Jahr der Mandoline
Die Schrobenhausenerin Anna Torge ist Schirmherrin für den Freistaat

03.08.2023 | Stand 13.09.2023, 0:32 Uhr

Vertritt den Freistaat Bayern im bundesweiten Jahr der Mandoline: Anna Torge aus Schrobenhausen. Sie gilt deutschlandweit als eine der erfolgreichsten Solistinnen an dem Instrument. Foto: Groh

Für dieses Jahr haben die Landesmusikräte in Deutschland die Mandoline als Instrument des Jahres ausgerufen. Für den Freistaat Bayern übernimmt Anna Torge die Schirmherrschaft. Die aus Schrobenhausen stammende Mandolinistin gilt deutschlandweit als eine der erfolgreichsten Solistinnen an dem Instrument. Ein Gespräch über die Aufgabe, das Instrument und ihre Heimatstadt Schrobenhausen.

Frau Torge, wie sind Sie Schirmherrin geworden?
Anna Torge: Im vergangenen Jahr bin ich von einer Vertreterin des Bayerischen Musikrats darauf angesprochen worden, weil man meinen Namen mit diesem Instrument verbinden würde und die meisten Jahre meines musikalischen Lebens bisher in Bayern waren. Meine bayerischen Wurzeln also…

Was bedeutet für Sie persönlich das Jahr der Mandoline?
Torge: Sie rückt dadurch in den Fokus, die Menschen können mehr darüber erfahren und entdecken, auch außerhalb des klischeebehafteten Feldes, das tatsächlich ja nur ein sehr kleiner Bruchteil von dem ist, was Mandoline ausmacht.

Wie ist das deutschlandweite Motto „Die Mandoline als Brückenbauerin“ zu verstehen?
Torge: Ich finde das Motto sehr passend. Die Geschichte der Mandoline war aufgrund politischer und gesellschaftlicher Veränderungen immer wieder unterbrochen, Dinge sind in Vergessenheit geraten. Die Entwicklung, die die Mandoline in den vergangenen Jahrzehnten gemacht hat und derzeit erfährt, finde ich spannend: Im Bereich der Aufführungspraxis, der Instrumentalpädagogik, der Instrumentenbaukunst oder der Professionalisierung passiert gerade sehr viel. Weil jeder für sich daran arbeitet. Und natürlich durch das Miteinander. Es zeigt sich eine unglaubliche Vielfalt an Stilen, Farben, Klängen und Spielarten. Gerade aus unterschiedlichen Ländern.

Was macht dieses Instrument für Sie ganz persönlich aus?
Torge: Ich liebe die Intimität und das Nicht-Laute. Die Mandoline kommt etwas leise daher und hat gleichzeitig etwas zu sagen, der Klang hat Gehalt. Und: Es gibt unglaublich viel zu entdecken.

Was zum Beispiel?
Torge: Historische Noten oder Mandolinenschulen in alten Bibliotheken. Meine Professorin Marga Wilden-Hüsgen hatte mal ein Doppelkonzert von Vivaldi entdeckt. Im Originaldokument stand zuvor auf Papier geschrieben „per mandolino et violino“. Später wurde die Schrift halb wegrasiert und mit Oboe überschrieben. Dieses Konzert konnte ich dann zusammen mit Concerto Köln so aufführen, wie es auf dem Papier ursprünglich mit Mandoline, Violine und Orchester stand. Das war Freude pur.

Und was fasziniert sie insgesamt am Mandoline spielen?
Torge: Zum einen, die Sprache der Komponistin oder des Komponisten zu verstehen und in Klang zu übersetzen. Zum anderen, den eigenen, meinen eigenen, Klang zu finden, und das jeden Tag aufs Neue.
Wie kann man sich das vorstellen?
Torge: Jedes Instrument hat ja eine eigene Persönlichkeit. Man muss sich schon darauf einlassen. Das Schöne dabei ist, wenn ich eine Mandoline längere Zeit spiele, dann verändert sie sich. Und ich selbst verändere mich auch, wenn ich jeden Tag neugierig an das Instrument herangehe und herauszufinden versuche, wie ich es heute spiele, damit es schön frei klingen kann. Ich hatte oft das Gefühl, dass meine Instrumente meine Lehrmeister sind.

Wann zum Beispiel?
Torge: Da gab es mal eine Zeit, da wollte ich einfach lauter spielen und habe das Instrument ziemlich gefordert. Das fand es nicht so gut (lacht). Der Klang wurde dumpf. Das Schöne an der Mandoline ist, dass man, obwohl sie relativ leise ist, den Klang wirklich gut durch den Saal tragen kann.

Da gibt es doch bestimmt ganz besondere Erlebnisse.
Torge: Ich liebe es, in einem riesigen Klangkörper zu sitzen und mitzuspielen, wie beispielsweise mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Mit Concerto Köln durfte ich Auftritte unter anderem in Paris, Los Angeles und in der Kölner Philharmonie machen. Jeder Saal war anders herausfordernd, und wir fanden uns immer auf so feine Art zusammen, filigran und klangsinnig. Solche Situationen beglücken mich.

Was würden Sie Kindern raten, die Mandoline lernen möchten?
Torge: Der Tipp geht eher an die Eltern: Es lohnt sich, ein sehr gut spielbares Instrument anzuschaffen oder auszuleihen, sonst ist der Frust vorprogrammiert. Und ich würde mir Lehrer suchen, denen ich vertraue und die mich fördern und fordern.

Sie waren noch Schülerin am Schrobenhausener Gymnasium, als es die ersten Auszeichnungen gab. Beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ waren Sie in einem Jahr gleich mit zwei Instrumenten in der Solowertung erfolgreich: erster Platz mit der Mandoline und zweiter Platz mit der Gitarre. Und dann kam noch der Kunstpreis Ihrer Heimatstadt dazu. Das war doch bestimmt ein Riesending für Sie als Jugendliche.
Torge: Das stimmt, das war für mich eine große Ehre. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Die wirkliche Bedeutung des Kunstpreises einer Stadt habe ich erst später verstanden. Für mich war es damals normal, mich mit Musik zu beschäftigen und von Kunst umgeben zu sein. Das Witzige war, dass ich eine vorbereitete Dankesrede auswendig gelernt und mir spontan vor der Preisübergabe überlegt hatte, dass es besser wäre, wenn jeder das tun würde, was einem liegt. So fiel meine Dankesrede extrem kurz aus, und ich ließ lieber die Musik sprechen.

Wie wichtig waren Ihnen rückblickend die kulturellen Möglichkeiten in Schrobenhausen?
Torge: Schrobenhausen ist meine Heimatstadt. Für die kulturelle Vielfalt, die ich dort erlebt habe und die mir vieles ermöglicht hat, bin ich sehr dankbar. Ich habe Schrobenhausen als eine kulturell reiche Stadt erlebt. Ich genieße Plätze und Gelegenheiten sehr, wo Kunst und Kultur erlebbar werden, wo Menschen zusammenkommen, einfach lauschen oder betrachten, etwas auf sich wirken lassen und ins Gespräch kommen. Schöne Momente also, um mit einem weiteren, größeren Blick auf das Leben zu schauen und den Alltag zu bereichern.

Hat es so einen besonderen Platz auch für Ihre eigene Entwicklung gegeben?
Torge: In der Städtischen Musikschule in Schrobenhausen mit der hervorragenden Konzertreihe und dem Instrumentalunterricht bei Peter Maklar, bei dem ich viel lernen konnte. Ich persönlich empfinde ein insgesamt so hochwertiges kulturelles Angebot einer Stadt als große Bereicherung und Glück.

SZ