40 Jahre FW Riedenburg
„Wir Freien Wähler werden gehört“

Frühere Stadträte und der Vorsitzende blicken auf die Geschichte der Gruppierung zurück

08.03.2024 | Stand 08.03.2024, 16:58 Uhr

Über die 40-jährige Geschichte der Freien Wähler Riedenburg diskutierten in der DK-Redaktion mit Blick in alte Unterlagen die früheren Stadträte Ludwig Riepl (von links) und Hans-Peter Schwägerl sowie der derzeitige Vorsitzende Wolfgang Wirth. Foto: Rast

Seit genau vier Jahrzehnten gestalten Riedenburgs Freie Wähler die Kommunalpolitik mit. Die Gründung des FW-Ortsvereins wird an diesem Samstag gefeiert. Er wurde am 9. März 1984 noch vor dem FW-Kreisverband Kelheim aus der Taufe gehoben.

Riedenburgs Freie Wähler erlebten Höhen und Tiefen, woran sich im Redaktionsgespräch bei unserer Zeitung drei Generationen an FW-Kommunalpolitikern erinnern: die früheren Stadträte Hans-Peter Schwägerl und Ludwig Riepl sowie der derzeitige Vorsitzende und Dritte Bürgermeister Wolfgang Wirth.

Schon vor der Gründung der Freien Wähler hatte es in Riedenburg mit den Unabhängigen Wählern eine Gruppierung gegeben, die sich von den etablierten Parteien CSU und SPD, aber auch von der CWG, in ihrer kommunalpolitischen Ausrichtung abgrenzen wollte. Doch wie Schwägerl berichtet, hatten sich die Unabhängigen Wähler 1983 aufgelöst. Ihr letzter Stadtrat Gerhard Weissberger habe das Einzelkämpfer-Dasein schließlich satt gehabt und sich der CSU-Fraktion angeschlossen.

Deshalb hätten sich am 9. März 1984 bei einer Versammlung im Gasthaus zur Post 27 Gründungsmitglieder getroffen und den Riedenburger Ortsverein der Freien Wähler ins Leben gerufen. „Gleich nach der Versammlung traten weitere fünf Mitglieder ein“, erzählt Schwägerl. Einige der Gründungsmitglieder leben noch und werden nun geehrt. Der erste FW-Vorsitzende war Jörg-Dietmar Barske, der Leiter der damaligen Riedenburger Managerschule.

Ursachen für die Gründung der Freien Wähler gab es damals zuhauf. Den beiden C-Parteien CSU und CWG wurde nicht zu Unrecht eine große politische Nähe nachgesagt. Außerdem sprachen sich die Freien Wähler gegen die Zwei-Brücken-Lösung aus. Sie waren damals überzeugt, dass auch nach dem Bau des Main-Donau-Kanals eine Stadtbrücke für Riedenburg ausreichend wäre. Des Weiteren lehnten die Freien Wähler die Bebauung des Marktplatzes durch die Raiffeisenbank ab. Diese Themen sorgten in der Wahlperiode nach 1984 für genug Zündstoff.

„CSU und CWG konnten gemeinsam machen, was sie wollten. Ich wollte dagegen in Riedenburg andere Mehrheiten“, sagt Riepl. Deshalb habe er sich bald der neuen Gruppierung angeschlossen. Die kommunalpolitischen Newcomer waren bei der ersten Stadtratswahl 1984 durchaus erfolgreich. Mit dem Zahnarzt Friedrich Graf, Hans-Peter Schwägerl und dem Steueroberinspektor Herbert Ehrismann stellten sie auf Anhieb drei Stadträte. Zudem hatte Ehrismann gegen Michael Schneider (CSU) um das Bürgermeisteramt kandidiert und mit 1129 Stimmen einen Achtungserfolg erzielt. Auf Schneider entfielen damals 1927 Stimmen. „Wir waren stolz auf diesen Erfolg“, betont Schwägerl.

Die Zusammenarbeit mit Bürgermeister Michael Schneider sei dann durchaus kollegial gewesen: „Er hat uns mitkommen lassen.“ Das bestätigt auch Riepl. „Mit Schneider sind wir gut ausgekommen. Er stand zu dem, was er gesagt hatte, und man konnte sich auf ihn verlassen.“

Bei der Kommunalwahl 1990 gelang Riepl neben Ehrismann, der inzwischen auch FW-Vorsitzender war, der Sprung in den Stadtrat. Auf einen eigenen Bürgermeister-Kandidaten hatte man angesichts des erfolgreichen Agierens des Amtsinhabers verzichtet.

Bei den nächsten Kommunalwahlen ging es mit den Freien Wählern weiter aufwärts. Ab 1996 stellte man vier Stadträte und in der Wahlperiode von 2002 bis 2008 saßen sogar fünf FW-Stadträte im Gremium.

Doch dann folgte ein herber Rückschlag. Ihre am Wohle Riedenburgs ausgerichtete Sachpolitik und die Zusammenarbeit mit Bürgermeister Schneider wurde den Freien Wählern zum Verhängnis. Vor den Kommunalwahlen 2008 gründete sich die Bürgerliste Großgemeinde Riedenburg (BGR). Doch deren Bürgermeister-Kandidatin Kirsten Armbruster wollten die Freien Wähler nicht unterstützen. Die BGR als zusätzliche Oppositionspartei gegen die beiden C-Parteien sprach natürlich eine ähnliche Wählerklientel an wie die FW. „Wir Freie Wähler standen für eine kontinuierliche Sachpolitik, die Bürgerliste wollte mit Armbruster eine offensive Oppositionspolitik“, erläutert Wirth. Dabei seien die Vorschläge aus den Reihen der Bürgerliste finanziell nicht tragbar gewesen, ergänzt er.

Dennoch schrumpfte wegen der Konkurrenz durch die Bürgerliste die FW-Stadtratsfraktion auf den Rechtsanwalt Robert Pesl und die Kolping-Vorsitzende Ingrid Dräger zusammen. In der vorletzten Wahlperiode saß Thea Helmich dann als einzige FW-Stadträtin im Gremium. Die Kommunalwahl 2020 brachte aber die erhoffte Trendwende. Die Freien Wähler stellen mit Wolfgang Wirth und Sebastian Graf wieder zwei Stadträte und beide gehören zusammen mit CWG, Bürgerliste und SPD der Gestaltungsmehrheit an.

Trotz der wechselhaften Geschichte des FW-Ortsvereins sind Schwägerl, Riepl und Wirth überzeugt, dass dessen Gründung vor 40 Jahren sehr sinnvoll war. „Wir haben neue Gedanken in den Stadtrat eingebracht“, meint Schwägerl. Diese seien zum Teil aufgenommen worden. Aber leider hätten die Freien Wähler bis 2020 der Minderheit angehört. „Die Freien Wähler waren immer aktiv und haben versucht, die Dinge für die Bürger zu verbessern. Allerdings hatten wir nie die Mehrheit“, bedauert Riepl.

Deshalb freut sich Wirth, dass die FW nun ein Teil der Gestaltungsmehrheit sind: „Das sorgt für eine bessere Außenwirkung. Wir haben bei den Bürgern ein anderes Ansehen.“ Bürgermeister Thomas Zehetbauer (CWG) respektiere die Meinung der Freien Wähler: „Wir werden gehört.“

Wirth zollt seinen FW-Vorgängern im Stadtrat hohen Respekt: „Ich bewundere, wie ihr gegen Windmühlenflügel gekämpft habt. Ihr hattet ständig eine Übermacht gegen euch. Man hat euch nicht einmal kleine Zugeständnisse gegönnt.“

Schwägerl und Riepl geben das Kompliment zurück. Angesichts der jungen und dynamischen Stadträte Wirth und Sebastian Graf ist den beiden FW-Urgesteinen um die Zukunft von Riedenburgs Freien Wählern nicht bange.

rat