Neuburg
Der Dickschädel aus dem Sauerland: Horst Winter wird 70

An diesem Dienstag feiert der langjährige Stadt- und Kreisrat seinen Ehrentag

10.05.2022 | Stand 23.09.2023, 1:30 Uhr

Mit einem Golf-Cabrio-Oldtimer ist Horst Winter nach Büsum gefahren, um dort seinen 70. Geburtstag zu feiern. Das SPD-Urgestein ist seit Jahrzehnten rührig – ob als Vertreter des Bündnisses „Auwald statt Asphalt“ (unten v.l.), als Kommunalpolitiker, der auch einige Tage lang OB Bernhard Gmehling vertrat, oder als Awo-Kreisverbandsvorsitzender. Foto: Winter

Von Thorsten Stark

Neuburg – Horst Winter ist immer in Bewegung. Das Lieblingshobby des früheren Kommunalpolitikers ist das Reisen. Deswegen ist der Rentner vor Corona sechsmal im Jahr in den Urlaub gefahren. Und die zweite große Leidenschaft in seinem Leben sind die Autos, vorzugsweise Oldtimer. Und so verwundert es nicht, dass er auch an seinem 70. Geburtstag, den er an diesem Dienstag feiert, nicht in Neuburg weilt, sondern in Büsum – wohin er und seine Frau mit einem 28 Jahre alten Golf-III-Cabrio gefahren sind.

Mit dabei sind Winters Schwester und sein Schwager, die beide schon 70 Jahre alt sind, ihre Geburtstage wegen Corona aber nicht richtig feiern konnten. Und so weilt der „Club der 70-Jährigen“, wie Winter die Reisegesellschaft nennt, nun gemeinsam an der Nordseeküste.

In Hannover aufgewachsen

Geboren wurde Horst Winter in Voßwinkel im Sauerland. Als er drei Jahre alt war, zog die Familie nach Hannover, wo er die nächsten 28 Jahre verbringen sollte. „Ich bin ein Trümmergrundstückskind“, sagt Winter. Dort, wo sie wohnten, sei fast alles im Zweiten Weltkrieg zerstört worden. Es war ein großer Abenteuerspielplatz.

Die größte Faszination übten auch schon damals Autos auf ihn aus. Mit 15 Jahren begann er daher eine Lehre bei der Auto-Union, mit 19 hatte er den Gesellenbrief in der Tasche und war mit 23 schon Meister. „Wenn ich was mache, mache ich gleich weiter“, sagt er.

1975 wurde er Außendienstmitarbeiter im Vertriebszentrum von Volkswagen, wurde in den Betriebsrat gewählt und stieg dort sogar zum Vorsitzenden auf und vertrat rund 300 Beschäftigte. Vier Jahre später ging es ins Vertriebszentrum nach Bayern – schließlich wechselte Winter zur Audi AG in die Marketingabteilung. Sieben Jahre lang kümmerte er sich um die Motorsportvermarktung, war immer wieder auf Messen und bei Rennen. Eine spannende Zeit. Und doch kündigte er – nach 21 Jahren im Konzern. „Alle haben gesagt: ,Bist du bescheuert?‘“ Für ihn stand der Entschluss allerdings fest. Er wollte mehr Zeit für seine Frau und seinen Sohn haben.

2006 erfüllte er sich einen kleinen Traum: Gemeinsam mit seinem inzwischen zum Kfz-Mechaniker ausgebildeten Sohn eröffnete er in Karlshuld eine Autowerkstatt. „Das war allerdings genau in der Zeit der Abwrackprämie“, erzählt Winter. Kaum einer wollte da sein altes Auto reparieren lassen, wo es doch beim Kauf eines Neuwagens eine hohe Prämie für die Abgabe des alten Fahrzeugs gab. Nach drei Jahren schlossen sie die Werkstatt wieder. Mit dem Sohn schraubte er in der Freizeit weiter, beruflich zog es ihn als freier Dozent zu Kolping ins Berufsbildungszentrum, wo er bis zur Rente Jugendliche auf das Berufsleben vorbereitete.

Seit Willy Brandts Kniefall vor dem Ehrenmal des jüdischen Ghettos in Warschau 1970 war Winter SPD-Fan. Es sollte aber bis 2003 dauern, bis er sich auch – außerhalb der Arbeitnehmervertretung – politisch engagierte. Dann trat er in die Neuburger SPD ein. Zwölf Jahre lang – von 2008 bis 2020 – saß er im Stadtrat, von 2014 bis 2020 im Kreistag. Zweimal, 2008 und 2014, ging er gegen Amtsinhaber Bernhard Gmehling (CSU) ins Rennen um das OB-Amt. Er verlor jeweils deutlich, war aber immerhin von 2011 bis 2014 Dritter Bürgermeister und vertrat in der Zeit auch neun Tage den OB. 2013 schickten die Sozialdemokraten den langjährigen Neuburger Ortsvorsitzenden sogar als Direktkandidat in den Landtagswahlkampf.

Dass es dort damals ebenso wenig reichte wie 2020 für den Wiedereinzug in Kreis- und Stadtrat nahm Winter gelassen hin. „Der Wähler hat so entschieden“, sagt er. Seither engagiert er sich außerhalb der Gremien vor allem im Bündnis „Auwald statt Asphalt“, das eine Donaubrücke durch Schutzgebiet verhindern will. Mit Wortgewalt und vielen Zetteln predigt Winter bei Führungen und Demos unermüdlich, dass ein Bau des Großprojekts großen Schaden anrichten würde.

Immer gut vorbereitet

Wichtig sei es ihm gewesen, immer gut vorbereitet zu sein. Deswegen habe es bei seiner Verabschiedung auch „der stets gut Vorbereitete“ geheißen. Auch „Aktenfuchs“ habe man ihn des Öfteren genannt. Für Winter sind das keine Beleidigungen. Wegen seiner Hartnäckigkeit hat ihn OB Gmehling zudem einst als „Dickschädel“ bezeichnet. „Den Titel trage ich mit Stolz“, sagt Winter. Denn, um etwas zu gestalten, zu verändern, dafür sei er in die Politik gegangen. Und das gehe nicht, wenn man den Mund halte. „Diskussionen fand ich immer schön, gerade, wenn es emotional wurde“, sagt Winter. „Das Wichtigste waren für mich eh immer die Begegnungen mit Menschen. Es gibt nichts Spannenderes.“ Und deswegen wird er, wenn er wieder zurück in Neuburg ist, auch mit dem einen oder anderen noch einmal auf seinen Geburtstag anstoßen.

DK