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Die Ballade von Hinterkaifeck - der erste Song zum Mordfall

Bayerische Band bringt zum 100. Jahrestag der Mordnacht einen Song mit eigener Lösung heraus

30.03.2022 | Stand 23.09.2023, 2:09 Uhr

Die Band LiaB – mit Wurzeln in Regensburg, München und Schrobenhausen hat „Die Ballade von Hinterkaifeck“ aufgenommen. Zum Jahrestag des Mordes erscheint sie. Im Bild (v.l.) Andy Kuhn, Ulla Niedermeier, Hannes Ringlstetter und Ray Mohra (v.l.). Foto: Kuhn

Von Mathias Petry

Hinterkaifeck – Pünktlich zum 100. Jahrestag des Mordes von Hinterkaifeck gibt es nun erstmals auch einen Song, der die Geschichte aufgreift. Die bayerische Band Lost in a Bar – kurz: LiaB – hat dafür einen prominenten Gast gewonnen: Hannes Ringlstetter schlüpft für „Die Ballade von Hinterkaifeck“ in die Rolle von Karl Gabriel. Ab Donnerstag ist der Song überall im Handel.

Die Band gibt es mittlerweile über ein Jahrzehnt, und wenn nicht gerade Corona ist, spielt die muntere Truppe mit Ulla Niedermeier, Tastenmann Ray Mohra, Schlagzeuger Andy Kuhn und Felix Renner aus Schrobenhausener am Bass jeden Monat ein paar Konzerte. Zurzeit nicht so. Beim ersten Lockdown entstand der „Corona-Song“, mit dem Spenden für die am Boden liegende Kleinkunstszene gesammelt wurde, und der der Band einiges an Öffentlichkeit bescherte.



Die Ideegärt schon lange

Ja, und dann war da diese Idee, die Drummer Andy Kuhn seit geraumer Zeit mit sich herumtrug: eine Ballade, am liabsten in bester Calypso-Tradition. Der Musiker pflegt schon lange kleine, schwarze Büchlein mit seinen Ideen. Ein kurzer Blick genügt: Anfang 2019 war der Gedanke plötzlich da. Und weil die Band nicht nur auf Englisch singt, sondern manchmal auch in der Mundart der eigenen Heimat, war schnell klar, was er suchen musste: Tragisches aus Bayern, „etwas, das vielleicht auch ein bisschen Mysterium ist“. Da war dann die Geschichte der Mordnacht von Hinterkaifeck nicht weit.

„Ich habe mich dann auf alles gestürzt, was es an Dokumentationen gab“, erzählt er, und schließlich präsentierte er die Idee auch seiner Band. „Die anderen fanden das natürlich schon starken Tobak“, erinnert er sich schmunzelnd. Eines Tages war das Grundgerüst jedenfalls da, es ging ans Arrangieren. Eigentlich sollte natürlich Ulla Niedermeier die Geschichte singen. „Mit der Zeit merkten wir, dass die Geschichte von einem Mann gesungen werden muss: aus der Sicht von Karl Gabriel.“

Der Name des Erzählers:Karl Gabriel

Hinterkaifeck-Kenner wissen Bescheid: Karl Gabriel ist der gehörnte Ehemann des späteren Mordopfers Viktoria. Er hatte auf den Hof eingeheiratet und wurde von seiner Frau samt Familie so schlecht behandelt, dass er sich lieber freiwillig für den Kriegsdienst meldete. Es heißt, er sei nach wenigen Monaten gefallen. Andere glauben, er habe seine Erkennungsmarke mit einem Toten getauscht und habe sich aus dem Staub gemacht. Und wieder andere glauben, er hätte dann acht Jahre nach seinem inszenierten Tod im Affekt seine ganze Familie ausgelöscht. Die Crew von LiaB nicht.

Aber sie erzählen die Geschichte aus der Sicht des Kriegsheimkehrers. „Er kommt zurück und da ist ein kleiner Junge, der definitiv nicht von ihm sein kann. Und das schockiert ihn natürlich sehr“, erzählt Andy Kuhn über die Geschichte hinter der Geschichte. Wie es dann weitergeht? Tja, würde das an dieser Stelle erzählt, wäre ja die ganze Spannung weg. Also kein Spoileralarm.

Aber wer sollte derjenige sein, der die Rolle des Karl Gabriel in der Ballade singt? Tatsächlich kann es da nur einen geben, und derjenige musste auch nicht lange überlegen. „Wir haben ihn ganz einfach altmodisch über sein Management angeschrieben und ihm das Lied geschickt“, erzählt Andy Kuhn. „Und er hat das gut gefunden und zugesagt.“ So einfach war das. Und schwupp – stand Superstar Hannes Ringlstetter auch schon bei der Band im Tonstudio und verlieh der Moritat seine ganz persönliche Note.

Eigen ist der Song aber auch so, weil sich die Band beim Arrangement so richtig reinhängte, jede Menge Bläser einbaute und etwas schuf, was tatsächlich viele klassische Elemente der guten, alten Moritat beinhaltet. Wer den Song hört, wird glauben, dass da ein ganzes Orchester am Werk war. Wie die Band, die manchmal als Trio, manchmal auch als Quartett auftritt, das live auf die Bühne bringen will? Ganz offensichtlich hat sich die Truppe auch dazu bereits Gedanken gemacht: „Da wird uns wohl das Publikum ein wenig helfen müssen“, sagt Andy Kuhn lächelnd. Und hoffnungsvoll. Denn der Vollblutmusiker wünscht sich in diesen Tagen vor allem eines: dass es endlich wieder Livekonzerte gibt. Auch die Vier von LiaB wollen wieder hinaus in die Welt.

Mit ganz viel Musik – und mit ihrem sehr besonderen Musikprojekt, das so gar nicht typisch dafür ist, was der Mainstream zurzeit vorgibt oder auch fordert. Weil die „Ballade von Hinterkaifeck“ ein Kunstprojekt ist. Basierend auf wahren Gegebenheiten. Als Ergebnis der monatelangen Arbeit von einer Band, die ihre Leidenschaft lebt.

SZ