Landkreis Kelheim
Vor 70 Jahren wurde Riedenburg bereits zum zweiten Mal zur Stadt erhoben

1952 wurde in Riedenburg groß gefeiert: Bayerns Innenminister überreichte die Urkunde zur Stadterhebung

12.08.2022 | Stand 22.09.2023, 6:56 Uhr

Der Riedenburger Marktplatz hatte sich bei der Zeremonie anlässlich der Stadterhebung am 9. August 1952 mit Besuchern gefüllt. Bürgermeister Michael Uttlinger (rechts) nahm von Bayerns Innenminister Wilhelm Hoegner (links) die Urkunde zur Stadterhebung entgegen. Foto: Patzelt (Repro)

Von Anton Patzelt

Wir schreiben den 9. August 1952, es ist ein Samstag. Das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg feiert groß seinen 100. Geburtstag. Aber auch in Riedenburg tut sich etwas. Genau an diesem Tag wird mit einem Staatsakt auf dem Marktplatz Riedenburg offiziell das Stadtrecht verliehen.



Vermutlich erhält die „Perle des Altmühltals“ zu diesem Zeitpunkt bereits zum zweiten Mal die Ehre, sich Stadt nennen zu dürfen. Weiß doch schon Joseph Ulrich in seiner Chronik aus dem Jahr 1861 zu berichten, dass Riedenburg bereits anno 1373 in einem Freiheitsbrief von Stephan II. (von 1347 bis zu seinem Tod 1375 Herzog von Bayern) als Stadt bezeichnet wird. Wie dem auch sei – die Riedenburger bekommen es nochmals ausdrücklich bestätigt, dass sie sich als Städter fühlen und bezeichnen dürfen.

Glanzvolle Straßen für den Festakt

„Als am Freitagabend die Sonne zum letzten Mal über der Marktgemeinde Riedenburg unterging, herrschte auf den Straßen ein lebhaftes Treiben. Hausbesitzer und Wohnungsinhaber waren emsig an der Arbeit, den Häuserfronten, Fenstern, Schaufenstern, Erkern und Balkonen den letzten Schliff und Glanz zu verleihen“, heißt es am 11. August 1952 in einem Bericht des DONAUKURIER. Und der Berichterstatter fährt mit seiner geradezu enthusiastischen Beschreibung des Großereignisses fort: „Als dann am Samstag weithin ins Tal schallende Böllerschüsse schon um sechs Uhr das nahende Ereignis ankündeten, erblickte der aufgehende Tag wohl das schönste Riedenburg, das jemals zu sehen war. Transparente an den Ortseinfahrten hießen die vielen auswärtigen Gäste willkommen und Fahnen winken ihnen von den Burgen, Ruinen und Randhöhen zu.“

Am 9. August 1952 fahren kurz vor 9 Uhr der damalige Landrat Franz Lang, Bürgermeister Michael Uttlinger (Rathauschef von 1952 bis 1964) und der Leiter der Riedenburger Landpolizei-Bezirksinspektion, Georg Gundel, nach Schambach, wo sie den höchsten Ehrengast des Tages, den stellvertretenden Ministerpräsidenten und bayerischen Innenminister Wilhelm Hoegner (SPD) empfangen. Hoegner hatte als Delegierter des Bayerischen Landtags und Mitglied der ersten Bundesversammlung im Jahr 1949 Theodor Heuss mit zum Bundespräsidenten gewählt. Außerdem gilt der SPD-Politiker als „Vater der bayerischen Verfassung“. Hoegner vertritt an diesem Festtag vor 70 Jahren den Ministerpräsidenten Johann Georg Ehard (CSU). In Riedenburg erwartet den Ehrengast aus der Landesmetropole bereits eine große Anzahl an Festbesuchern aus nah und fern.

Das Hochamt in der katholischen Pfarrkirche wird von Oberstudienrat Max Schneider aus München zelebriert. Als weitere Zelebranten wirken drei Geistliche, darunter Pfarrer Rupert Bücherl, mit.

Am Festpodium weht neben den Fahnen der Bundesrepublik Deutschland, des Freistaates Bayern und des Marktes Riedenburg auch die Fahne der Patenstadt Kelheim. Ferner sind die Wappen von Riedenburg, Kelheim, Altmannstein und Dietfurt angebracht. Vor dem Podium haben die Ehrengäste Platz genommen.

Zahlreiche Ehrengäste in Riedenburg

Die Stadterhebungsfeier eröffnet stimmgewaltig der Riedenburger Liederkranz mit dem „Wach auf“ aus den „Meistersingern“ von Richard Wagner. Der beliebte Liederkranz hat einen Monat zuvor beim Kreissängerfest seinen 100. Geburtstag gefeiert. Anschließend folgt der von Paul Johannes Arnold verfasste Prolog „Das ist doch unser Riedenburg“. Danach begrüßt Bürgermeister Uttlinger die zahlreich erschienenen Ehrengäste aus dem gesellschaftlichen, politischen und kirchlichen Bereich. Sogar der Bayerische Rundfunk hat ein kleines Sendestudio in Riedenburg aufgebaut, um live von diesem Großereignis zu berichten. Fanfarenklänge leiten ein Historienspiel ein. In mittelalterlichen Gewändern zeigen Laiendarsteller die Überreichung des Freiheitsbriefes durch Herzog Albrecht im Jahr 1440.

In seiner Festrede spricht Hoegner von einem „merkwürdigen Zufall“, dass Riedenburg nun zum zweiten Mal an einem Samstag vor dem Fest Mariä Himmelfahrt die Stadtrechte verliehen werden. Für eine Stadterhebung sind laut dem Innenminister drei Voraussetzungen nötig: geschichtliche Entwicklung, Gepräge des Ortes und sichtbare Aufbauarbeit seit 1945. Alle drei Punkte werden von Riedenburg erfüllt, auf dessen geschichtliche Entwicklung der Minister näher eingeht. Nachdem Hoegner die Erhebungsurkunde verlesen und dem Bürgermeister Uttlinger übergeben hat, schließt er seine Rede mit den Worten: „Ich wünsche der Stadt Riedenburg glückliche Jahrzehnte des Friedens, die wir nach zwei Weltkriegen so bitter nötig haben.“

Patenschaft mit Kelheim

Als zweiter Festredner betont Josef Ulrich, der Regierungspräsident der Oberpfalz, dass eine Stadterhebungsfeier nicht nur eine örtliche Angelegenheit, sondern eine Sache des gesamten Regierungsbezirks ist. Nach den abschließenden Glückwünschen ergreift der Kelheimer Bürgermeister Erich Staudt (SPD) das Wort. Er bringt seine Freude über die Patenschaft zum Ausdruck. Und mit den Worten „Unsere beiden Städte haben vieles gemeinsam. Das Band wird in Zukunft sicherlich noch mehr gefestigt, wenn erst die geplante Großschifffahrtsstraße gebaut ist“, richtet Staudt bereits einen Blick voraus. Als Geschenk erhält Bürgermeister Uttlinger ein Gemälde der Donaustadt des Künstlers Franz Hausler.

Landrat Franz Lang bringt die Hoffnung zum Ausdruck, dass die Stadterhebungsfeier nach den schweren Nachkriegsjahren einen Wendepunkt für eine bessere Zukunft darstellen möge. Als letzter Redner spricht der in Absberg (Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen) geborene Bundestagsabgeordnete Karl Kahn (CSU) zu den Festgästen.

Am Ende der Feierlichkeiten dürfen sich die 180 geladenen Gäste im Jura-Hotel ein üppiges Festmahl schmecken lassen. Und einige hundert Meter entfernt hört man zu Blasmusikklängen ein kräftiges „Prosit der Gemütlichkeit“ – es hat gleichzeitig das Riedenburger Volksfest begonnen.