Riedenburg
Kreativ mit der Kettensäge

Am Essinger Bildhauer-Symposium beteiligen sich der Riedenburger Günter Schinn und drei Kollegen

30.08.2022 | Stand 22.09.2023, 6:16 Uhr

Die Künstler verfolgen beim Bildhauer-Symposium verschiedene Ansätze: Annette Scheder bearbeitet Holz. Foto: Erl

Von Lorenz Erl

Essing/Riedenburg – Der Kunstweg am Essinger Altwasser zwischen der Tatzlwurm- und der historischen Holzbrücke, den Bürgermeister Jörg Nowy (FW) im Jahr 2005 eröffnet hatte, hat sich über die Jahre zu einem gerne besuchten Spazierweg für Touristen und Einheimische entwickelt. „Aber er soll interessant bleiben und darum muss auch immer wieder was Neues dazukommen“, weiß der ebenso findige wie kunstsinnige Bürgermeister. Das Mittel seiner Wahl dafür ist ein Kunstsymposium, das schon im Jahr 2020 hätte stattfinden sollen. Eine wichtige Rolle dabei spielt der Riedenburger Künstler und Steinmetzmeister Günter Schinn.

Die abgeklungene Corona-Pandemie lässt nun die Chance, das kreative Künstlertreffen in diesem Jahr nachzuholen. Nachdem die Marktgemeinde kürzlich erst den historischen Pfarrhof samt großem Garten gekauft hat, bietet der kleine Markt Essing den Künstlern nun den entsprechenden Arbeitsbereich dafür. Fünf Tage lang sind vier Künstler eingeladen, dort Werke zu schaffen, die in Bezug zu Essing oder dem Altmühltal stehen. Auch die Materialien sind mit Holz, Stein oder Metall vorgegeben, denn auch diese Werkstoffe haben seit Jahrtausenden für Essing eine besondere Bedeutung. Bei einer Vernissage am Samstag werden die Werke dann der Öffentlichkeit vorgestellt und an die Gemeinde für die spätere Platzierung am Kunstweg übergeben.

Dass sich ein kleiner Marktflecken ein derartiges Symposium samt künstlerischer Wertschöpfung leisten kann, liegt nicht zuletzt am Verhandlungsgeschick des Bürgermeisters und des Marktrats. „ Sponsoren unterstützen uns mit Materialspenden und Finanzmitteln, damit wird es für unsere Gemeinde finanziell vertretbar“, verrät der Bürgermeister.

Den organisatorischen Teil des Symposiums hat der Riedenburger Günter Schinn übernommen. Wie schon beim Symposium am Stadtweiher der Dreiburgenstadt im Mai dieses Jahres steht er auch hier wieder in eine Wolke aus Steinstaub gehüllt. „Mit der Auswahl der teilnehmenden Künstler verfolge ich keine besondere Richtung. Einzige Bedingung ist, dass die Künstler und ihre Objekte zum Ort und zu den Vorgaben passen müssen“, verrät er zu seinen Kriterien.

Sein gewaltiger Stein aus Kelheimer Auerkalk, aus dem er in Erinnerung an die bedeutenden archäologischen Funde in den nahen Höhlen einen abgebrochenen Mammutzahn erschaffen will, kommt aus dem kaum fünf Kilometer entfernten Natursteinwerk. „Ausgangsmaterial und Kunstobjekt bleiben an ihrem Ursprungsort“, lautet seine Überlegung dazu. Schinn bittet die Anwohner um Nachsicht mit den Künstlern, denn immerhin verursachen sie in diesen fünf Tagen Staub und Lärm.

Mit Holz aus den heimischen Wäldern hat Annette Scheder aus Bad Brückenau in der Rhön ein ganz anderes Material gewählt. Die promovierte Gesundheitswissenschaftlerin genießt es, mit der Kettensäge in der Hand eine eigene, abstrakte Interpretation des Bergfrieds von Randeck zu schaffen, anstatt an ihrem Schreibtisch bei der AOK Bayern zu sitzen. Sie hat sich dafür eigens Urlaub genommen. „Holz ist ein Stoff, dem man nichts aufzwingen kann und es hat eine ganz starke Ausdruckskraft der Natur“, erläutert sie. Der Wissenschaftlerin ist bewusst, dass Holz ein vergänglicher Stoff ist und genau diese Vergänglichkeit reizt sie. „Vergänglichkeit schafft Platz für Neues und auch das ist ein Zeichen von Leben. Ich möchte nichts für die Ewigkeit konservieren“, sinniert sie. Die ungewohnte Arbeit in Schnittschutzhose, Helm, Schutzstiefeln und umgeben von Sägespänen sei zwar körperlich ermüdend, aber geistig erfrischend. „Am Ende des Tages sieht das Holzstück anders aus, ich muss keine Gesetze beachten und niemanden fragen“, berichtet sie schmunzelnd.

Florian Zeitler aus Teublitz hat sich der Kombination aus Metall und Stein verschrieben. Beim Vertiefen in die Geschichte Essings von der Steinzeit bis heute ist ihm die Idee zu einem Zeitstempel gekommen. „Die Zeit prägt allem ihren Stempel auf“, skizziert er seine Vision. Er ist zum zweiten Mal in Essing mit dabei, sein damaliges Steinbeil in der Eisenplatte steht bereits am Kunstweg. „Es ist eine Ehre, wieder dabei sein zu dürfen“, freut er sich und lobt die gute Organisation.

Der Vierte im Bunde ist Michael Königer aus Mühlhausen bei Berching. In Essing will er mit dem Werk „Kerner V“ den Schlusspunkt zu seiner Kerner-Werksserie setzen. Bei ihm schauen steinerne Totenschädel aus dem Marmorblock heraus. „Knochen sind die letzten sichtbaren Beweise einer biologischen Existenz. Das Altmühltal ist mit seinen archäologischen Funden und den versteinerten Korallen ein riesiges Gebeinhaus“, umschreibt er seine Assoziation.

Alle vier Künstler heißen die Bevölkerung gerne bei sich im Pfarrhofgarten willkommen. Sie freuen sich darauf, wenn täglich zwischen 8 und 17.30 Uhr Besucher zu ihnen kommen, sie ansprechen und über ihre Werke, über Kunst und auch über manches andere mit ihnen sprechen wollen.

DK