Riedenburg
Riedenburg wird beim Stadtgrün offensiv

Reaktion auf den Klimawandel: Landschaftsarchitektin Beatrice Wagner stellt neues Konzept vor

08.06.2022 | Stand 22.09.2023, 22:30 Uhr
Petra Kolbinger

Beispielbilder für nachhaltige Bepflanzung zeigte die Landschaftsarchitektin Beatrice Wagner dem Bauausschuss. Darunter war ein mobiles Kiesbeet mit Blick auf die Substratschichten. Foto: Kolbinger

Von Petra Kolbinger

Riedenburg – In Riedenburg soll die Innenstadt professioneller begrünt werden. Diesem Thema widmete sich der Bauausschuss in seiner jüngsten Sitzung. Kompetente Unterstützung erhielt das Gremium dabei von der Landschaftsarchitektin Beatrice Wagner.

Es gebe mehr und längere Trockenphasen und die Kommunen müssten versuchen, die Kosten im Rahmen zu halten, berichtete sie. Die Stadt Pfaffenhofen gehe hier mit gutem Beispiel voran. Wagner nutzte die dort praktizierte Stadtbegrünung als Referenz. Unter dem Arbeitstitel „Stadtgrün Riedenburg – eine Offensive“, stellte sie einer Zusammenfassung des Status quo in Riedenburg ihre Empfehlungen für ein künftiges Handeln gegenüber. Ziele sind eine Förderung der Artenvielfalt bei gleichzeitiger Kosten- und Aufwandseinsparung beim Unterhalt.

Wie dieser Spagat gelingen könnte, schilderte Wagner am Beispiel der Extensivmahd. Bis dato erfolgt ab Mitte Juni rund zwei Mal im Jahr die Mahd der artenreichen Blumenwiesen entlang des Main-Donau-Kanals und im Stadtgebiet. Diese extensive Mahd wird zur Förderung der Artenvielfalt weiterhin empfohlen. Wagner betonte jedoch: „Ein regelmäßiger Appell an die Bevölkerung wäre wichtig. Sie muss scheinbar ungepflegte Grünflächen akzeptieren und den Zusammenhang zwischen extensiver Mahd und dem Artenreichtum auf den so gepflegten Flächen verstehen.“

Intensiver gepflegt werden die stark frequentierten Rasen- und Wiesenflächen um den Stadtweiher, im Stadtkern von Riedenburg, am Wohnmobilstellplatz, um die Kindertagesstätten und am Badesee St. Agatha. Sie werden rund acht Mal im Jahr gemäht. Der Anteil der intensiv zu mähenden Rasenflächen solle in diesem Maß beibehalten, respektive sukzessive reduziert werden, weil sie sehr kostenintensiv im Unterhalt sind. Dass dies nicht für die Liegewiesen am Badesee gelten könne, war unstrittig. Hier würden eine weniger intensive Mahd und mehr blühende Kräuter wie Klee unweigerlich zu mehr Insektenstichen bei den Badegästen führen, besagen Erfahrungswerte.

Hecken und Gebüsche werden bisher nach Bedarf zwischen Oktober und März geschnitten; in städtischen Grünanlagen, beispielsweise Kindergärten, ausnahmsweise zudem im Spätsommer. Wagner empfiehlt, den Anteil an Hecken und Gebüschen möglichst in diesem Maße beizubehalten und um Neupflanzungen von Wildobsthecken zu ergänzen, die keiner intensiven und im Unterhalt kostenintensiven Rückschnittkultur bedürften. Ausgenommen seien Grünflächen in unmittelbarem Zusammenhang mit Verkehrsflächen, auch den ruhenden Verkehr betreffend. Hier dürfe die Sicht nicht behindert werden. Bestenfalls im derzeitigen Zustand sollte der städtische Baumbestand verbleiben. Die Prüfung und Gewährleistung der Verkehrssicherheit durch Schnitt- und Sicherungsmaßnahmen erfolgt aktuell regelmäßig durch Fachkräfte.

Die Landschaftsarchitektin empfiehlt die Einführung einer städtischen Baumschutzverordnung. Baumkappungen seien unbedingt zu vermeiden. „Man muss mit eindringendem Wasser und Pilzbefall der gekappten Stämme mit Spätschäden bis hin zum Totalausfall rechnen.“ Zukünftige Bauleitpläne sollten angesichts des lokal bereits deutlich zu Tage tretenden Klimawandels ausreichende Neupflanzungen von Bäumen vorsehen. Hier soll bestenfalls auf sogenannte „Klimabäume“ gesetzt werden, die tolerant gegenüber Hitze und dem immer öfter ausbleibenden Niederschlag seien. In Frage kämen hier viele Arten wie beispielsweise Mehlbeere, Feldahorn oder Schnurbaum. Entsprechende Festsetzungen zur Grünordnung im Bebauungsplan funktionieren nach Auskunft der Landschaftsarchitektin gut. Die Umsetzung dieser rechtsgültigen Pflanzgebote könne durch fachkundige Planer erfolgen. Wagner empfahl die Erstellung eines Maßnahmenkatalogs bei Nichtbefolgung.

Thematisiert wurde auch die sogenannte Wechselflorbepflanzung. Derzeit werden von April bis Oktober Teilbereiche aller repräsentativen Blumenanlagen im Stadtkern mit Frühjahrsblühern und sogenannten Ein- und Zweijährigen bepflanzt. Leider sei die Freude an den kurzlebigen Schönheiten wie Tulpen, Narzissen, Dahlien und Stiefmütterchen kurz. Zu kurz im Vergleich zum hierfür betriebenen arbeitstechnischen und finanziellen Aufwand. „Beispielhaft ist das Stadtwappen, bestenfalls bepflanzt in rot und gelb. Die Pflanzen sind teuer und es wird alle vier bis acht Wochen in die Flächen eingegriffen.“

Wagners Alternative zur herkömmlichen Wechselflorbepflanzung lautet: „Diese alljählich wiederkehrenden Pflanzmaßnahmen von Ein- bis Zweijährigen sind unbedingt auf ein Mindestmaß zu reduzieren, weil sie vergleichsweise sehr kostenintensiv sind, verglichen mit mehrjährigen und klimaangepassten Stauden- und Gräserrabatten.

Daneben unterhält die Stadt im Ortskern eine Reihe repräsentativer Staudenpflanzungen. Die Pflege erfolgt zwei bis drei Mal im Jahr, insbesondere vor Veranstaltungen, etwa auf der Seebühne. Die Pflanzungen seien unter Berücksichtigung von Kosten, Pflegeaufwand und dem ganzjährigem Blühcharakter erfolgt.

Allerdings passe der Untergrund nicht. Falsches Substrat führe dazu, dass die Flächen rasch verunkrauten. „Der Untergrund muss ausgetauscht werden,“ empfahl Wagner und zeigte Beispiele sogenannter „Kiesbeete,“ die keinesfalls mit Schottergärten, landläufig „Gärten des Grauens“ genannt, gleichzusetzen seien, wie Josef Fuchs (CSU) erfuhr. Es handle sich vielmehr um eher magere Standorte mit guter Drainage, die mit geeigneten Stauden bepflanzt schön anzuschauen, ökologisch wertvoll und leicht unkrautfrei zu halten seien.

Ihre Aussagen belegte Wagner mit Impressionen aus Pfaffenhofen. Darunter eine Art „Hochbeet“ aus Cortenstahl mit einer Plexiglasfront, durch die der Schichtenaufbau des Kiesbeetes zu sehen ist. Die optisch ansprechenden Hochbeete sind beweglich.

Stadtrat Kurt Schiefer (Bürgerliste) bot Schwerlastrollen für den Unterbau an und es wurden Überlegungen angestellt für einen Prototypen, um bei entsprechender Aufklärung der Bevölkerung, die Akzeptanz für diese Form der Stadtbegrünung zu erhöhen.

Das Gremium sprach sich schließlich dafür aus, das Konzept von Beatrice Wagner weiter zu verfolgen. Nächste Schritte sind eine Kostenermittlung und die Suche nach Fördertöpfen.

DK