgegenwärtig, gehörte dazu. „Ich habe erlebt, dass keine Zeit für die Menschen war, denen die letzten Stunden bevorstanden. Es konnte sich oft keiner kümmern. Da musste etwas anders werden. Das waren Bewohner, die jahrelang bei uns gelebt haben.“ So kam sie zum Hospizverein. „Ich möchte den Menschen ein gutes Sterben ermöglichen“, sagt Schmidt. Helga Grunwald hatte im Krankenhaus ähnliche Erfahrungen gemacht. „Ein Mensch, der gestorben ist, musste schnell verschwinden. Damit Platz für einen neuen Patienten gemacht wird.“ Die persönlichen Dinge des Verstorbenen landeten in einer Tüte, konnten so am nächsten Tag von den Angehörigen abgeholt werden. „Das hat mich furchtbar erschreckt.“

Der Hospizverein hat es sich zur Aufgabe gemacht, dass dem Menschen ein gutes Sterben ermöglicht wird. Nicht nur dem Betroffenen, sondern auch den Angehörigen. „Die letzten Stunden eines Menschen bleiben in den Köpfen – meist ein Leben lang“, sagt Grunwald. Aber wie kann das Sterben so gut wie möglich gemacht werden? „Einfach da sein“, betont Arndt. Manchmal müsse gar nicht gesprochen werden. Der Sterbende ist nicht allein, „da ist jemand, der den Weg ein Stück mitgeht.“ Da sein und auch aushalten.

Begleiten könne vielfältig sein: Das beinhalte Gespräche und gemeinsame Spaziergänge oder auch mal eine Hand- oder Fußmassage. „Wir wollen auch die Angehörigen entlasten, dass die Leute ohne schlechtes Gewissen zum Friseur gehen können oder zum Einkaufen. Und sie wissen, dass die schwerkranke Person nicht alleine daheim ist.“ Überhaupt gebe es oft Zweifel bei den Angehörigen. Angst, etwas falsch zu machen, dass es nicht genug sei, was sie leisten. Diese Angst wollen die Hospizbegleiter nehmen. Mit dem Tod endet die Begleitung nicht: „Wir sind auch dann noch für die Angehörigen da, wenn andere es nicht mehr sind“, sagt Arndt.

Trauern sei wichtig. „Viele lassen das nicht zu, weil man ja funktionieren muss“, sagt Arndt. Gesellschaftlich verdrängt, rückt die bewusste Auseinandersetzung mit dem Sterben ins Abseits. Dabei könne der bewusste Abschied vom Leben nicht nur das Sterben erleichtern, sondern auch die Trauer der Nahestehenden. Jeder trauere anders, jeder auf seine eigene Art und Weise, ergänzt Grunwald. „Es gibt beispielsweise Witwen, die schon am Todestag die Anzüge des Mannes aus dem Kleiderschrank räumen. Genauso hängen die Anzüge bei anderen noch Jahre später.“ Alles sei legitim. Viele setzen sich selbst unter Druck, wollen so reagieren, wie die Gesellschaft es erwarte.

Der Hospizverein Neuburg-Schrobenhausen wurde 1997 gegründet und feiert dieses Jahr das 25-jährige Bestehen. Neben den vier hauptamtlichen Koordinatorinnen arbeiten 95 Ehrenamtliche für den Verein. Viele aus der medizinischen Arbeitswelt; manche seien auch deshalb gekommen, da sie selbst einen Sterbefall in der Familie hatten, der nicht so gut gelaufen sei. Und nun wollen sie schauen, wie es bessergehen kann, sagt Schmidt.

Jahr 2022: 168 Begleitungen abgeschlossen, 70 laufen

Besonders erfreulich: 23 Ehrenamtliche durchlaufen momentan die Ausbildung zur Hospizbegleitung. Sie besteht aus 120 Unterrichtseinheiten und einem Aufbaukurs mit Praktikum. Die Ehrenamtlichen werden dabei eng vom Hospizverein begleitet. „So einen großen Kurs hatten wir noch nie“, freut sich Grunwald. Unterstützung, die der Verein dringend brauchen kann: „Das Jahr 2022 übersteigt alles an Anfragen.“ Dieses Jahr habe der Hospizverein bereits 168 Begleitungen abgeschlossen, 70 laufen aktuell, stellt Arndt fest. Die steigende Nachfrage zeige, es komme in den Köpfen an, dass sich Hilfe geholt werden kann. Es sei eine Aufgabe, eine Arbeit, die nicht am Freitagnachmittag endet: „Wir sind da für die Menschen, die uns brauchen“, betont Arndt. „Wir lassen die Menschen nicht alleine“, ergänzt Grunwald.

Weitere Angebote: Schulprojekt und Lebenscafe

Neben der Hospiz- und Trauerbegleitung bietet der Hospizverein weitere Angebote. Im Rahmen des Schulprojekts gehen die Mitarbeiter in die Schulen. Den Kindern soll vermittelt werden, dass Leben und Sterben untrennbar miteinander verbunden sind. Die Themen werden altersangemessen mit Geschichten, Bilderbüchern und Filmausschnitten näher gebracht. Kinder dürfen Fragen stellen: „Wir wollen offen mit den Themen Tod und Trauer umgehen.“ Kinder können so mit einem anderen Blickwinkel in die Welt gehen, sagt Arndt. Auch das Lebenscafe als offener Treffpunkt und der so genannte Letzte-Hilfe-Kurs sind Angebote, die der Hospizverein organisiert.

Natürlich gebe es auch immer wieder Schicksale, die einen bis nach Hause begleiten. Dinge, die man nicht so einfach abschütteln, aus dem Kopf bekommen könne, sagt Grunwald. „Ich durfte viele Menschen begleiten und die haben mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin“, sagt Arndt. „Ich gebe etwas, aber ich bekomme auch viel zurück.“

Vorweihnacht der guten Herzen

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