Basketball
Der nächste Schritt führt nach Kanada

Nach 22 Bundesligaspielen in der Saison 2021/22 beginnt Mona Berlitz ein Studium an der University of British Columbia

01.07.2022 | Stand 22.09.2023, 21:40 Uhr

Das Shirt passt schon mal zur neuen Heimat: Mona Berlitz freut sich auf ihre Zeit an der UBC-Universität in Vancouver. Foto: Jonas Berlitz

Von Matthias Vogt

Schrobenhausen – Begonnen hat alles bei den Green Devils, für die Mona Berlitz irgendwann ganz einfach zu gut wurde. Das würde sie selbst zwar so nie sagen, doch bei aller Bescheidenheit hat es die Schrobenhausenerin in Nördlingen bis in die Basketball-Bundesliga geschafft. Mit einem Meistertitel hat sie sich zuletzt (fast) überall verabschiedet. Der nächste Schritt führt die 19-Jährige nun an eine Universität in Vancouver, Kanada. Zum Studium mit Basketballbegleitung. Oder doch andersherum?

Das große Abenteuer beginnt in einer Woche. Dann fliegt Mona Berlitz nach Vancouver, an die kanadische Westküste. Nicht zum ersten Mal, aber zum ersten Mal mit dem Gefühl, dass sie hier in ihrer neuen Heimat landet. Zwei Wochen wird die 19-Jährige zunächst bleiben, um sich „schon mal ein bisschen einzugewöhnen“, wie sie sagt. Um die ersten Kontakte zu knüpfen, bevor es ein paar Wochen später dann ernst wird. Anfang September startet das Semester an der UBC, der University of British Columbia. Der Studiengang an der Land-and-Food-Systems-Fakultät heißt vereinfacht übersetzt Ernährungswissenschaft. Gelehrt wird aber vor allem ein anderes Fach.

Basketball. Der Sport, der Mona Berlitz jetzt bis an eine kanadische Hochschule führt, ist schon lange ihre große Leidenschaft. In der Schrobenhausener „Basketballfamilie“ Berlitz war etwas anderes ja auch kaum vorstellbar. Mit den Geschwistern zu Hause ging das harte Training los, bei den Green Devils wurde es dann jahrelang ausgebaut und verfeinert. Irgendwann war das riesige Talent die Topspielerin bei den Schrobenhausener Damen. Und irgendwann spazierte Berlitz nur noch spielerisch, mit 40, 50 oder mehr Punkten pro Partie durch die Liga. Verbunden ist sie ihrem Heimatverein nach wie vor, wie vor kurzem beim internen Gaudi-Turnier oder als Helferin beim Schrannenfest-Stand. Die Green Devils sind „Familie“, sagt sie. Dass ihr sportlicher Karriereweg hier nicht zu Ende ist, dass sie zu gut ist für die Bayernliga, war im Verein aber schon länger allen klar.

Ohne Grund einschlechtes Gewissen

Berlitz selbst würde das nie so formulieren. Selbstbewusst ist die 19-Jährige, die unter anderem Jahrgangsstufensprecherin der Abiturklasse am Gymnasium war. Aber eben auch sehr bescheiden und höflich. „Ich hatte ein bisschen Angst, dass meine Teamkolleginnen sauer sind, als ich die Green Devils nach dem Aufstieg in die Bayernliga verlassen habe“, erzählt sie. Es ging für die damals 17-Jährige um nicht weniger als die Chance, in der 1. Bundesliga (und zudem in der Regionalliga) zu spielen. Und klar, niemand war deshalb sauer. „Alle hatten Verständnis. Manche der Mädels haben mich sogar in Nördlingen besucht, bei Spielen zugeschaut“, so Berlitz erleichtert. Verabschiedet hatte sie sich von den Green Devils nach der Saison 2019/20 mit dem Meistertitel in der Bezirksoberliga.

Die Schrobenhausenerin war da auch schon ein kleines bisschen zur Nördlingerin geworden. Denn aus drei Trainingseinheiten pro Woche wurden dort nach und nach fünf oder mehr; aus der Pendelei wurde ein Zimmer in der schwäbischen Basketballhochburg. Erst recht nach dem Abitur, im Frühjahr 2021, „war der Fokus dann zunächst einmal voll auf Basketball gerichtet“, erzählt sie. Berlitz begann den Bundesfreiwilligendienst im Spitzensport, übernahm Aufgaben im Verein wie Jugend- und Pressearbeit, machte ihren ersten Trainerschein. Vor allem aber konnte sie so in zwei Nördlinger Damenteams spielen: in der Regionalliga (dritthöchste Klasse) und im aus dem Hauptverein ausgegliederten Bundesligateam.

Zum Abschied gab‘snoch einen Meistertitel

Auch über ihre Zeit bei den Eigner Angels, wie das Nördlinger Bundesligateam heißt, spricht Mona Berlitz eher zurückhaltend. Es seien „tolle Erfahrungen“ gewesen, auf so professionellem Niveau zu trainieren. „Ich habe richtig viel gelernt. Und es hat mich auch persönlich, abseits des Basketballs, enorm weitergebracht“, sagt sie. Dabei muss die Schrobenhausenerin die sportlichen Fakten keineswegs verbergen. Zwar nicht als absolute Leistungsträgerin, war sie dennoch in 22 von 24 Bundesligaspielen der Saison 2021/22 als fixer Bestandteil des Teams dabei. Ihr persönlich bestes Match? „Das war im Dezember 2021 in Saarlouis“, erinnert sich Berlitz. Mit elf Punkten war sie damals Topscorerin ihres Teams, das als Neunter übrigens sehr knapp – nur wegen der Quotientenregelung (wieder im Vergleich mit Saarlouis) – die Play-offs verpasste.

Viel besser lief‘s dagegen in der Regionalliga Südost, wo sich der TSV 1861 Nördlingen in diesem Frühjahr die Meisterschaft und das Startrecht für die 2. Bundesliga sicherte. Berlitz war mit 20,5 Punkten im Schnitt Topscorerin, holte zudem 11,5 Rebounds pro Partie. „Ich habe mich eigentlich immer recht erfolgreich verabschiedet“, sagt sie dann doch mit einer gewissen Zufriedenheit.

Der Traum von Kanadageht endlich in Erfüllung

Und jetzt: Kanada. Der Sprung, von dem Mona Berlitz schon länger träumt, seit sie ihren Bruder vor drei Jahren während seines Auslandsaufenthalts dort besucht hatte. Schon damals hatte sie auch an einem Basketballcamp teilgenommen. Und weil die Sportart in Nordamerika ja traditionell noch ein bisschen mehr verankert ist als hier, war die Schrobenhausenerin natürlich begeistert. Die Verbindungen sind – auch durch ein paar kanadische Mitspielerinnen bei den Angels – seitdem nie wirklich abgerissen. Und dann lief es kurz zusammengefasst so: Mona Berlitz wollte weiterhin nach Vancouver, die Trainerin an der UBC wollte die Nördlingerin im Team. Nach einer etwas hektischen Phase gegen Ende des vergangenen Jahres (wegen der Bewerbungsfrist) gab es dann vor gut zwei Monaten die Zusage – für die Aufnahme an der Universität inklusive Stipendium.

Seitdem mischt sich große Vorfreude mit einer gewissen Nervosität vor dem Abenteuer. Eine Mitspielerin aus Nördlingen „begleitet“ Berlitz nach Kanada, ist weiter im Osten zwar vier Zeitzonen entfernt, aber immerhin als moralische Stütze mit im Land, während vor allem die Team- und Studienkolleginnen an der UBC bald das Heimweh vermindern sollen.

Als Profi-Basketballerinzurück nach Europa?

Denn studieren soll die 19-Jährige dort ja auch. Mona Berlitz muss grinsen. Ein Studium mit Basketballbegleitung, so könnte man es nennen. Oder doch eher genau andersherum? „Ich habe schon festgestellt, dass die Kurspläne sehr trainingsfreundlich gestaltet sind“, schmunzelt sie. Ihrer Ansicht nach werde in Kanada außerdem „modernerer Basketball“ gespielt. „Ich glaube, dass die Ausbildung noch flexibler ist, dass man quasi auf allen Positionen mehr gefördert wird“, sagt die Schrobenhausenerin, die mit ihren 1,83 Metern in Nördlingen vor allem auf den Positionen drei und vier (Small Forward und Power Forward) eingesetzt wurde. Im besten Fall kommt Berlitz in voraussichtlich vier Jahren also mit beidem zurück: einem abgeschlossenen Bachelor-Studium im Fach Ernährungswissenschaft und der Aussicht auf eine möglicherweise noch erfolgreichere Sportlerinnenkarriere.

Wie die nach der Uni weitergehen könnte? „Ach“, sagt Berlitz, „einen konkreten Plan habe ich da noch gar nicht“. In Kanada selbst gibt es keine Damen-Profiliga. Aus Erfahrung weiß Berlitz aber, dass es ein paar Spielerinnen danach als Profis nach Europa geschafft haben. „Zum Beispiel nach Italien“, sagt sie und fügt an: „Das wäre natürlich etwas, was ich mir auch ganz gut vorstellen könnte.“

Vor allem ihren Eltern wäre das wichtig. „Die haben nämlich Angst, dass ich überhaupt nicht mehr zurückkomme“, lacht die Schrobenhausenerin. Doch das sei nicht der Plan. In vier Jahren könne sie ihren Master ja auch woanders, in Europa oder sogar in Deutschland dranhängen. „Dann bin ich 23 oder 24“, sagt Mona Berlitz. Das „Basketballstudium“ beziehungsweise die große Karriere ist dann ja noch längst nicht beendet.

SZ