Riedenburg
Schauspieler Martin Ostermeier liest aus sowjetkritischem Roman

Lesung im alten Pfarrhof im Riedenburger Ortsteil Schambach

23.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:35 Uhr

Aus einem Roman des sowjetischen Autors Michail Bulgakow liest Martin Ostermeier in Schambach. Foto: Erl

Es ist keine leichte Aufgabe, die sich der Schauspieler und Regisseur Martin Ostermeier für die Fortsetzung der Kulturveranstaltungen im ehemaligen Pfarrhof von Schambach gestellt hat. Am 1. April, dem Samstag vor dem Palmsonntag, wird er auf Einladung seiner früheren Lehrerin Gerhilde Winbeck in dem Riedenburger Ortsteil die Verhörszene Jesu vor dem römischen Statthalter Pilatus lesen. Nicht aus einem der vier Evangelien, sondern als Ausschnitt aus Michail Bulgakows sowjetkritischem Roman „Meister und Margarita“, den der Autor in der Stalin-Zeit geschrieben und der in der damaligen Sowjetunion für gehörigen Wirbel gesorgt hatte.

„Hier wird nicht so nacherzählt, wie es im Neuen Testament steht. Es wird zum Teil abweichend von den Evangelien weiter ausgeführt und man spürt in diesem Text die Hitze und die Schwüle vor dem Gewitter im Palast des Pilatus“, sagt Ostermeier im Gespräch mit unserer Zeitung und er zeigt sich fasziniert von den Textpassagen. „Ich lese das, weil dieses Verhör eine der intensivsten Stellen der Weltliteratur ist. Wer aus unserem Kulturkreis stammt, weiß ohnehin, wie die Geschichte ausgeht“, betont er.

Ostermeier hat nach seinem Abitur in Landshut ein Schauspielstudium am Mozarteum in Salzburg absolviert und danach Slawistik und Philosophie an der Universität Zürich und an der Humboldt-Universität in Berlin studiert. „Dieses Verhör verläuft ganz anders, als Pilatus das erwartet hatte. Er merkt, dass dieser Angeklagte ihn in seinem Innersten erkannt und durchschaut hat. Es ist eine Infragestellung seines gesamten Lebens“, bringt Ostermeier den Inhalt auf den Punkt. „Es ist dabei schon interessant, wer von beiden ist jetzt mächtig und wer ist wirklich hilflos“, fügt er an.

Zusammengezählt wohl zwei Arbeitstage hat er sich mit dem Text befasst, ihn analysiert und sich in die Situation eingearbeitet. Bei seiner Lesung ist natürlich die Sprache das wichtigste Werkzeug, um die emotionalen Höhen und Tiefen daraus, die Beweggründe der Akteure und die Dramatik der Augenblicke den Zuhörern nahezubringen, weiß der Schauspieler und Regisseur. „Diese Lesung hat keinen christlich-missionarischen Anspruch, es geht vielmehr um die Dramatik dieser schicksalhaften Begegnung“, versichert Ostermeier.

Diese „Schambacher Passion“, wie Gastgeberin Gerhilde Winbeck das Treffen bezeichnet, beginnt am Samstag, 1. April, um 17 Uhr im ehemaligen Pfarrhof in Schambach. Natürlich sind Teilnehmer aus der Region willkommen, wie sie und die Mitorganisatorin Karin Dachs, die Kulturbeauftragte des Riedenburger Stadtrats, betonen. Winbeck verlangt dafür keinen Eintritt, wird aber ein Körbchen für kleine Spenden aufstellen.

Eingerahmt wird die Szene von einem Radio-Interview ihres gestorbenen Ehemanns und Komponisten Heinz Winbeck zu dessen 5. Sinfonie „Jetzt und in der Stunde des Todes“, zu dem der Schlusssatz „Tod und Apotheose“ eingespielt wird. „Schambach ist ein besonderer Ort mit einer besonderen Magie und es bewegt mich. Da schließt sich für mich ein Kreis, wieder etwas mit Gerhilde Winbeck zu machen“, freut sich der einstige Gymnasiast Martin Obermeier über das gemeinsame Projekt mit seiner früheren Lehrerin.

err